Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bittersüße Heimat.

Bittersüße Heimat.

Titel: Bittersüße Heimat. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Necla Kelek
Vom Netzwerk:
Situation der Muslime in Deutschland zu sprechen und frage ihn, ob er wisse, dass große Anstrengungen unternommen würden, riesige Moscheen in deutschen Städten zu bauen. Er lächelt mir fast konspirativ zu, senkt ein wenig die Stimme und sagt: »Früher haben uns die Almanci, die Deutschländer, mit ihrem Geld geholfen, hier Moscheen zu bauen. Das ist jetzt anders. Jetzt helfen wir.« Als ich ihn frage, wie diese Hilfe denn konkret aussehe, lächelt er nur vielsagend und schweigt. Das war vielleicht schon zu viel der Neugier.
    Ein Kollege betritt das Büro, entschuldigt sich vielmals und sagt, er habe eine eilige Sache. Vielleicht ahnt er nicht, dass ich aus dem Ausland komme, jedenfalls übergibt er meinem Gesprächspartnerein Schreiben und kommentiert: »Die Dänen wollen was Eigenes machen.« Mein Gesprächspartner liest und schüttelt den Kopf: »Sag ihnen, dass sie dann keine Unterstützung bekommen.«
    Auf die Moscheen in Deutschland möchte er danach nicht zurückkommen, das Gespräch endet mit unverbindlichen Freundlichkeiten. Als sein Effendi , sein verehrter Herr, dann doch nicht wie vereinbart erscheint, verabreden wir einen neuen Termin für einen der nächsten Tage. Aber auch dann könne womöglich, »leider, leider«, ein Treffen scheitern, denn »wissen Sie, meine Dame, wir haben viele internationale Delegationen zu betreuen«. Zu den Aufgaben des Amtes gehöre es schließlich, »dazu beizutragen, dass sich unsere Mitglieder im Ausland, ohne dass sie sich assimilieren, ihrer eigenen Identität treu bleiben, um in der Gesellschaft, in der sie sich befinden, in Harmonie zu leben«. Wie das miteinander vereinbar sein soll, bleibt mir rätselhaft. Es liegt aber ganz auf der Linie des obersten Dienstherrn der Behörde, Ministerpräsident Erdogan. Der lider , der politische Führer, hatte bei seinem Besuch in Deutschland im Frühjahr 2008 alle bei uns lebenden Türken mit deutlichen Worten dazu aufgefordert, sich nicht zu assimilieren.
    Die Diyanet und Deutschland
    Vertreten wird die Diyanet in Deutschland durch die Ditib, die Türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion e. V., mit Hauptsitz in Köln. Offiziell gibt es keine organisatorische Verbindung zwischen der türkischen Behörde und dem deutschen Verein, faktisch sehr wohl. So ist der Vorsitzende der Ditib, zurzeit Sadi Aslan, ein türkischer Diplomat im Rang eines Botschaftsrats. Es gibt geschätzte 34 – von der Ditib selbst werden 13 angegeben – Religionsattachés in den türkischen Konsulaten, die im Laufe der letzten fünf Jahre von der AKP – Regierung neu besetzt wurden. In der Bundesrepublik predigen und unterrichten 700 bis 800 türkische Imame, die von der Diyanet ausgewählt und geschult wurden. Offiziell werden sie von den örtlichen Moscheevereinen beschäftigt, zählen also formell nicht zu den Beschäftigten der Diyanet, unterstehen aber ihrer Weisungsbefugnis. Auch die Entwürfe für die Freitagspredigten kommen aus Ankara.
    Die Ditib ist neben den anderen Islamvereinen ein Faktor in der deutschen Innenpolitik. Ihre Vertreter sitzen in der Islamkonferenz, beim Integrationsgipfel und überall auf den Podien, wenn über den Islam und über Integration in Deutschland diskutiert wird. Die deutsche Politik hat sie lange als Gesprächspartner bevorzugt. Man wollte den »gemäßigten«, vom Staat kontrollierten Islam fördern, damit nicht Gruppierungen, wie beispielsweise die Milli Görüs, denen islamistische und reaktionäre Tendenzen nachgesagt werden, unter den Migranten zu viel Einfluss gewinnen. Aber da scheint man die Rechnung ohne den Wirt gemacht zu haben. Erdogan und Gül, beide ehemalige Mitglieder der Milli Görus, stellen nun die türkische Regierung und bestimmen den Kurs und die Personalpolitik der Diyanet, und die Milli Görüs sitzt über einen Dachverband in der Islamkonferenz von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble.
    Die Ditib sagt, die Vereine und die Zentrale in Köln würden ausschließlich aus Spenden der Mitglieder finanziert. Aber die Finanzierung der – nach eigenen Angaben – etwa 800 Moscheen mit ihren Imamen, dazu die Kosten, die die riesigen Moscheeprojekte in Köln, München oder Duisburg verursachen, lassen Zweifel aufkommen, ob die wenigen Vereinsmitglieder oder Besucher der Freitagsgebete die einzigen Finanziers sind. Allein der Bau der von den Islamvereinen laut Islamarchiv in Soest zurzeit geplanten 187 Moscheen würde bei einer Bausumme von etwa drei Millionen pro Projekt einen

Weitere Kostenlose Bücher