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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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Appartements in Erftstadt-Liblar. Es handelte sich um ein Hochhaus in der Nähe der Autobahn, vierzehn Kilometer vom Tatort Köln entfernt. Sie und der Hausmeister gaben bei der örtlichen Polizei am 7. September, zwei Tage nach dem Attentat, eine Begegnung zu Protokoll. Die Frau, die ein paar Wochen zuvor im dritten Stock eine Wohnung gemietet hatte, habe die Kaution in Höhe von achthundert Mark bar aus ihrer Handtasche geholt. Dabei waren dem Hausmeister außerdem dicke Bündel mit Geldscheinen aufgefallen.
    Genau dieses Fernschreiben mit den beiden Aussagen blieb auf dem Dienstweg liegen, nachdem noch ein Beamter der Kölner »Soko 77« am 10. September den Eingang bestätigt hatte. Die Ermittler vom BKA dagegen hätten nur den Namen der verdächtigen Mieterin in ihre Datei eingeben müssen und wären dabei auf einen Decknamen gestoßen, den eine lange gesuchte RAF-Angehörige benutzte. Dann hätte Schleyer wahrscheinlich gerettet werden können, denn die Einsatzkommandos des BKA waren für genau solche Fälle einer Geiselbefreiung perfekt ausgebildet worden. Herold: »Wir wussten nicht, was wir wussten.«
    Am 12. September 1977 fuhr Herold wieder mal ins Bundeskanzleramt und trug den Stand der Ermittlungen und der Fahndung vor. Anwesend waren Bundeskanzler Helmut Schmidt, Justizminister Hans-Jochen Vogel, Innenminister Werner Maihofer, Kanzleramtschef Manfred Schüler und Regierungssprecher Klaus Bölling. Ein Tonband, besprochen von Hanns Martin Schleyer, gerichtet an den damaligen Oppositionsführer und seinen engen Freund Helmut Kohl, liegt auf dem Tisch. Wer das Band aus dem sogenannten Volksgefängnis abgeholt und an das Landeskriminalamt von Nordrhein-Westfalen weitergeleitet hat, weiß bis heute niemand. Herold glaubt bis heute, »dass von denen, die aktiv an der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers beteiligt waren, als Unterstützer, Sympathisanten, Helfer, allenfalls ein Drittel gefasst wurde, dass es aber noch viele andere geben muss, denn die Gefassten allein hätten eine solche Logistik nicht bewältigt«.
Zuletzt, kurz vor seinem Abschied, standen auf den durch beobachtende Fahndung erstellten Listen rund sechseinhalbtausend Namen von Unterstützern.
    Die Kassette wird abgespielt. Die Männer sind zwar überzeugt, dass Schleyer gezwungen wurde, zu sagen, was sie hören, aber für einen unter ihnen ist es dennoch wie eine Verurteilung. »Nachdem das BKA vor allem bei den vorbeugenden Maßnahmen eindeutig versagt hat, die Bundesregierung sich offenbar nicht zum Handeln entschließen kann, der Bundeskanzler […] ebenfalls keine Entscheidung trifft, ist es nunmehr Aufgabe der Opposition, die Verantwortlichkeiten klarzustellen und offenzulegen. Ich bin nicht bereit, lautlos aus diesem Leben abzutreten, um die Fehler der Regierung, der sie tragenden Parteien und die Unzulänglichkeit des von ihnen hochgejubelten BKA-Chefs zu decken«, lautet die Anklage. Herold wird bleich, will den Raum verlassen, aber Schmidt beruhigt ihn, hält ihn fest. Er weiß, dass sie keinen Besseren haben.
    Die Vergangenheit lässt ihn auch mehr als dreißig Jahre danach nicht los. Um mit ihr ins Gespräch zu kommen, muss Horst Herold nur ein paar Stufen in den Keller seines Bungalows steigen. Dort liegt sie systematisiert begraben in vielen Leitz-Ordnern oder abrufbar im Speicher seines Computers. Dass er sich aller Möglichkeiten des Internet spielend bedienen kann und sich hervorragend im World Wide Web auskennt in einem Alter – Herold ist Jahrgang 1923 –, in dem andere die Spinnweben auf Grabsteinen entfernen auf der Suche nach ihnen bekannten Namen, ist nicht überraschend. Er war immer ein Mann – und der ist er auch im Ruhestand geblieben –, der sich leidenschaftlich mit den Errungenschaften der Technik verbündete. Sowohl im Kampf gegen die Kriminalität als auch im für ihn ebenso alltäglichen gegen die Bürokratie.
    Die wurde repräsentiert durch die Innenminister der elf Bundesländer, die aufmerksam darauf achteten, dass niemand an ihrer originären Befehlsgewalt über die Polizei zu rütteln wagte. Schon gar nicht dieser ehrgeizige Jurist an der Spitze des Bundeskriminalamtes.

    Der gar nicht altersmilde Herold hat eine denkbar kurze treffende Erklärung dafür: »Viele Politiker betrachteten die Polizei als ›schimmernde Wehr‹ und als Instrument, das meinungslos zu parieren und zu funktionieren hat und auf Knopfdruck hin und her bewegt werden kann, gelenkt von eisenharten Männern. Eine

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