Bizarre Beziehungen - V 1.0
sich bis zum Backenbart.
»Bis zum letzten Mann, Frau und Kind, Major Folliot? Eine scharfe Frage. Ja, ich glaube, daß die Ren uns bis zum letzten Mann, Frau und Kind auslöschen würden. Wenn sie die Macht dazu hätten. Es sei denn, sie legten sich einen lebenden Nahrung svorrat zu. Sie ernähren sich vom Fleisch der Chaffri, wissen Sie. Nicht sehr häufig - es gibt nicht genügend von uns, um die Nachfrage zu befriedigen. Also werden wir von den Ren als große Delikatesse betrachtet.«
»Ich begegnete einem riesigen Ren, als ich das Dungeon zum erstenmal betrat, Muntor Eshverud. Im Jahre 1868, als ich mich auf der Suche nach meinem Bruder befand.«
Eshverud nickte. »Sie verseuchen das Dungeon durch und durch.«
»Der, dem wir da begegneten - er hatte Menschen verzehrt und zeigte den Gesichtsausdruck meines Bruders. Er verfluchte mich mit dessen Stimme.«
»Die Ren besitzen schreckliche Fähigkeiten, mit dem Bewußtsein zu spielen. Ich bezweifle Ihre Geschichte nicht, Major - sie ist völlig glaubwürdig. Aber ich würde annehmen, daß die Ren das Bild und den Klang der Stimme Ihres Bruders Ihnen aus dem Gehirn gezogen und Ihnen die Informationen zurückgespielt hatten, damit Sie ihren eigenen Zwecken dienten.«
»Das glaube ich allmählich auch, ja, Muntor.«
Sie hatten sich der Hütte genähert. Clive bemerkte jetzt, daß es sich um eine Gastwirtschaft im Tudor-Stil handelte. Halb Fach werk, und mit einem Dach aus dick-lagigem Stroh gedeckt. Es war hellichter Tag gewesen, als der Glaswagen auf dem Grasfeld gelandet war, aber die Nacht fiel auf Novum Araltum rasch, und der Himmel verdunkelte sich bereits. Die Sonne stand halb hinter dem Horizont, Sterne funkelten, und nahegelegene Asteroiden woben einen breiten glitzernden Gürtel über den Himmel.
Aus einem niedrigen Kamin stieg ein träger Rauch langsam in die Luft, und Clive roch den vertrauten Geruch brennenden Torfs.
In die Tür der Gastwirtschaft waren bernsteingetönte Butzenscheiben eingelassen. Das Licht aus dem Innern verlieh dem Glas einen warmen goldenen Schimmer. Muntor Eshverud bat Clive in eine Welt hinein, die zugleich entsetzlich vertraut und beunruhigend fremdartig war.
Als englischer Herr hätte er kein gewöhnliches Pub betreten, wenngleich er wußte, wie sie aussahen. Es hatte Gründe gegeben, sie im Dungeon zu betreten, und zu seinem Kummer war er nach seiner Rückkehr nach London in ein derartiges Pub geraten.
Aber dieses Etablissement war nicht genau ein Pub des neunzehnten Jahrhunderts. Er vermittelte vielmehr das Gefühl eines Landgasthofs eines früheren und unverdorbeneren Zeitalters. Er erwartete halb, Bauernburschen zu sehen, denen Heu aus den Haaren fiel und die mit kräftigen Armen Alekrüge und Hammelkeulen stemmten. Es gab in der Tat einen freundlichen Gastwirt, der über alles wachte, während sich die weibliche Bedienung in verwegen geschnittenen Blusen und bauschigen Wämsern geschickt ihren Weg zwischen den langen Tischen aus breiten rohgezimmerten Brettern bahnte.
»Ist dies - entschuldigen Sie mich, Muntor...«
wandte sich Clive an seinen Begleiter, »... ist dies das Hauptquartier einer Luftbasis der Chaffri? Ich fürchte, daß ich nicht recht verstehe, Sir - wenngleich ich zugeben muß, daß es ein heimeliger und angenehmer Ort ist.«
Eshverud lächelte. Er lotste Clive am Ellbogen durch den dicht gefüllten Gastraum. Er blieb an der Bar stehen und beugte sich darüber, um mit dem Gastwirt zu sprechen. Trotz des Lärms im Raum, mit den vielen trinkenden, essenden, scherzenden, singenden und krakelenden Chaffri, hatte Clive keine Schwierigkeiten, die Worte des Muntor s zu verstehen.
»Zwei immer fließende Krüge von deinem besten, Ji-vach, für Major Folliot und mich selbst. Ein Gedeck mit gutem heißen Essen. Wir, der Major und ich, werden uns im privaten Speisesaal aufhalten. Und wenn ich den Geschmack meines Gastes richtig einschätze, Ji-vach, schicke uns deine hübscheste Bedienung. Und erwarte nicht, sie so bald wiederzusehen, Jivach.«
Und der Mann blinzelte tatsächlich!
Clive ließ sich in ein Privatzimmer führen, wo das Mobiliar, obwohl roh zurechtgehauen, ausgesprochen gemütlich war. Eine Öllampe verströmte ihr Licht, und die Luft roch nach England.
Die beiden Männer setzten sich einander gegenüber an den hölzernen Tisch. Clive wollte Eshverud eine Million Fragen stellen. Fragen über die Chaffri, über die Ren, über das Dungeon - und über die Gennine. Es gab so viele Fragen, die so
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