Bittersueße Wahrheit
Äußerungen vermeiden, die Katelyn eventuell dazu veranlasst hätten, sich emotional von Simon wieder zu entfernen. Noch nie zuvor hatte er seinen Freund so glücklich gesehen wie in den letzten Tagen. Außer eben in ihren Armen. Und dann kam ihm plötzlich Rose wieder in den Sinn. Wie stolz sie auf dem Podest gestanden war und mit erhobenem Haupt Stark bei seinem widerlichen Vorhaben zugesehen hatte. Niemals würde sie seiner Rache entkommen! Sie hatte verdammt viel Glück gehabt, dass er prinzipiell keine Frauen tötete. Aber er würde sich zur gegebenen Zeit noch um sie kümmern und sich etwas Boshaftes einfallen lassen, um sie zu bestrafen. Denn ungeschoren würde sie ihm nicht einfach so davonkommen. Vor allem nicht, weil sie Katelyn hierher gebracht hatte. Aber das Thema Rose war momentan zweitrangig. Katelyns Sicherheit hatte Priorität, daher sah er sich dazu verpflichtet, sie so schnell wie möglich von hier fortzubringen.
Er beschleunigte den Wagen.
***
Der Vollmond hing über den Bäumen in seiner vollen Pracht und spiegelte sich im Pool. Das weiße Gemäuer der Villa schien regelrecht im Mondschein zu erleuchten. In jeder anderen Nacht hätte dieses Bild zum Träumen angeregt, doch nicht in dieser Nacht. Alle waren in Aufruhr, denn niemand legte sich mit M&S an. Der letzte Clan, der es gewagt hatte, wurde einfach über Nacht ausgelöscht. Es war Stark. Niemand sprach es aus, aber jeder wusste es. Doch Simons Männer standen hinter ihm.
Auf dem gesamten Gelände wimmelte es nur so von Bodyguards, da Simon die Bewachung seines Domizils verdreifacht hatte. Zudem hatte er noch Verstärkung von der Westküste angefordert. Er hatte Rafael zwar sein Wort gegeben, dass er nicht einschreiten würde, bis er zurückkäme, aber Simon dachte schon fünf Schritte im Voraus. Er würde Stark samt seinem bescheuerten Geheimbund auslöschen, sollte Katelyn [oder gar Rafael, der sich immerhin noch gut selbst zu verteidigen wusste] bei deren Flucht ein einziges Haar gekrümmt worden sein. Oder aber, was noch viel schlimmer gewesen wäre, wenn Stark sie mit seinen Drecksfingern berührt hätte. Allein bei dem Gedanken lief Simon ein gewaltiger Schauer über den Rücken. Bei der reinen Vorstellung schäumte er innerlich vor Wut, daher versuchte er, diese Gedanken schnell wieder zu verdrängen beziehungsweise von sich abzuschütteln, da sie sich regelrecht in sein Gehirn fraßen. Aber eines war gewiss: Er würde ihn töten, wenn er sie mit seinen Fingern beschmutzt hatte.
Aufgeregt lief er auf der Veranda seiner Villa auf und ab wie ein wildes Tier. In diesem Zustand hielten es seine Leute für besser, Abstand von ihm zu halten. Wenn er so gereizt war, konnte er ziemlich ungemütlich und unberechenbar werden. Auch Jake stand in weiser Voraussicht einige Schritte von ihm entfernt. Er behielt jedoch den gesamten vorderen Bereich des Grundstücks im Auge und sah gerade über den beleuchteten Rasen hinweg hinunter zur Toreinfahrt. Zumindest versuchte er, im Gegensatz zu seinem Boss, die nötige Ruhe zu bewahren, auch wenn er innerlich ziemlich aufgewühlt war; vielleicht sogar mehr noch als Simon. Er zeigte es nur nicht.
Überall auf dem Gelände waren Simons Männer postiert und auf einen eventuellen Übergriff oder eben auf ein eventuelles Einschreiten ihrerseits vorbereitet. Alle waren angespannt und warteten darauf, dass Rafael von seiner Mission zurückkäme. Am schlimmsten waren die Stunden des Wartens jedoch für Simon. Ja, er hatte sich überreden lassen, hier auf Rafael zu warten. Und ja, er hatte sich auch darauf eingelassen, Katelyn nicht selbst zurückzuholen. Er hatte nur nachgegeben, weil er Rafael vertraute. Doch nun fragte er sich insgeheim, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Die Warterei zerrte an seinen Nerven und er wusste sich nicht anders zu helfen, als immer wieder gegen irgendetwas zu treten oder mit der Faust darauf zu schlagen. Sein Hauspersonal hielt es in seiner derzeitigen Gemütsverfassung ebenfalls für besser, sich von ihm fernzuhalten und hielt sich stillschweigend im Inneren des Gebäudes auf.
Gerade als Simon wieder mit dem Fuß gegen einen Stuhl trat, hörte er das laute Geräusch eines Motors unten am Tor. Er sah hinunter und erkannte schon von Weitem Rafaels Wagen. Er kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, um besser sehen zu können. O Gott, sie saß im Wagen! Er hatte es tatsächlich geschafft. Während sich das Tor automatisch öffnete, eilte er den beiden
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