bK-Gruen, Sara
«Schwierig,
literarische Belletristik zu vermarkten ...», «Passt nicht in mein Profil
...», «Nehmen momentan keine neuen Klienten ...»John hob ein Blatt Papier auf,
das mit der beschrifteten Seite nach unten lag. Es handelte sich um eine
Anfrage von Amanda, die ihr mit einem riesigen, quer über das Blatt
gekritzelten roten NEIN zurückgeschickt worden war. Er stellte sich vor, wie
sie dastand, mit zitternden Fingern den Umschlag aufriss, den sie selbst
adressiert und mit ihrem Stempel versehen hatte, hoffend, dass dieses Mal,
dieses eine Mal, jemand geschrieben hatte: «Ja, schicken Sie das Manuskript,
ich möchte es gerne lesen», und stattdessen erwartete sie ... dies. Er ließ
das Blatt zurück auf den Boden fallen. Zorn wallte auf. Noch nie war er sich so
hilflos vorgekommen.
Die
Stimme seiner Schwiegermutter drang von irgendwo im Haus an sein Ohr, und John
riss sich zusammen. Er konnte nicht viel tun - selbst wenn das Zimmer
aufgeräumt wäre, könnte es nie ordentlich genug sein, um Fran zu genügen -,
doch er schob die Papierstapel zusammen, stopfte sie mitsamt dem Drucker in
den Kleiderschrank und trat in den Papierkorb, um den Inhalt
zusammenzupressen. Zu guter Letzt strich er die Tagesdecke glatt, an der noch
ein feiner Belag aus Katzenschuppen haftete.
Es gab
keine Möglichkeit, Amanda vor Fran zu retten, und da es alles nur schlimmer
machen würde, wenn er sich einmischte, verzog John sich ins Wohnzimmer: zu
Tim, dem Fernseher und einer Flasche Bushmills. Nach einer Weile robbte Fran
auf Händen und Knien herein, schrubbte Wand und Sockelleiste, klagte dabei zu
gleichen Teilen über ihre knackenden Knie und Amandas Haushaltsführung. Amanda
wischte halbherzig mit zusammengeknüllten angefeuchteten Papiertüchern nach.
Ihre Verfehlungen wogen schwer: Was war sie für eine Frau, dass sie ihr
Gästezimmer nicht in Ordnung hielt? Und warum hatte sie kein Schrankpapier in
der Küche? Fran versprach, welches zu besorgen, weil offensichtlich sei, dass
es Amanda nicht kümmerte, und woher sie das habe, das wisse Gott allein, denn
sie selbst sei eine gewissenhafte Hausfrau. Einmal machte John, als er sicher
war, dass Fran ihnen den Rücken zukehrte, mit der Hand eine Quasselbewegung.
Amanda antwortete, indem sie sich den Zeigefinger an die Schläfe hielt und
abdrückte.
Vom
Whiskey angenehm benommen, ließ John panierte Schweinekoteletts, mit Velveta
überbackene Kartoffeln und einen Berg fade grüne Bohnen über sich ergehen. Der
Caesar's Salad, der in Fertigdressing ertrank, war sorgsam von den knackigen
weißen Römersalatstücken befreit worden, die John am liebsten mochte. Fran
selbst vertilgte drei Viertel eines Korbs mit Aufbackbrötchen, während sie
Amanda ununterbrochen maßregelte: Sie müsse ihr Leben mal genauer unter die
Lupe nehmen. Sie werde ja nicht jünger, nicht wahr. Sie sei nun näher an
vierzig als an dreißig und habe noch keine nennenswerte Karriere oder Familie
vorzuweisen und es sei zwar in Ordnung, eins von beidem zu haben, aber Amanda
habe weder noch, falls ihr das entgangen sein sollte. Sie habe es mit dem
Bücherschreiben versucht, aber jetzt sei es Zeit, an die Zukunft zu denken. Wie
könne sie auch nur erwägen, ihren Mann zu verlassen und nach L. A. zu ziehen?
Sie werde als Kellnerin enden, jawohl, und sie sei zu alt, um so lange auf den
Füßen zu sein. Sie wisse doch, dass Krampfadern in der Familie lagen?
John
beobachtete erstaunt, wie Amanda sich höflich jamutternd durch den Angriff
lavierte.
Als Fran
aufstand, um den Tisch abzuräumen, erhob sich auch Amanda und sammelte still
die Teller ein. Tim Matthews tätschelte seinen Bauch, richtete sich auf und
tappte ins Wohnzimmer. Zum Fernseher. Gott segne ihn, dachte John und folgte
ihm in solcher Hast, dass er beinahe seinen Stuhl umstieß.
Als sie
allein im Schlafzimmer waren, fiel Amandas tapfere Fassade in sich zusammen.
«Das ist
unglaublich», sagte sie und warf sich aufs Bett. «Sie sind aus Fort Myers
. Wer schneit schon mal eben aus Fort Myers rein?»
«Haben
sie gesagt, wie lange sie bleiben?»
«Nein.»
Panik schwang in ihrer Stimme mit.
«Mein
Flug geht morgen früh. Kommst du zurecht?»
«Ich weiß
nicht.»
«Du warst
großartig heute Abend», sagte er. «Wie hast du das gemacht? Obwohl sie es
fertiggebracht hat, dauernd Streit zu provozieren.»
«Ich hab
nicht hingehört. Oder es zumindest versucht. Es ist schwierig. Ich weiß nicht,
wie lange ich das durchhalten kann. Sie
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