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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Marionettenstrick. Das ist er, dachte man interessiert. So sieht man also aus, wenn man einige Millionen im Rücken hat. Wie sein Monokel blitzt. Diese adelige Schlankheit der Figur. Dieser federnde, feurige Schritt. Dieser schmale, aristokratische Kopf. »So sah Dante aus«, flüsterte ein Mädchen ihrer Freundin zu.
    Während Ferro nach der Abendkarte das beste Souper zusammenstellte und aus der Weinkarte eine der exquisitesten Flaschen auswählte, beendete die Direktion nebenan in der Pension ›Seeadler‹ eine kurze, schicksalsschwere Unterredung.
    Die angesprochene Dame hatte nach einigem Zögern eingewilligt. Sie bekam als Ausdruck des Dankes und der Anerkennung ihres großen Opfers von der Direktion einen riesigen Strauß Blumen, drei Handküsse und die Versicherung, daß man nie und nimmer eine charmantere Dame zu Gesicht bekommen würde.
    Dann zog erwartungsvolle Stille durch die beiden Pensionen. Die Möglichkeiten, die sich jetzt ergaben, waren so vielfältig, daß jeder der Beteiligten sich einen Sack voll zurechtlegen konnte.
    Zugreise, Dampferüberfahrt, Ratternder Kleinbahn, seelische Erregung, Abendessen und vorzüglicher Wein hatten Ferro stark belastet. Er spürte es an den Augen. Sie drückten gegen den Hintergrund, ließen ihn mit den Wimpern flattern und begannen zu tränen.
    Er gähnte hinter der vorgehaltenen Serviette, erhob sich und verließ den Speiseraum. In der Halle wartete bereits ein Boy mit dem Gepäck. Als er Ferro aus dem Saal treten sah, trug er es ihm nach. Ermano Ferro blieb stehen. »Wieso?« rief er und zeigte auf seine wegeilenden Koffer. »Ich denke, ich bekomme ein Zimmer mit Dame?«
    »Prego, signore.« Der Geschäftsführer verbeugte sich mehrmals. Die Direktoren waren in ihren Privatbüros und betranken sich ob des herrlichen Sieges. »Das Zimmer ist im Nebenhaus. In unserem Schwesterunternehmen ›Seeadler‹.«
    »Seeadler?« Ferro-Bornemeyer kniff das Auge fester zu. Das Monokel wäre ihm sonst gefallen. »Das nenne ich Glück. Wahrhaftig! Gehen wir!«
    Doch bevor er dem Boy folgte, holte er aus der Rocktasche ein kleines, schwarzes Notizbuch und, gewissenhaft, wie es Dr. Portz von ihm verlangte, trug er in einer nur von ihm lesbaren Handschrift das meldungswürdige Ereignis skizzenhaft ein:
    ›12. – 22.10. Zimme rwechsel von der Schwalbe zum Adler. Ziehe in das gleiche Haus wie Frau S.S. Hoffe, sie heute noch zu sehen. Die Gelegenheit ist einmalig.‹
    Mit einem freundlichen Kopfnicken, ein fettes Trinkgeld wäre allen lieber gewesen, verabschiedete er sich von dem Geschäftsführer und dem Portier und ging dem draußen in der Nacht vor dem Haus wartenden Boy nach.
    Es waren nur wenige Schritte. Aber Ferro nahm sie in Zeitlupe. Er kostete das Gefühl des Überlegenen aus.
    Im ›Seeadler‹ war man bereits auf alles eingerichtet. Wie nach langen Übungen am Reck vollzog sich die Kür.
    Ermano Ferro sah bei seinem Eintreten im ›Seeadler‹ gesenkte Köpfe, devot gekrümmte Rücken, einen anderen Geschäftsführer im schwarzen Anzug und zwei Boys, die seine Koffer über eine mit einem roten Teppich belegte Treppe nach oben trugen. Hinauf ins Doppelzimmer, hinein ins Paradies.
    Ferro eilte hinterher. Die erklärenden Worte, die ihm nachschwirrten, hörte er nicht mehr. Er stürmte durch die offene Tür in das große Zimmer, klopfenden Herzens und ein Bonmot suchend, mit dem er sich der bestimmt wartenden Dame vorstellen wollte.
    Aber das Zimmer enttäuschte auf den ersten Blick. Was Ferro zunächst sah, war eine große, hohe, bunte spanische Wand, die man quer in das Zimmer gestellt hatte und die den Raum in zwei gleiche Teile trennte. Es gehörte keine große Fantasie dazu, hinter dieser großgeblümten Stoffwand ein zweites Bett, einen Waschtisch, einen Schrank und einen Sessel zu vermuten. Das gleiche Mobiliar stand im Ferroschen Teil. Nur das große Fenster gehörte beiden Bewohnern gemeinsam. Jeder hatte einen Flügel, über den er frei verfügen konnte.
    Ermano Ferro gab den Boys zwei Mark Trinkgeld und winkte ihnen zu, ihn allein zu lassen. Dann setzte er sich auf sein Bett, starrte die spanische Wand an, tippte mit dem Finger gegen den Stoff und holte ein Taschenmesser aus der Tasche. Aufgeklappt legte er es auf die Bettdecke. Hindernisse sind dazu da, daß man sie überwindet, hatte schon sein Mathematiklehrer gesagt, als er vor den Logarithmen versagte.
    Zunächst verhielt sich Ferro-Bornemeyer ganz still. Er wußte nicht, ob er allein war oder ob

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