bK-Gruen, Sara
Waffen entsorgt waren und
die Fernbedienung wieder ihren Dienst tat, tatsächlich das Bier entdeckt, eine
kurze, fröhliche Orgie gefeiert und sich friedlich schlürfend I Love
Lucy angesehen. Mbongo war der Einzige, der sich ein zweites
Bier genehmigte. Er trug die Flasche zu seinem Sitzsack, ließ sich
hineinplumpsen, schlug die Beine übereinander, streckte die Wampe raus und
setzte die Flasche an die Lippen. Er saß da wie ein Verwandter auf Thanksgiving-Besuch,
der biertrinkend vor dem Fernseher sitzt und sich die Wartezeit auf den
Truthahn mit Football versüßt. Von dem Menschenaufruhr außerhalb ihrer vier
Wände ahnten die Bonobos nichts.
John
musste an das Schild denken, das Amanda und er auf dem Weg zu Ariels Hochzeit
entdeckt hatten: WAFFEN & WAFFELN. Faulks' Denkfehler hatte in der Annahme
bestanden, die Bonobos würden mit einer ähnlichen Zerrissenheit kämpfen wie
die Menschen - als wären sie halb Schimpanse und halb Bonobo und als könne man
nie wissen, welcher Teil an die Oberfläche treten würde.
***
John
Thigpen sah mitgenommen aus. Außerdem hatte er sich eine geschlagene Stunde
verspätet, was Isabel wunderte, denn am Telefon hatte er so erfreut geklungen,
von ihr zu hören.
«Hallo»,
sagte sie und machte ihm auf. «Ich dachte schon, Sie kommen nicht mehr.»
Er warf
einen Blick auf die Uhr und wirkte aufrichtig überrascht. «Das tut mir leid»,
sagte er. «Die Nacht war anstrengend. Und der Morgen auch.» Als er verlegen im
Türrahmen stehen blieb, fiel Isabel auf, dass sie ihn nicht hereingebeten
hatte. Es war ein seltsames Gefühl, einen Mann in ihr Hotelzimmer zu bitten.
«Kommen
Sie rein», sagte sie. «Bitte. Nehmen Sie doch Platz.» Er ging zum Sofa, und sie
sah, wie sein Blick sich aufhellte, als er den Tankstellenbeleg mit seiner
Telefonnummer entdeckte.
Isabel
machte die Tür zu, blieb jedoch stehen und wand die Finger. «Möchten Sie
Kaffee? Ich habe eine kleine Maschine hier.»
«Nein
danke.»
Isabel
drehte den Schreibtischstuhl in Richtung Couch und setzte sich. John starrte
sie an. Bestimmt schockierte ihn ihr Anblick. Sie drehte ihm das Profil zu.
«Sehen Sie?», sagte sie und fuhr sich mit dem Finger über den Nasenrücken. «Ist
nicht schlecht gemacht. Es ist nur leider nicht meine Nase. Tja, oder wahrscheinlich
doch, wenn man's genau nimmt, leider.»
Thigpen
blinzelte ein paarmal und fuhr sich verlegen mit den Fingern durchs Haar,
sodass es stachelig zu Berge stand.
«Gott,
tut mir leid. Ich wollte Sie nicht anstarren. Ich fürchte, ich bin heute nicht
ganz auf der Höhe.»
«Schon
gut», sagte sie.
«Könnte
ich doch Kaffee bekommen? Falls es Ihnen nichts ausmacht?»
«Nein,
sehr gern», sagte sie. Isabel war dankbar für die Entschuldigung, das Zimmer
verlassen zu können. Sie stand vor dem Badezimmerspiegel und wartete darauf,
dass der Kaffee durchlief. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie das Gefühl
gehabt, sie hätten einen guten Draht zueinander. Heute fühlte es sich
verkrampft und unbehaglich an. Machte sie einen Fehler? Die Kaffeemaschine
beendete blubbernd und zischend ihre Arbeit.
«Milch?
Zucker?», rief sie hinüber.
«Nein
danke. Schwarz», antwortete er.
Sie
brachte ihm den Kaffee. Er umfasste die Tasse mit beiden Händen, blickte
hinein und holte tief Luft.
«Hören
Sie, Isabel. Ehe wir anfangen, muss ich etwas klarstellen.» Er zögerte und sah
zu ihr auf.
Isabels
Puls schlug schneller. Ihrer Erfahrung nach war diesen Worten noch nie etwas
Gutes gefolgt.
«Ich habe
bei Francesca De Rossi den Eindruck erweckt, ich würde für die L.A.
Times arbeiten. Aber das stimmt nicht. Ich arbeite für die Weekly
Times. Ich habe zwar nicht direkt gelogen, doch ich habe sie auch
nicht berichtigt, und das ist mir ausgesprochen peinlich. Die Weekly
Times ist ein Revolverblatt der übelsten Sorte, und obwohl ich
mich nach Kräften darum bemühe, wenigstens ein Minimum an journalistischer
Integrität zu wahren, habe ich keine Ahnung, in welchem Maße mir das gelingen
wird. Sagen wir so - seitens des Chefredakteurs habe ich Anweisung, pro Artikel
nicht häufiger als zweimal dreiköpfige Monsterbabys zu erwähnen, aber das ist
auch schon die einzige Einschränkung, der ich unterworfen bin.»
Er
presste die Lippen aufeinander und sah ihr in die Augen. Vielleicht hielt er
sogar die Luft an, so fahl wirkte seine Haut.
War das
alles? Er schämte sich für seinen Arbeitgeber? Isabel hätte vor Erleichterung
am liebsten gelacht, auch wenn sie
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