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Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic

Titel: Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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rappelte ich mich auf. Seltsamerweise konnte ich jenseits der Kreiskuppel noch immer den Garten erkennen. Malik stand jetzt ein wenig weiter vom Kreis entfernt. Auf seinem Gesicht lag wieder der übliche undurchdringliche Ausdruck. Ich fragte mich schon, ob ich mir vielleicht bloß eingebildet hatte, wie er sich auf mich stürzen wollte. Aber vor ihm hockte der große irische Wolfshund und schaute mich schwanzwedelnd aus seinen verstörend blauen Augen an. Er hielt Maliks Handgelenk zwischen den Zähnen.
    Hinter den beiden türmte sich Hugh auf und betrachtete mich missbilligend, als wolle er sagen: »Vampire zu reizen ist dumm und kindisch und reine Zeitverschwendung, Genny.«
    Aber zutiefst befriedigend , dachte ich. Doch Hugh hatte recht. Ich seufzte und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
    Aber das konnte Hugh nicht mehr sehen.
    Der Garten war verschwunden. Um mich herum war nichts … kein Nebel, kein Himmel, kein Raum, nichts.
    Ein Gefühl des Entsetzens kroch mir übers Rückgrat.
    Ich wandte der Leere den Rücken zu und spazierte zu dem Springbrunnen. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, sank ich auf die Knie und tauchte meine blutende Hand und Aoifes Kleidung ins Wasser.
    »Bei meinem Blut und dem Blut ihres Kindes rufe ich an diesem heiligen Ort des Krieges und des Todes die Morrígan!«, rief ich laut. »Höre mich, Morrígan, und komm herbei!«

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    45. K apitel
    D as Wasser begann zu schäumen, und das Bronzebecken verwandelte sich in flüssiges Gold. Der Aal schoss elegant aus dem Wasser, wand sich einmal um sich selbst und sank dann auf Augenhöhe herab. Seine spitzen Zähne schnappten dicht vor meinem Gesicht zu. Ich zwang mich trotz meiner Angst, stillzuhalten und meine blutige Hand nicht aus dem Wasser zu ziehen. Magie glitt schimmernd über die glatte Haut des Aals und verlieh ihr einen blassgrünen, leuchtenden Glanz. Sein kahler Schädel wuchs, die Augen wurden groß und giftgelb. Dunkle Öffnungen entstanden dort, wo Nasenlöcher sein sollten, der Mundschlitz stülpte sich auf, bildete volle rote Lippen. Unterhalb des Gesichts wuchsen beiderseits des Schlangenleibs Beulen, die sich zu runden Schultern verbreiterten und zu schlanken Armen verlängerten, mit eleganten Händen, die in Klauennägeln endeten. Unter den Achseln verbreiterte sich der Schlangenleib, volle Brüste bildeten sich, eine schmale Taille, die in den Schlangenleib auslief. Das dünne Goldkettchen mit den zahlreichen Schlüsseln hing um ihr linkes Handgelenk und wand sich von dort wie eine goldene Weinranke über ihren Arm, den Oberkörper und den Schlangenleib, verschwand schließlich im blubbernden goldenen Wasser.
    »Kleine Sidhe«, sagte sie mit heiserer Stimme und schaute lächelnd auf mich herab. Aber es war ein gefährliches, ein lauerndes Lächeln der blutroten, vollen Lippen, zwischen denen der einzelne lange Zahn hervorragte. »Ich habe lange auf deinen Ruf gewartet. Ich schätze es nicht, wenn man mich warten lässt. Oder meine Aufgaben nicht ernst genug nimmt. Das wird dich teuer zu stehen kommen.«
    Mein Magen krampfte sich ängstlich zusammen. Blöde Göttinnen – sie musste doch wissen, dass die Zeit in den Schönen Landen eine andere war als hier. Selbst wenn sie also Tage, Wochen oder gar Jahre gewartet hatte, war das gewiss nicht meine Schuld. Und dass sie mir eine »Aufgabe« übertragen hatte, war ja wohl übertrieben. »Du hast mich erst gestern besucht, Morrígan«, entgegnete ich mit trotzig vorgerecktem Kinn, »das würde ich wohl kaum als lange bezeichnen.«
    Ihre gespaltene Zunge schoss hervor und strich über meine Lippen. Ich erstarrte und zwang mich, nicht zurückzuweichen. »Du schmeckst nach Wahrheit«, murmelte sie, dann nahm sie mein Gesicht zwischen ihre Klauenhände. Ihre Fingernägel gruben sich schmerzhaft in meine Kopfhaut. »Nun gut, ich will dir noch einmal vergeben.« Sie presste ihren Mund auf den meinen und gab mir einen Kuss. »Aber ich fürchte, andere werden nicht so verständnisvoll sein.« Sie riss an der Goldkette.
    Das Wasser schoss brodelnd aus dem Brunnen und über mich. Ich wurde zu Boden geschleudert und landete auf dem Rücken. Prustend wischte ich mir die klitschnassen Haare aus dem Gesicht und bekam gerade noch mit, wie ein schwarzgrünes Wasserpferd aus dem Brunnen aufstieg und sich zornig über mir aufbäumte. Ich blieb starr vor Schreck liegen. Die scharfen Vorderhufe landeten nur wenige Zentimeter rechts und links von meinen Schultern auf dem Rasen.

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