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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lustlümmel! Wie kann man vergessen, daß auch ein Mädchen wie du ein Herz und eine empfindsame Seele hat! Auch wenn dir die Francs lieber als alles andere auf der Welt sind. Du bist doch ein Mensch, der ab und zu wirklich zu lieben weiß. Du bist kein Tier, dem man das Fellchen kraulen kann und es dann wegstößt in den Zwinger. Nicht nur Schmerz und Freude empfindest du, sondern auch Einsamkeit, Scham, Trauer, Verlassenheit und Liebe. Vor allem Liebe, du kleines, blondes Kätzchen. Vielleicht bist du vom Montparnasse oder aus Ménilmontant, was geht es mich an? Heute bist du hier, gestern warst du vielleicht in der Rue de Tolbiac, morgen wirst du in einem Zimmer der Avenue de St. Mandé schlafen. Und wer heute Henry ist, ist morgen Jacques oder Pierre oder René, c'est la vie!«
    Das Mädchen blickte auf. Peter kam sich etwas dumm vor. Ich habe einen heillosen Schwulst dahergeredet, dachte er. Aber wer sie ansieht, verdammt, der wird blöd, poetisch, kindisch, überschwenglich, schnulzig. Warum sitzt sie auch so demonstrativ nackt im Sessel!
    »Qu'est-ce que ma vie?« fragte Coucou mit großen Kulleraugen. Sie konnten so herrlich unschuldig blicken.
    »Das alles, worum du jetzt weinst.« Peter richtete ihren weißen Körper auf. Er bemühte sich, dort anzufassen, wo ihn nicht selbst die Versuchung überkommen konnte. Dann zog er seine Jacke aus und hielt sie ihr hin. »S'il vous plait.«
    »Merci, Monsieur.«
    Coucou sah ihn groß an. Sie verstand es nicht. Männer benahmen sich bisher anders in ihrer Gegenwart. Daß jemand kam und sie bekleiden wollte, weil sie nackt war, ging über ihren Verstand. Es war etwas Neues.
    Sie schlüpfte in den Rock, schlug die zu langen Ärmel um, kauerte sich dann mit hochgezogenen Beinen wieder in den Sessel, warf die langen Locken in den Nacken zurück und zog die Rockschöße über ihre bloßen Schenkel zusammen. Dabei sah sie Peter Sacher wie ein gefangenes Tier an. Ein fremder Mann muß immer wie ein Raubtier beobachtet werden. Sie kannte es nicht anders. Männer sind nun eben so.
    Peter kratzte sich die Nase. Er war verlegen. Halb angezogen wirkte Coucou plötzlich geisteshemmend auf ihn.
    »Un café?« fragte er mit rauher Stimme.
    »Oui! Très bien!«
    Sie nickte und lächelte. Ihre kleinen, grellrot lackierten Zehen spielten mit den Saffianpantoffeln und wippten auf und nieder. Im Radio spielte eine Blaskapelle einen Bauernmarsch. Coucou schien sehr musikalisch zu sein. Bei jedem Paukenschlag schlugen auch ihre Beine aus und wippten hoch. Es sah sehr kokett aus, von einer raffinierten Kindlichkeit.
    Peter Sacher erinnerte sich an seinen Vorsatz, hart zu bleiben. Er räumte den Tisch ab, ging in die Küche, stellte den Heißwasserkocher an und suchte in einigen Blechbüchsen nach Kaffee. In der Büchse, auf der Zimt stand, war Kaffee. Er war bereits gemahlen. Peter blickte schnell zurück ins Zimmer. Die Küchentür verdeckte ihn vor Coucous Blicken. Da nahm er die halbgeleerte Flasche Gin, setzte sie an den Mund und trank einen langen Schluck. Brennend rann der scharfe Schnaps in ihn hinein und brannte die letzten verwirrenden Gedanken weg.
    Aufatmend setzte Peter Sacher die Flasche ab. Das war für den ersten Schreck, dachte er. Wenn's so weitergeht, kehre ich mit einem Delirium nach Düsseldorf zurück.
    Er stellte sich an den elektrischen Wasserkocher und sah zu, wie in dem gläsernen Behälter das Wasser zu sprudeln begann. Er schreckte erst auf, als hinter ihm ein Tapsen von nackten Füßen das leise Summen des Kochers unterbrach. Er schielte zur Seite. Coucou war in die Küche gekommen.
    Sie hatte die Jacke wieder ausgezogen und ihr dünnes, durchsichtiges Nachthemdchen wieder übergestreift. Auf nackten Sohlen schwebte sie herum, lächelte Peter mit glänzenden Augen an, nahm Tassen, Untertassen und Teller aus dem Küchenschrank, stellte alles auf ein Tablett und trippelte wieder zurück ins Zimmer.
    Von da ab nahm sie eine rege Wanderung auf. Zuckerdose, Milchkännchen, Kaffeelöffel, Kaffeekanne wurden einzeln weggetragen. Bei jedem Wiedererscheinen in der Küche hatte sie eine Wandlung vorgenommen. Erst war die rote Schleife wieder im Haar … dann trug sie lange, glitzernde Ohrringe (Ohrringe zu solch einem Nachthemd, überhaupt zum Nachthemd! Peter schüttelte innerlich den Kopf), bei der Kaffeekanne hatte sie hellblaue Pumps an, mit einem langen, dünnen Absatz, der über die Fliesen klapperte. Ihr Körper war dadurch gestreckt, die langen Schenkel tänzelten

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