Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
Rücksicht nehmen zu müssen.
Aber der Plan hatte eine entscheidende Schwachstelle: Die Zwischenwelt ist ein entrückter Ort, erschaffen und aufrechterhalten durch Magie und reine Willenskraft. Selbst wenn man wusste, dass irgendwo ein Dazwischen existierte, konnte man nicht so einfach hineinmarschieren, jedenfalls nicht ohne die Erlaubnis desjenigen, der den Ort erschaffen hatte. Nicht mal, wenn man den magischen Schlüssel dazu besaß und er auch passte, kam man hinein. Man landete dann einfach irgendwo anders, wie ich aus eigener, leidvoller Erfahrung wusste. Ich hatte es einmal bei Tavishs Dazwischen versucht und war stattdessen in einer Sumpfdrachenhöhle gelandet (Gott, dieser Gestank – nie wieder!). Und den Eingang von außen knacken zu wollen, das war ebenso sinnlos. Von innen dagegen … hm … es wäre zwar schwierig, aber unter den richtigen Umständen nicht unmöglich.
Ich musste also ins Innere gelangen.
Aber nicht als gekidnappte Geisel. Ein anderer Plan begann in meinem Geist Gestalt anzunehmen …
Hugh tauchte wieder auf. » DI Crane gilt nun ganz offiziell als vermisst«, verkündete er mit einem besorgten Gesichtsausdruck.
»Sie ist verschwunden?«, fragte ich verblüfft. »Meinst du damit, dass sie abgehauen ist, oder dass jemand sie hat verschwinden lassen ?«
»Daran arbeiten wir noch, Genny«, antwortete er.
Kacke. Ich mochte die Hexe zwar nicht – okay, ich konnte sie nicht ausstehen –, aber dass jemand sie verschwinden ließ, wünschte ich ihr auch nicht. Auf einmal hatte ich Angst, sie könnte die Nächste sein, die aus der Themse gefischt wurde. Und wie schlimm das für Finn und für ihre gemeinsame Tochter wäre. »Weiß Finn es schon?« Ich wollte zu den Polizeiautos gehen, aber Hughs große Pranke legte sich auf meine Schulter und hielt mich zurück. »Constable Martin spricht grade mit ihm, Genny. Sie nimmt seine Aussage zu Protokoll. Vielleicht weiß er ja was, das uns weiterhelfen könnte. Warte, bis sie ihre Arbeit erledigt hat, Genny, dann kannst du mit ihm reden.« Er hielt mir einen geöffneten Briefumschlag hin, der in einer Klarsichthülle steckte. »Das wurde in DI Cranes Wohnung gefunden, Genny. Es ist an eine G. N. Zacharinowa adressiert, c/o Spellcrackers.com. Finn weiß nicht, wer das ist. Weißt du es?«
Meine Nackenhaare sträubten sich. Woher, zum Teufel, wusste Helen meinen richtigen Namen? Den kannten bisher doch nur die Vamps. Helen war eine Hexe; Hexen meiden Vampire wie die Pest, umgekehrt ebenso. Und besonders Helen hatte eine richtige Vampir-Phobie. Außerdem, wieso sollte sie ausgerechnet mir schreiben? Sie war entweder vollkommen verzweifelt oder äußerst gerissen.
Nach kurzem Zögern streckte ich meine Hand aus. »Das bin ich«, sagte ich, »das ist mein Geburtsname.«
Hugh nickte und reichte mir den Zettel. »Dann liest du ihn besser selbst, und dann reden wir.«
Ich las ihn durch die Klarsichthülle.
An G. N. Zacharinowa,
Ihr Onkel Maxim hat mich bezüglich seines irischen Wolfshunds kontaktiert. Er machte sich Sorgen um dessen Nachwuchs. Leider kann ich dessen Wohlergehen nicht länger garantieren. Ich bitte Sie daher, ihm diese Nachricht umgehend zu überbringen, da es mir derzeit unmöglich ist, über die üblichen Kanäle mit ihm Verbindung aufzunehmen.
Helen Crane
Kacke. Helen Crane hatte also das »Wohlergehen« des Wolfshund-Nachwuchses garantiert – oder anders ausgedrückt, ihn gedeckt. Und jetzt, da sie aufgeflogen und verschwunden war (freiwillig oder unfreiwillig), konnte sie das nicht länger. Aber ob dieser Zettel nun ein Hinweis an die Polizei sein sollte oder eine Warnung oder ein Hilferuf, den ich Mad Max überbringen sollte, hätte ich nicht sagen können. Eines wusste ich jedoch: Hier hatten wir einen möglichen Hauptverdächtigen, das kriminelle Genie, das hinter dem Verschwinden der Faelinge stecken könnte.
Mad Max’ Sohn, wer immer das auch sein mochte.
justify
38. K apitel
W as Hugh unter »Reden« verstand, nachdem ich den Zettel gelesen hatte, war in Wahrheit eine neue Verhörrunde im Wagen, inklusive einer mit einem Laptop bewaffneten Polizeibeamtin. Wir gingen noch einmal die Erinnerungen durch, die mir die Morrígan gezeigt hatte, insbesondere die von dem kleinen blonden Jungen auf dem Spielplatz.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass es Maxims Sohn ist«, erklärte ich, »und der ›Nachwuchs‹, von dem in Helen Cranes Brief die Rede ist. Aber wer der Junge ist, weiß ich nicht, und auch nicht, wie alt
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