Bittersweet Moon 3
möchten von der Seite zusehen.“
„Aber gerne, Madam“, antwortet der englische Roadie
hilfsbereit und gibt uns ein Zeichen, um ihm zu folgen. Ich bedanke mich bei
Sally, die schon wieder nach ihrem Handy greift und uns nur noch einen Wink
schenkt. Mia und ich folgen dem jungen Mann, der ein T-Shirt mit dem Logo der
Band trägt und es wird immer dunkler und lauter. Bald stehen wir direkt vor der
Treppe, die zur Bühne führt und wir erblicken die finnischen Jungs, die
ordentlich rocken. Der Mann verlässt uns und wir bleiben alleine, zusammen mit
ein paar anderen Menschen, die auch dort stehen und den Auftritt verfolgen. Die
Soundqualität ist von hier aus natürlich nicht so gut wie im Saal, doch wir
können das Geschehen auf der Bühne ungestört aus der Nähe verfolgen. Erst jetzt
fällt mir Paavo, der junge Frontmann der Band auf - sein langes, blondes Haar
verdeckt meistens die eisblauen Augen darunter. Er hat das Gesicht eines
sinnlichen Engels, wunderschön und androgyn. So ähnlich sah Robin am Anfang
seiner Karriere aus. Auch die kraftvolle und sonore Stimme des Sängers erinnert
ein wenig an Robin, ohne dass er ihn zu imitieren versucht. Die Musik der jungen
Band ist eine sehr melodisch, etwas düster-melancholische Mischung aus Hard
Rock, Metal und Pop und hat das Potential, auch breitere Massen des Publikums
zu begeistern. Die beiden Gitarristen beherrschen ihre Instrumente virtuos und
auch der Bassist und der Schlagzeuger scheinen versierte Musiker zu sein. Ich
schätze alle Bandmitglieder auf höchstens zwanzig Jahre. Robin und Jason haben
das unumstrittene Talent der Finnen sofort erkannt und auch mir gefallen die
Jungs immer mehr. Sie sind wirklich gut! Vielleicht erinnert Paavo Robin auch
bewusst oder unbewusst an sich selbst und wie er in seinem Alter Forbidden
Games gegründet und auf seine große Chance gehofft hat. Auf jeden Fall
finde ich es großzügig von ihm, dass er sich für die noch unbekannte Band eingesetzt
hat und sie als Support Group haben wollte.
Die Finnen heizen das Publikum ordentlich an. Wenn die
Scheinwerfer auf den Konzertraum gerichtet werden, merke ich, wie überfüllt es
ist. In den ersten Reihen drängeln sich viele junge Frauen in sexy Outfits,
aber auch viele Männer. Das Publikum scheint gemischt zu sein-
die Hälfte besteht eindeutig aus älteren Fans der Band, aber die andere Hälfte
wird von jungen Gesichtern gebildet, was darauf schließt, dass der angekündigte
Stillwechsel das allgemeine Interesse geweckt hat.
Der Auftritt von Frozen Fairytale ist bald vorüber
und Paavo bedankt sich auf Deutsch beim Publikum. Die strahlenden Blicke der
Frauen in den ersten Reihen verraten, dass er sehr wohl das Potential hat, ein
großer Mädchenschwarm zu werden. Als die jungen Männer die Bühne verlassen und
an uns vorbei laufen, gratulieren wir ihnen und sie bedanken sich äußerst
herzlich dafür.
„Die sind echt süß“, sagt Mia. „Nur etwas zu jung für mich“,
kichert sie.
„Ich weiß, ich weiß, du bist bei Bruce bestens aufgehoben“,
erwidere ich neckisch und sie schaut fast verlegen weg. Wir gehen wieder zurück
zu den Garderoben. Das Bühnenteam muss erst mal die Bühne für Forbidden
Games vorbereiten und die Instrumente bereitstellen. Das kann noch ein
Weilchen dauern.
„Ich schau noch mal bei Robin vorbei“, sage ich zu Mia, als
wir vor seiner Tür stehen bleiben.
„Klar, kein Problem, ich komme schon zu recht“, nickt sie
und ich klopfe an. Ich trete einfach ein, fast überrascht über meiner eigenen
Souveränität. Scheinbar verleiht mir mein neues Beziehungsstatut Sicherheit und
Mut … Robin ist nicht alleine. Er sitzt in einem Sessel und unterhält sich mit
einer blonden Frau, die ihm gegenüber platz genommen hat. Auch Sally befindet
sich im Raum und hört dem Gespräch von der Couch aus zu. Daneben steht ein
Fotograf im Raum und macht Fotos von Robin. Alle Blicke richten sich auf mich
und ich bleibe in der Tür stehen. „Sorry, ich wollte nicht stören“,
entschuldige ich mich, doch Robin weist mich mit einer einladenden Handbewegung
an, herein zu kommen.
„Diana, komm, ich will dich jemandem vorstellen“, lächelt
er. So selbstbewusst wie möglich, trete ich näher und Robin stellt mich Rebecca
vor. „Rebecca, das ist Diana Lenart, meine Freundin. Diana, Rebecca Davis aus
New York.“ Meine Freundin … Diese Worte aus seinem Mund schmeicheln
meinen Ohren wie schönste Musik … Rebecca schüttelt mir die Hand und ihre
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