Bittersueße Sehnsucht
offensichtlich anzuflirten. Mal ganz davon abgesehen, dass Sven überhaupt nicht mein Typ war, musste ich in diesem Moment plötzlich an Ryan denken. Mein Herz schlug für einen kurzen Augenblick ein paar Takte schneller und in meinem Magen begann es zu flattern.
Doch mir blieb keine Zeit, diesen Gedanken festzuhalten, denn Julika marschierte mit schnellem Schritt zu den Aufzügen. Sie drehte sich zu mir und zog eine Augenbraue nach oben. „Kommst du, Mila?“ Ich nickte schnell und hechtete hinter ihr in den Fahrstuhl. In jedem Stockwerk stieg sie aus und führte mich durch die Gänge. Bei der Größe des Hotels, war meine Befürchtung, dass allein das, einen halben Tag dauern würde. Aber bei Julikas Stechschritt schafften wir es dann doch innerhalb einer Stunde und das nächste Ziel unserer Odyssee schien der Wellness-Bereich im Keller zu sein.
Zumindest las ich das von dem kleinen Schild neben dem Knopf ab, den Julika als nächstes drückte und der Aufzug brachte uns ganz nach unten.
„Hier befindet sich das Fitness-Studio, Sauna, Solarium und so weiter.“, erklärte sie mir, während sie wieder voranschritt.
Wir traten durch eine halboffene Glasfront, hinter der sich ein Empfangstresen befand, der nahtlos in eine Art Bar überging. Die junge, schwarzhaarige Frau dahinter begrüßte uns mit einem Nicken. „Steffi, das ist Mila – unsere Verstärkung.“, stellte mich Julika bei der neuen Kollegin vor. Steffi streckte ihre Hand über den Tresen und drückte meine kurz und kräftig.
In diesem Moment ertönte plötzlich eine vertraute Stimme hinter uns und ich fuhr irritiert herum. „Mila, Schätzchen – ich glaub es ja nicht!“ Vor mir stand Jan, perfekt gestylt in Anzughose und Poloshirt und grinste über das ganze Gesicht.
„Jan?“, fragte ich überflüssigerweise und hatte die Augen ungläubig aufgerissen.
„Mensch, dann bist du….die Neue…?“, prustete er los und kam auf mich zu, um mich kurz zu umarmen. „Tja, die bin ich wohl“, erwiderte ich immer noch perplex.
„Laura das Schusselchen hat gar nichts erwähnt.“, flachste er und tat beleidigt.
„Glaub mir, die Überraschung ist ganz meinerseits.“ Ich hatte mich wieder gefangen und lächelte. Der gute Jan – ab heute also ein Kollege von mir! Es schien, als würde mein Leben die letzten Wochen nur durch Zufälle und eigenartige Begebenheiten regiert. „Ich sehe schon, ihr scheint euch zu kennen – dann brauche ich dir unseren Spa Manager ja nicht vorzustellen“, kommentierte Julika die Situation mit einem trockenem Lächeln.
„Spa Manager…? Wow, soll ich dich ab heute vielleicht lieber siezen?“ Ich zog eine Augenbraue nach oben und grinste. Jan hob drohend einen Zeigefinger. „Wage es ja nicht…“, dann trat er an mir vorbei. „Ich muss dann los – morgendliches Meeting. Wir sehen uns, ja?“ Und schon rauschte er Richtung Fahrstuhl.
Julika setzte ihren Rundgang mit mir fort und ich war bemüht, jeder ihrer Ausführung zu folgen und mir alles zu merken. Ich musste mir eingestehen, dass Munich Palais war schon ein größeres Kaliber. Trotzdem behielt ich meine Zuversicht. Es würde zwar einige Zeit dauern, bis ich mich alleine zurecht fand, aber das war es die Sache wert. Und ich konnte das Grand Hotel und Torben Hendriks für immer hinter mir lassen.
Eine dreiviertel Stunde später hatte mir Julika alles Wichtige gezeigt oder erklärt, ich hatte meine Sachen in einem mir zugewiesenen Spind verstaut und wurde von Sven in den Ablauf an der Rezeption eingewiesen.
Gegen Mittag begann mein Kopf langsam zu schwirren, wie ein Bienenstock. Doch als Lydia kurz vor der Mittagspause auftauchte um mich ganz offiziell zu begrüßen, war ich einfach nur dankbar, für ihre großzügige Hilfe. Sie versicherte sich, dass es mir an nichts fehlte und eilte dann weiter, in ihr Büro.
Zweieinhalb Stunden später, als meine Frühschicht vorbei war, verließ ich nach der Übergabe an Sandra, die Kollegin der Spätschicht, mit schmerzenden Füßen und summendem Kopf meinen Arbeitsplatz, um meine Sachen aus dem Personalraum zu holen. Ich schloss die Tür zu meinem Spind auf und blickte als erstes auf mein Handy. Es war nämlich untersagt, während der Arbeit das private Mobiltelefon zu benutzen, deshalb hatte ich es in der Tasche gelassen. Meine Finger begannen ein wenig zu zittern, denn mir stach sofort der kleine Briefumschlag, am oberen Rand des Displays ins Auge. Eilig fuhr ich mit den Fingern darüber und öffnete meine Nachrichten.
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