bK-Gruen, Sara
davor
stehen zu bleiben.
Die
Hotelbar war überfüllt, das Restaurant leer. Isabel schrieb das dem Umstand zu,
dass in Ersterer auf sämtlichen Bildschirmen Affenhaus lief, in Letzterem dagegen nicht.
Sie
setzte sich zwischen zwei bullige Männer auf den letzten freien Barhocker.
Beide Männer tranken Bier, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen. Die Bonobos
tollten im Hof auf ihrem neuen Klettergerüst herum. Mbongo kam mit einer
Erektion und zwei Orangen ins Freie. Bonzi näherte sich, rieb ihre Hüften an
ihm und verschwand mit den Früchten.
«Ich hab
sie da reingebracht», sagte der Mann zu Isabels Rechten.
Ihr war
nicht ganz klar, mit wem er redete, weil er immer noch starr geradeaus sah.
Seine Wangen waren so rot, dass sie fast schon verfärbt wirkten, und um die
Nase rankten sich lilafarbene Äderchen.
Als
niemand reagierte, fragte Isabel. «Wen? Die Affen?»
«Ganz
genau», sagte er. Er betrachtete seine Wurstfinger. «Mit meinem Gabelstapler.
Direkt da rein. Haben ganz schön Terror gemacht. Den Lieferantenjob hätt ich
auch kriegen können, aber meiner Frau - sie ist Rays Schwester - gefällt die
ganze Sache nicht. Sie meint, die Sendung kommt ihr zu Hause nicht in die
Kiste, und jetzt muss ich zum Glotzen extra hierher kommen.»
«Ach
wirklich?», fragte Isabel. «Was hat sie denn dagegen?»
«Na,
wegen dem ganzen anderen Kram, mit dem Ray zu tun hat.» Er warf ihr einen
kurzen Blick zu. Auf seinem Kartoffelgesicht lag ein überraschend jungenhafter,
fast schüchterner Ausdruck. Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. «Pornos. Er
arbeitet beim Film, für Ken Faulks. Er macht zwar nicht, Sie wissen schon, was,
aber er hilft auf dem Set. Macht die Spezialeffekte - Trockeneis, Pyrotechnik,
so Zeugs eben.»
Isabel
war dankbar dafür, dass sie sich morgens für die hübsche Mütze entschieden
hatte. Und Gott sei Dank hatte sie auch ihre Zahnprothese im Mund, was
allerdings nur dem Umstand zu verdanken war, dass sie am Vorabend versehentlich
damit eingeschlafen war. Isabel rutschte näher an ihn heran und schenkte ihm
ein strahlendes Lächeln.
***
Am Tag
des Bewerbungsgesprächs saß John geduscht und rasiert in der Küche und trank Kaffee,
die Krawatte über die Schulter geworfen.
Amanda
gesellte sich zu ihm. Sie trug ihren Bademantel und einen Handtuchturban auf
dem Kopf. Sie tappte herüber, schenkte sich Kaffee ein und wirkte bedrückt.
John
stellte die Tasse ab und ging zu ihr. «He», sagte er und streichelte ihr über
den Rücken. «Geht's dir gut?»
Sie
nickte. «Ja.» Dann setzte sie die Tasse ab und schüttelte sich. «Nein.
Eigentlich nicht. Ich habe schreckliche Angst. Die Vorstellung von Nadeln in
meinem Gesicht ist unerträglich. Was, wenn ich mich bewege und er abrutscht?»
«Dann
lass es nicht machen. Du musst es nicht tun. Dieser Typ ist ein Vollidiot.»
«Ja, kann
sein, aber er ist trotzdem der Produzent.» Sie holte tief Luft. «Nein. Schon
okay. Alle sagen, es ist überhaupt nicht schlimm.» Sie gab ihm einen Kuss,
flüchtig, nicht bei der Sache, und nahm die Tasse wieder zur Hand. «Viel Glück
bei deinem Gespräch.»
«Danke»,
sagte er und sah ihr hilflos nach, als sie in den Flur verschwand.
John
drückte die Tür mit der Hüfte auf und umklammerte den gewellten Pappbecher mit
der Double-Shot-Grande-Skinny-Latte. Er betrat die Lobby und blieb stehen, um
sich umzusehen. Was er sah, passte in keiner Weise zu dem, was er sich
vorgestellt hatte. Offensichtlich hatte jemand die Weekly
Times gekauft. Und es konnte nicht nur einer allein gewesen
sein.
Den
luftigen Empfangsbereich mit der sehr hohen Decke zierten diverse, im Halbkreis
arrangierte rote Ledersitzgruppen. Auf den glänzenden Glasplatten niedriger
Kirschholztischchen lag zu perfekten Fächern arrangiert die neueste Ausgabe
der Weekly Times. An beiden Seiten des gläsernen
Empfangstresens brannten in satinierten Glasvasen quadratische Kerzen, und
über die schwarze Schieferwand an der Stirnseite der Halle rieselte friedlich
ein Wasserfall. Darüber prangte in riesigen Lettern der Schriftzug der
Zeitschrift.
John
atmete in tiefen Zügen die parfümierte Luft ein und versuchte, sich zu sammeln.
Er kam direkt aus dem Coffee-Shop, wo er der Barista verwirrt seine Bestellung
entgegengestammelt hatte, weil er in Gedanken bei Amanda und ihrem mit Nadeln
gespickten Gesicht gewesen war. Am Ende hatte er zwar das richtige Getränk in
Händen gehalten; zusammen mit seinem Wechselgeld hatte John von der
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