Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
anzuschauen, tauchten sie regelmäßig in meiner Wohnung auf, blieben ein wenig und ersetzten sich dann durch neue. Ziemlich praktisch, fand ich. Nur leider war ich nicht diejenige gewesen, die die Bücher bestellt hatte, sondern Tavish und natürlich Malik, die Nummer zwei in diesem enervierenden, über-beschützenden kleinen Team. Überraschte mich fast, dass sie mir nach dem Dornröschenzauber und Maliks einschläfernden Mentaltricks überhaupt noch erlaubt hatten, die Wohnung zu verlassen, und mich nicht gleich unter Hausarrest gestellt und gezwungen hatten, mir die Fluchbrecher-Pflichtlektüre einzuverleiben.
Aber jetzt brauchte ich die blöden Bücher ja nicht mehr, wie mir erleichtert klar wurde. Die Bibliothekarin konnte sie alle wiederhaben.
Ich stieß einen Jubelschrei aus. Mit einem idiotischen Grinsen schlängelte ich mich zwischen den Bücherstapeln hindurch zur Küche. Dabei warf ich einen Blick ins offene Schlafzimmer. Die Frühlingssonne zauberte Lichtrechtecke auf den polierten Holzboden – den leeren Holzboden, wie ich dankbar feststellte. Zum Glück hatten sich dort keine Bücher manifestiert. Angesichts des verstörenden, ja, übelkeiterregenden Inhalts einiger dieser Werke wollte ich sie auch nicht in meinem Schlafzimmer haben. Nicht gerade eine geeignete Bettlektüre, wie ich fand. In den aktuellen Stapeln befand sich alles: von einem Grimoire aus dem elften Jahrhundert, dessen Ledereinband aus der Haut eines Zauberers bestand (würg! Nicht einmal drei Paar gesalzene Gummihandschuhe konnten einen vor dem Ekel bewahren), einer päpstlichen Handschrift aus dem Jahre 1573 mit dem Titel Verfahrensweisen der Inquisition und der Teufelsaustreibung , einer Erstausgabe von Frankenstein – Autor natürlich anonym –, einem Stapel Walt-Disney-Bilderbücher, Grimms Märchen in fünf verschiedenen Sprachen, einem halben Dutzend neu erschienener Taschenbücher, deren einzige Verbindung zum Thema darin bestand, dass sie das Wort »Fluch« im Titel hatten und bis zu …
Mein Blick fiel auf den giftgrünen Einband eines Buchs mit dem Titel Die esoterische Praxis von Verwünschungs-Prophezeiungen von Michael Nix. Ich streckte schon die Hand danach aus, als es plötzlich einen magischen Blitz gab. Meine Hand zuckte zurück. Entsetzt stellte ich fest, dass der Rotz, der aus dem Buchrücken lief, echt war.
»Ganz schön hinterhältig«, murmelte ich. Seit dem ersten » WTF ?«-Zauber, den ich unwissentlich ausgelöst hatte und der mich direkt zu Finn transportierte, der glücklicherweise trotz der späten Abendstunde noch im Spellcrackers-Büro gewesen war (aber wer taucht schon gerne ohne Vorwarnung und vor allem splitternackt irgendwo auf), traf ich Vorsichtsmaßnahmen. Ich warf einen Blick nach oben zu meinem Kronleuchter, der an einem Dachbalken hing. Seufz, eine weitere Reihe geschwärzter Perlen zeichnete sich zwischen den bernstein- und kupferfarbenen Kristallen ab. Die Such- und Enthüllungszauber in den Kristallen hatten mich drei Monatslöhne gekostet, und das, obwohl ich meine eigenen Kristalle dafür benutzte, aber da sie bis jetzt alles enthüllt hatten, was an heimtückischen Zaubern in den Büchern steckte, konnte ich wohl zufrieden sein. Grimmig streute ich eine Handvoll Salz auf das verrotzte Buch. Eine orangerote Staubwolke stieg davon auf, und ich konnte gerade noch ein Taschentuch ziehen, bevor ich kräftig niesen musste.
»Na, langweilig ist dir wohl nicht, Püppchen«, sagte eine tiefe, angenehme Stimme aus dem Schlafzimmer.
Ich fuhr herum und stieß in meiner Hast gegen einen Bücherstapel, was einen Dominoeffekt auslöste, der damit endete, dass ich in einem totalen Durcheinander aus Büchern stand.
»Tavish!«, rief ich entzückt. Mein Herz hüpfte vor Freude, ihn zu sehen. Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass alles gut werden würde. »Seit wann bist du wieder da?«
Auch er grinste mich an, zeigte mir seine spitzen weißen Zähne, die einen kräftigen Kontrast zu seiner grünlichschwarzen Haut bildeten. Lachfältchen bildeten sich an den Winkeln seiner rätselhaften, wunderschönen Augen. Tavishs Augen waren silbern und pupillenlos wie bei einem Pferd. Wenn er lächelte, verschwand auch der weiße Rand um das Auge. Das Grinsen glättete die kantigen Züge seines Gesichts; man konnte Tavish nicht im herkömmlichen Sinne als attraktiv bezeichnen. Mit seinem langen, schmalen Gesicht, der ausgeprägten römischen Nase und dem spitzen Kinn ähnelte er einer weniger zarten Version
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