BKA - Die Jaeger des Boesen

Auswertung der Informationen zur Gewinnung neuer nützlicher Erkenntnisse«, also für Analysen, und unterstützt von Wissenschaftlern oder Spezialisten aus der Wirtschaft. Die darauf basierende Strategie gegen das Organisierte Verbrechen hilft den operativen nationalen Ermittlern vor Ort.
    Übertragen aus einer auch hier gewöhnungsbedürftigen Amtssprache heißt das konkret: Alle aus den Mitgliedsstaaten in die Zentrale übermittelten Informationen sind zu sammeln, zu gewichten, zu analysieren. Aufgrund dieser Gewichtung werden Strategien entwickelt, wie sich Terroristen, Rauschgifthändler, Cyber Criminals, Falschgeldproduzenten, kurzum: kriminelle Organisationen, wirkungsvoll bekämpfen lassen. Ohne Fortschritte dank moderner Technik, ohne Rechner, ohne Datenautobahnen,
die Helmut Kohl, der die Idee zu EUROPOL hatte, damals noch für einen Teil des real existierenden Straßennetzes hielt, wäre dies unmöglich zu bewältigen Nicht verwunderlich also, dass es im Inneren von EUROPOL aussieht wie in irgendeinem normalen Bürogebäude, wo ebenfalls Frauen und Männer konzentriert auf die Bildschirme ihrer Computer starren.
    Bei einem großen Komplex miteinander in Verbindung stehender Straftaten, mit Hunderten von Einzeldelikten, muss eine kriminalpolizeiliche Schneise durch den Datendschungel geschlagen werden, müssen Cluster ermittelt werden, sonst sieht schon der zuständige Staatsanwalt den Wald vor lauter Bäumen nicht, geschweige denn später ein Richter. Einst bestand die Kunst des Ermittlers darin, eine Masse von Informationen im Kopf zu ordnen und zu reduzieren auf die Kerninhalte. Das schafften nur Meisterdetektive wie der Belgier Hercule Poirot oder der Engländer Sherlock Holmes oder der Franzose Maigret. Heute erledigt das der Rechner, und erst dann beginnt die Arbeit der Analysten. Seit 2002 koordiniert außerdem EUROJUST die Strafverfolgungsmaßnahmen der zuständigen Justizbehörden, womit oft zeitaufwendige Rechtshilfeersuchen bei der Vollstreckung von Haftbefehlen, speziell bei Menschenhandel, Terrorismus, Drogenschmuggel oder Geldwäsche, über Grenzen hinweg beschleunigt werden.
    Zum kriminalistischen Dienstleister EUROPOL gehören rund sechshundertfünfzig Bedienstete. Davon sind, was endlich mal meinen aus Filmen gespeicherten Bildern entspricht – denen von verführerisch schönen Frauen –, siebenunddreißig Prozent weiblich. Fast fünfhundert Euro-Fighter sind fest angestellt direkt bei der Behörde und müssen deshalb tun, was der Direktor anordnet, egal, woher sie kommen und woher der kommt. Die anderen nennen sich Europol Liaison Officers (ELO), Verbindungsbeamte aus den jeweiligen Staaten, und hören, zumindest theoretisch, nur auf Anweisungen aus ihrer Heimat. Ex-EUROPOL-Chef Max-Peter Ratzel: »Denen gegenüber war ich, und diese Regel gilt für jeden Direktor von EUROPOL, inhaltlich nicht zu Weisungen
befugt, nur bei verwaltungstechnischen Angelegenheiten wie Spesenabrechnungen, Sicherheitsvorschriften und Ähnlichem. Bei allem anderen musste ich die asken , also bitten, die fest angestellten Mitarbeiter dagegen konnte ich tasken und mit bestimmten Aufgaben beauftragen.«
    Wichtiger als diese Einschränkungen, die in der täglichen Arbeit keine wesentliche Rolle spielten, sei gewesen, allen immer wieder einzubläuen, dass sie mit Amtsantritt bei EUROPOL nicht mehr Belgier oder Italiener oder Franzosen oder Deutsche seien, sondern Europäer. Wer zu EUROPOL kommt, trägt in sich – was es wissenschaftlich betrachtet natürlich nicht gibt, man in dem Fall aber so bezeichnen dürfte – ein Gen, das zur internationalen Zusammenarbeit befähigt. Ein Kooperationsgen.
    Das Wort ist sperrig wie von Bürokraten erdacht, aber es umschreibt eine wesentliche Voraussetzung für alle Beamten, die sich bei EUROPOL bewerben. Sie müssen teamfähig sein. Das kann man lernen. Das kann man trainieren. Kommissar Robert Hauschild, ein in sich ruhendes Kraftpaket, in dessen Büro symbolisch für seine Zuständigkeiten ein heute nicht mehr funktionierender Apparat zur Herstellung synthetischer Drogen steht, der irgendwann mal bei technisch begabten Amateuren konfisziert wurde, besitzt dieses Gen. Er wollte nie etwas anderes werden als Polizist, hat aber früher als andere begriffen, dass in diesen Zeiten kein Land » alleine mehr einen internationalen Fall aufklären kann«, dass es auf strategische und operative Zusammenarbeit ankommt. Ich frage ihn dennoch nach seiner persönlichen Motivation. Er