BKA - Die Jaeger des Boesen
Distanz auch dann wahrt, wenn er lacht, durchaus vorstellen, dass in zehn Jahren EUROPOL noch mehr zu bieten haben könnte als die besten Daten, die besten Analysten, die besten Prognosen und ein Mobile Office, nämlich ein Mobiles Einsatzkommando mit entsprechend ausgebildeten Profis aus verschiedenen Ländern. » Wir haben aber schon heute ein starkes Mandat. Wir haben alle Talente. Wir bringen sie hier mit ihren Fähigkeiten zusammen. Wir schaffen so die besten Teams für die anfallenden Aufgaben. Wir holen aus allen das Beste heraus.«
Aber der Brite, erfahren im Kampf gegen Organisierte Kriminalität und Terroristen wie denen von der IRA, ist Realist. Er packt nur an, was Aussicht hat auf Erfolg. Seine Amtszeit dauert, so wie die eines jeden Direktors, vier Jahre. Wichtiger als die Vision FBI ist die Vision Europa. Alle Verbindungsbeamten, die während ihrer Zeit bei EUROPOL tagtäglich erlebt haben, was Europa im Kampf gegen moderne Kriminelle verwirklichen kann, sind nach der Rückkehr in ihre Heimatländer die besten Vertreter für den Europagedanken. Aus eigener Erfahrung können sie berichten, und bei besonderen Fällen mit nur einem Telefonanruf statt mit einem Rechtshilfeersuchen ihre internationalen Verbindungen aktivieren, die sie einst in Den Haag geknüpft haben.
Bei EUROPOL ist Europa sogar sichtbar verwirklicht. In der Eingangshalle hängen alle Fahnen der Mitgliedsstaaten. Es werden von Jahr zu Jahr mehr. Geeint im Kampf gegen das internationale Verbrechen, haben die Beamten hier besondere Fähigkeiten, die sie von normalen Polizisten unterscheiden – und die sind gefragt. Besser ausgebildet zu sein als andere ihres Berufes ist überhaupt die Bedingung, um in dieser Internationale von Ermittlern mitspielen zu dürfen. Dazu gehören auch Verbindungsbeamte der Behörden jener Länder, aus denen sie stammen. Im internen Sprachgebrauch heißen sie »Satelliten«, weil sie zwar innerhalb des Amtes arbeiten, aber angedockt sind an ihr nationales Mutterschiff und streng genommen ihre Weisungen nur von dem entgegennehmen. Zuständig für die Deutschen ist das Bundeskriminalamt.
Die Satelliten funken nach Hinweisen aus Wiesbaden aber ebenfalls direkt zu ihren Kollegen im Büro nebenan. Zum Beispiel einem aus Belgien. Falls der aus seiner Heimat bereits Ähnliches erfahren hat und eine Tür weiter der aus Dänemark feststellt, dass ein in Belgien aufgefallenes Autokennzeichen bei einem Überfall in Kopenhagen eine Rolle spielt, verlassen die Satelliten ihre Umlaufbahnen und tragen bei der nächsten Konferenz im großen Saal ihre Informationen vor. Max-Peter Ratzel, vier Jahre lang bis 2009 Direktor von EUROPOL, den viele in Den Haag anerkennend stöhnend als Workaholic in Erinnerung haben, der
oft bis Mitternacht in seinem Büro brütete, dann wenige Stunden schlief, anschließend joggte und am frühen Morgen wieder tatendurstig an seinem Schreibtisch saß, umschreibt das so: »Falls alle siebenundzwanzig Mitgliedsstaaten die Behörde konsequent mit Daten gespeist haben, dann wird aus einer einzelnen Anfrage an einen einzelnen Verbindungsbeamten ein Fall für alle.«
Bevor es EUROPOL gab, bevor der kleine Dienstweg auf dem Flur eine lange Reise mit dem Auto ersetzte, mussten nationale Ermittler an den Grenzen ihre Jagd einstellen, weil sie auf dem Gebiet des benachbarten Staates nicht tätig sein durften. Das wussten auch die Kriminellen. Mittlerweile sorgen die nationalen Verbindungsbeamten in der internationalen Behörde für Transparenz im Kampf gegen alle Arten von Verbrechen, darunter so widerliche wie sexuelle Gewalt gegen Kinder, wovon noch niemand sprach, als vor mehr als dreizehn Jahren der deutsche Bundeskanzler die Idee hatte zu einem europäischen FBI. Seinem Anstoß, auch wenn aus der Idee FBI nie das wurde, was Helmut Kohl aus dem Fernsehen kannte, ist es zu verdanken, dass nach vielen Gipfeltreffen und heftigem Streit um Sitz und Einfluss und Kompetenzen einer solchen Behörde EUROPOL entstand.
Einst gingen bei klassischen Grenzkontrollen den Fahndern viele kleine Fische aus dem kriminellen Milieu ins Netz, aber schon damals schlüpften die richtig großen Fische durch die Maschen. Aufgrund des SIRENE genannten Informationssystems der Schengen-Staaten sind viele von den Haien inzwischen identifiziert. Was nicht bedeutet, dass sie schon deshalb leichter zu fangen sind. Aber man kennt ihre Namen, man hat ihre Arbeitsweise und ihre Modi operandi gespeichert, kann ihre Handschrift selbst
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