BKA - Die Jaeger des Boesen
Schrecken zu verbreiten.
Norwegen hat solche Stoppschilder. Da enden täglich rund zwanzigtausend Anfragen. In Deutschland dürften es auf entsprechenden Seiten pro Tag geschätzte dreihunderttausend Versuche sein, sich kinderpornografisches Material anzuschauen. Solche Hochrechnungen ergeben sich aus der Zahl der Klicks, die bei Providern registriert wurden, bis sie dann bestimmte Seiten vom Netz nahmen. Wer aber muss gegen die ermitteln, die sich durch ein Stoppschild nicht abschrecken lassen? Ließen sich auch mit Tag und Nacht laufenden Suchmaschinen die Websites des Schreckens ermitteln oder gar automatisch sperren oder löschen? Braucht es also nicht mehr Beamte beim BKA, sondern eine noch bessere neue Software, die zu entwickeln ich den Tüftlern zutraue, die ich in Wiesbaden getroffen habe?
Auf die ist auch Thomas de Maizière stolz, aber der kühle Jurist weiß, dass wir zunächst »eine klare gesetzliche Regelung für beides brauchen, fürs Löschen wie fürs Sperren«, so wie es auch die schwedische EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström fordert. Wirksame Bekämpfung dieser besonders widerlichen Kriminalität ist aber weder durch Sperren noch durch Löschen zu erreichen, das verhindert nur die Sicht aufs Material. Die eigentlichen Täter werden dann nicht erwischt. Vor allem weiß der Minister, dass ohne international verbindliche Regeln eine nationale Lösung Stückwerk bleibt, weil das Internet keine Grenzen kennt. Die FDP-Justizministerin, seine Kabinettskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, will lieber löschen statt sperren, weil sie fürchtet, dass Sperren leicht von technisch begabten Usern umgangen werden können.
Beide sind sich nicht einig, aber beiden gleichermaßen schlägt
lauter Protest und geballtes Misstrauen von Datenschützern und Providern entgegen, die fürchten, dass es nicht beim Sperren oder Löschen von Kinderpornografieseiten bleiben wird, sondern der Staat die Chance nutzen würde, peu à peu die Meinungsfreiheit im Netz insgesamt einzuschränken. Die Schwedin kontert, es gehe dabei nicht um Meinungsfreiheit, sondern um Organisierte Kriminalität, nicht um Zensur, sondern darum, »grausame Verbrechen« an Kindern zu verhindern. In zehn europäischen Staaten – darunter Italien, Großbritannien, die Niederlande, Schweden, Finnland, Dänemark, Frankreich – ist die in Deutschland so vehement geführte Debatte um Löschen oder Sperren und die Sorge vor anderen staatlichen Eingriffen längst entschieden. Der Zugang zu kinderpornografischen Seiten wurde gesperrt.
Dazu BKA-Präsident Jörg Ziercke: »Sperren wirken zwar abschreckend, weil alle, die sie umgehen, Spuren auf ihren PCs s hinterlassen, aber Netzsperren gegen im Rahmen von sogenannten Filesharing-Netzwerken ausgetauschtes Material mit Kinderpornografie sind wirkungslos.« Außerdem gelinge es zu oft nicht, in jene Communitys der Szene einzudringen, in denen sich die Sammler einschlägigen Materials finden und austauschen, was sie gehortet haben an Bildern, Fotos, Filmen. Sobald sie vermuten, dass ihnen die Polizei auf der Spur ist, wechseln sie blitzschnell auf einen anderen Server, wo sie sich bis auf Weiteres wieder sicher fühlen. Sperren ist also keine Alternative zum Löschen, sondern nur der Versuch, den Zugriff bis zur endgültigen Löschung wenigstens zu erschweren. Denn ein »Großteil der Kinderpornografie« im Internet wird über kommerzielle Webseiten verbreitet, und die Verantwortlichen würden nach Erkenntnissen des BKA Millionenbeträge kassieren.
Wenn eine einschlägige Seite von den Ermittlern in Wiesbaden entdeckt wird, geben sie zeitgleich alle Informationen darüber weiter an die internationalen Partner des BKA. Dass dennoch die Websites noch wochenlang weltweit im Netz verfügbar sind, ist nicht den Beamten in Wiesbaden anzukreiden. Eine Kritik an dem Referat des BKA, das hoch motiviert und engagiert
diesen belastenden Dienst verrichte, lässt ihr Chef Ziercke deshalb nicht zu. Die von seinen Beamten ermittelten Konsumenten von kinderpornografischem Material begehen »Menschenrechtsverletzung an einem Kind«, und jeder, der so etwas anklickt, nur mal aus Interesse anschaut, macht sich strafbar. Pro Jahr werden beim BKA »rund 1500 unterschiedliche Hinweise auf Internetseiten mit jeweils bis zu tausend kinderpornographischen Seiten« registriert.
Sobald die Nutzer auffliegen, sobald ihre Festplatten beschlagnahmt werden, sobald gegen sie Strafanzeige erstattet wird, sobald sie wissen, dass
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