BKA - Die Jaeger des Boesen
Gangster da, wo es ihnen wehtut.
Noch vor zehn Jahren, als der britische Verbindungsbeamte Wainwright erstmals zu EUROPOL delegiert wurde, war es eher die Ausnahme als die Regel, dass alle sachdienlichen Informationen über nationale Dunkelfelder der Kriminalität von Mitgliedsländern freiwillig nach Den Haag übermittelt wurden. Inzwischen ist der Transfer von lokalen, regionalen und nationalen
Ermittlungsergebnissen an die europäische Zentrale und von dort, mit Material aus der EUROPOL-Datenbank angereichert, zurück an alle Mitglieder selbstverständlicher geworden. Man hat voneinander gelernt und auch, einander zu vertrauen.
Nichts hatte Skeptiker besser überzeugen können als Erfolge, die es in den vergangenen Jahren durch Schritt für Schritt abgestimmte Zusammenarbeit mit nationalen Polizeibehörden nachweislich gab: Bei der Zerstörung eines riesigen Labors zur Herstellung synthetischer Drogen im fernen Island. Bei der Zerschlagung eines weltweit operierenden Rauschgiftrings in zwölf europäischen und fünf amerikanischen Staaten, wobei die verdeckten Ermittlungen unter Federführung des Bundeskriminalamtes fast drei Jahre dauerten. Bei der »Operation Bagdad« gegen eine im Irak verwurzelte Organisation von Menschenhändlern, die illegal Einwanderer aus China, Afghanistan, Bangladesch und der Türkei nach Westeuropa schmuggelte und deren Netzwerk durch den zeitgleichen Einsatz von tausenddreihundert Polizisten aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Norwegen, Schweden, Großbritannien, Luxemburg und Irland zerschnitten wurde. Bei der Aufdeckung einer weltweit auf Skimming von Kreditkarten und Geldautomaten spezialisierten Bande, strategisch geplant in Den Haag, vor Ort im Einsatz mehr als zweihundertfünfzig Polizisten aus sechs Ländern. Bei einem Rauschgiftdeal, der den Analysten in Den Haag aufgefallen war, mussten bis zum operativen Tag X die Ermittlungen von zwanzig Ländern unter strikter Geheimhaltung koordiniert werden. Das gelang. Hundertzehn Verdächtige wurden den nationalen Haftrichtern vorgeführt.
Im Prinzip gleichen Auftrag und Aufgaben von EUROPOL denen des BKA. Die Kriminalisten in Wiesbaden sind ebenfalls Sammler von Informationen, erstellen Analysen und geben ihre Erkenntnisse weiter an die Landeskriminalämter, so wie EUROPOL seine an die nationalen Jäger in den siebenundzwanzig Mitgliedsstaaten weiterreicht. Allerdings darf in bestimmten Fällen das BKA auch eigene und eigens ausgebildete Beamte operativ einsetzen. Das genau darf EUROPOL nicht.
Dass es ohne Datenspeicherung keine Chance gibt, die Ergebnisse neuer Ermittlungen mit anderen zu vergleichen, oder ohne die Datenbank von EUROPOL gar die aus verschiedenen europäischen Staaten, ist logisch. Die Vorteile einer zentralen Speicherung leuchteten im Laufe der Jahre deshalb auch jenen Polizisten ein, egal aus welcher Nation, die früher automatisch abwehrend reagierten. Oder wie es ein EUROPOL-Beamter in professioneller Gelassenheit mir gegenüber ausdrückte: Falls in der Presseverlautbarung über einen erfolgreichen Schlag gegen irgendeine Bande in irgendeinem Land das Wort EUROPOL gar nicht erst auftaucht, dann habe man einen doppelten Erfolg zu verzeichnen.
»We don’t take the credits and the headlines«, bezeichnet das in bester Tradition britischen Understatements Rob Wainwright. Über Erfolge nicht zu reden und sie stillschweigend zu genießen hat er geübt in den zwanzig Jahren, in denen er in den Bereichen Organisierte Kriminalität, Terrorismusabwehr und nachrichtendienstliche Analyse tätig war. Da gehört Schweigen zum Anforderungsprofil. Anfangs ermittelte er hauptsächlich gegen die IRA, dann gegen die international operierenden Terroristen von Al-Qaida und gegen alle Dunkelfelder des Serious Crime , des organisierten schweren Verbrechens. Als Polizist real auf Streife, also im operativen Einsatz auf der Straße, war der Kopf von EUROPOL nie. Seine Erfolge waren stets Kopfgeburten. Das erleichterte ihm die Tätigkeit in Den Haag, dem Hort der Köpfe, wo er bereits als Chef der britischen Abordnung eingesetzt war, bis er im April 2009 an die Spitze der Behörde berufen wurde.
Die Manpower der Polizeibehörden Europas wird da eingesetzt, wo die Kriminellen Europa angreifen. Fünf kriminelle Schwerpunkte, fünf Criminal Hubs , ergab die kriminologische Analyse aller Informationen, aller Fälle, aller Aktionen, aller Statistiken aus allen Mitgliedsstaaten. Wainwright ist ein kühler Analytiker, der aufbaut auf
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