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Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Titel: Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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zu bitten, anstatt mir den Zugang von sich aus zu gewähren. Das war die übliche Verhandlungstaktik und typisch für Göttinnen. Ich fragte mich besorgt, was sie wohl von mir verlangen würde. Denn dass sie etwas verlangen würde, war klar.
    Aber das verriet ich Hugh natürlich nicht. Ich versicherte ihm, dass alles gut gehen würde, und erzählte ihm dann rasch von dem Gespräch zwischen Malik und Mad Max, das ich mitangehört hatte. Dann gingen wir den Pfad entlang und stiegen die Stufen zu dem tiefer gelegenen Garten hinab.
    Das letzte Mal war ich in Sachen Spellcrackers hier gewesen. Das war im Hochsommer, und man hatte mich gerufen, um einen Schwarm Gartenfeen zu entfernen, die von den zahlreich sich in der Sonne aalenden Touristen und ihren Lunchpaketen angezogen worden waren. Damals war es hier laut und belebt gewesen, jetzt dagegen war es fast unheimlich still. Hunderte nach Jasmin duftende Teelichter waren am Fuß der hohen Mauern aufgestellt worden, die den Garten umgaben, und warfen gespenstische Schatten auf die großen Bronzetafeln, auf denen die Namen der tapferen Seeleute standen, die in beiden Weltkriegen gefallen waren. Weiter hinten, in dunkleren Ecken, bewegten sich, unabhängig vom Ostwind, andere Schatten, angezogen von der Verheißung auf rituelle Magie, Schatten, die ich mir lieber nicht so genau anschaute aus Angst, sie könnten sich zu gespenstischen Gestalten verfestigen. Ich schüttelte mich. Nein, Gespenster waren wirklich nicht meine Sache.
    In einer der heller beleuchteten Zonen saß Sylvia auf einer Bank und winkte mir fröhlich zu. Ihr weißrosa Kleid und ihr rosa Fahrradhelm leuchteten im Zwielicht des hereinbrechenden Abends. Sylvia stand nicht auf, sondern zeigte lediglich auf den Bannkreis in der Mitte des Gartens.
    Ich machte mich auf den Weg dorthin, musste dabei allerdings über die Waffen steigen, die am Rande des Rasens um den Kreis herum verteilt worden waren. Der Kreis war groß, etwa sieben Meter im Durchmesser, und sein Rand bestand aus Schwertern, Degen, Dolchen, Speeren, Äxten, einem Brustpanzer, einem Paar eisenbeschlagener Stiefel und einem Helm mit schwarzem Federbusch. Es sah aus, als hätte da jemand eine altertümliche Rüstungskammer geplündert.
    Ricou erwartete mich bereits – in seiner richtigen Gestalt – neben dem kleinen Bronzebrunnen im Zentrum des Kreises; seine graublaue, schuppige Haut schimmerte im Kerzenlicht, die Kopfflosse war dicht angelegt, und sein langer, peitschenähnlicher Schwanz umschlang seine Hüften. Er schien damit etwas festzuhalten, das wie der Union Jack aussah. Als ich näher kam, merkte ich, dass es sich wieder einmal um ein flauschiges Badetuch handelte.
    »Ricou ist sich nicht sicher, ob das wirklich so eine gute Idee ist, Liebchen«, sagte er. Seine transparenten Hautmembrane senkten sich nervös blinzelnd über seine pupillenlosen, kugeligen schwarzen Glubschaugen. »Göttinnen lassen sich nicht gern herbeizitieren, die werden leicht sauer.«
    »Ich bin mir sicher, dass sie schon auf meinen ›Anruf‹ wartet«, antwortete ich spöttisch.
    »Na gut, ist dein Hals.« Seine Kopfflosse schnappte hoch. »Wir haben alles genau nach Anweisung der Bibliothekarin vorbereitet. Das Horn des Stiers hat sie uns auch noch beschafft.« Er deutete mit einem klauenähnlichen Finger auf das erwähnte Horn, das länger war als mein Arm. Das eine Ende spitz, war das andere so groß, dass ich meine Faust in die Höhlung hätte stecken können. Ich war bloß froh, dass es nicht das Horn des alten Donns war, denn schließlich rief ich ja seine Mami um Hilfe an. Neben dem Horn lagen ein kleiner Silberdolch, eine Flasche Jameson’s Whisky, ein Kristallschwenker, eine Packung Milch und zusammengefaltete Kleidung – die Kleidung, auf die Aoifes Kopf gebettet gewesen war, als man sie fand.
    »Das ist ja Tütenmilch.« Ich runzelte die Stirn.
    »Wie viele Milchbauernhöfe gibt’s denn deines Wissens in London?« Er riss sein Maul zu einem gähnenden Lachen auf und schlug sich gegen die Brust. »Und nicht nur das. Sobald Ricou das Wort ›Göttin‹ erwähnt hat, hat jeder nur ›Blutopfer‹ gedacht. Na, wenigstens ist es Biomilch.«
    »Ah, gut«, sagte ich zweifelnd. Ich fuhr mir nervös mit der Hand durchs Haar. Kacke. Ich hatte keine Ahnung, was ich hier tat. Ich schaute auf die weißliche Flüssigkeit in dem Kristallschwenker. »Was ist da in dem Glas?«
    Seine Kopfflosse richtete sich auf. »He, das ist ’ne Fruchtbarkeitsgöttin, was glaubst

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