Bittersweet Moon 3
die Frage nicht verkneifen.
„Ist noch jemand von ihren Kollegen heute anwesend?“, fragt
sie Tony wie beiläufig.
„Nein, nur ich. Robin hat keine Zeit und die anderen
interessieren sich nicht sonderlich für Barockmusik“, erklärt er Tony und lacht
ausgelassen.
„Ich verstehe“, nickt sie verlegen, als es offensichtlich
ist, dass sie heimlich gehofft hat, Robin könnte mich heute Abend begleiten.
„Dann grüßen Sie Mister Summers herzlich von mir, Frau Walters hat uns neulich
bei der Goldmann Ausstellung miteinander bekannt gemacht“, schaut sie uns beide
an.
„Klar, machen wir gerne“, versichere ich ihr und verstehe
sie gut. Durch Robins Erscheinung könnte sie tolle Publicity für ihre Galerie
gewinnen. Auch wenn das der einzige Grund war, warum sie gerade mich als
Sängerin bei der Vernissage haben wollte, kann ich damit leben. Das Publikum
hat mich sehr positiv aufgenommen und der Auftritt hat sich für mich auf jeden
Fall gelohnt.
Astrid verabschiedet sich wieder von uns, um sich ihren
Gästen zu widmen und Tony grinst frech, als sie den Raum verlässt. „Ich wette,
sie ist enttäuscht, dass nur der Keyboarder hier erschienen ist, nicht aber der
Frontmann.“
„Tja, Tony, das ist dein schlechtes Karma. Als Keyboarder in
der Band wirst du nie so viel Aufmerksamkeit kriegen, wie als Sänger oder
Leadgitarrist“, lache ich. „Sag mal, fährst du jetzt in eure WG oder kommst du
auch mit zu Robin?“, erkundige ich mich.
„Ich fahre in unsere Wohnung, wo Claudia uns um zehn abholen
kommt“, schaut er auf die Uhr. „ Es ist erst kurz nach Neun. Alle wollen, dass
ich mitkomme, auch wenn ich keine große Lust habe, ständig in den Clubs
rumzuhängen. Alles für die liebe Publicity“, zwinkert er mir zu.
„Wir können auch zusammen ein Taxi nehmen“, schlage ich vor.
„Ich fahre zu Robin, eure WG ist doch gleich um die Ecke und Oliver kann dann
alleine weiter fahren.“
Die beiden sind mit meinem Vorschlag einverstanden und wir
brechen auf. Die Bilder des italienischen Malers sind nicht ganz mein Geschmack
und es reicht mir, was ich bei meinem Ankommen kurz nebenbei wahrgenommen habe.
Auch Tony und Oliver sind nicht besonders angetan von den irgendwie
seelenlosen, urbanen Bildern.
Ein paar Menschen äußern Oliver und mir ihr Gefallen an
unserem Programm, als wir uns durch die überfüllte Galerie zum Ausgang bewegen.
Zwei Frauen fragen, ob es unsere Musik auch auf CD gibt, aber wir müssen sie
leider enttäuschen. Es ist wirklich höchste Zeit, endlich eine CD aufzunehmen
und nicht immer nur darüber zu reden. Aber erst brauchen wir einen Manager,
Oliver ist noch weniger praktisch veranlagt als ich …
Tony, der die ganze Zeit neben uns steht, erkennt
wahrscheinlich keiner von den Anwesenden, er war immer schon das stille
Bandmitglied im Hintergrund. Was bestimmt einige Vorteile im Vergleich zu Robin
oder Jason hat.
Während der Fahrt lade ich Oliver spontan auf einen Drink zu
Robin, doch er lehnt es diplomatisch ab. Er ist nicht gerade der Typ, der was
mit Rockmusikern und Rock Musik anfangen kann und trinken tut er auch nicht.
Als praktizierender Buddhist lebt er sehr asketisch und diszipliniert, ohne
dabei verbohrt oder trocken zu wirken. Bestimmt wird er jetzt noch eine Weile
meditieren. Ein anderes Mal vielleicht, verspricht er und wir verabschieden
uns, als wir vor Robins Haus stehen bleiben. Tony besteht darauf, die volle
Fahrt im Voraus zu bezahlen und klopft Oliver freundlich auf die Schulter, als
der versucht zu protestieren. Ich muss lächeln, als ich sie verlasse. Obwohl
beide Vollblutmusiker sind, könnten sie nicht verschiedener sein. Aber wer
weiß, vielleicht freunden sie sich noch an.
Als ich vor Robins Hauseingang stehe, öffnet Sally die Tür.
Sie scheint grade zu gehen und begrüßt mich herzlich, wie immer. Sie erkundigt
sich flüchtig nach meinem Auftritt und ihre Aufmerksamkeit erfreut mich.
„Ich muss dich warnen, Diana“, dreht sie sich noch mal
schmunzelnd zu mir, als sie schon im Fahrstuhl steht.
„Wieso?“, hebe ich meine Augenbrauen hoch.
„Die beiden sind ziemlich besoffen, auch Robin. Sie haben
schon im Studio angefangen zu trinken und jetzt machen sie fleißig weiter.“
„Echt? Ist was passiert? Ich meine, haben sie einen Grund,
sich zu betrinken?“, wundere ich mich über diese Information.
„Liebes, Rockstars brauchen keinen besonderen Anlass, um
sich zu betrinken“, grinst sie amüsiert. „Außerdem ist Feierabend und
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