BKA - Die Jaeger des Boesen
oder gar pädokriminelle Netzwerke auffliegen zu lassen. Streng untersagt ist ihnen – woran sie sich auch peinlich genau halten –, was verdeckte Ermittler auf anderen kriminellen Dunkelfeldern manchmal machen müssen: zur Tarnung bei einer Straftat dabei zu sein. In ihren Fällen wäre es nämlich die Bereitschaft, ebenfalls Bilder von sexuell missbrauchten Kindern zum Tausch anzubieten und zu versenden.
»Kinderpornografie im Internet«, stellte das BKA in einem entsprechenden Lagebericht fest, »ist ein Delikt von internationaler Dimension. Ländergrenzen verlieren zunehmend an Bedeutung – der Austausch von Daten über große Distanzen ist problemlos und in Sekundenschnelle möglich. Ein Umstand, der Strafverfolgungsbehörden in Deutschland und die in aller Welt vor enorme Herausforderungen stellt. Die Funktion des Bundeskriminalamtes als Nationales Zentralbüro der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) und als Nationale Stelle EUROPOL erlangt vor diesem Hintergrund besondere Bedeutung. Der Arbeitsbereich Kinderpornografie im BKA nimmt daher die Aufgabe eines Bindegliedes zwischen in- und ausländischen Strafverfolgungsbehörden sowie einer nationalen zentralen Auswerte-und Koordinierungsstelle für diese Behörden wahr.«
Ohne die selbstverständlichen Verbindungen zu EUROPOL, wohin das Bundeskriminalamt fünfzig Beamte delegiert hat, sind in Europa keine Erfolge gegen das internationale Verbrechertum denkbar. Ohne EUROPOL wäre das BKA ein gefesselter Riese.
Weil das Bundeskriminalamt gegen Kinderpornografie im Prinzip keine originäre Ermittlungszuständigkeit hat, geben die
Sammler vom Referat SO 12 in Fällen, in denen es aufgrund ihrer Recherchen im Netz gelingt, hinter einer anonymen IP-Adresse eine konkrete Person in Deutschland zu lokalisieren, die Informationen weiter an das für den Wohnort des Täters zuständige Landeskriminalamt. Die Beamten dort besorgen sich einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss und schlagen dann zu – und das sind die Fälle, in denen die Öffentlichkeit von einer erfolgreichen Razzia gegen Pädophile erfährt.
Solche Erfolge, die sich in den letzten Jahren häufen, vermitteln den Eindruck, dass aus dem Dunkelfeld »Sexueller Missbrauch von Kindern« dank polizeilicher Maßnahmen ein Hellfeld wird. In der Tat sind die Fälle von Kindesmissbrauch laut Statistik im vergangenen Jahr um ein Viertel gesunken, von knapp zwanzigtausend auf knapp fünfzehntausend. Diese Zahl sagt aber nichts aus über das gesellschaftliche Dunkelfeld. Die meisten Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder passieren nach wie vor in Familien, und ebenso gehört zur bitteren Wahrheit: Die Opfer werden immer jünger. Missbrauch von Kleinkindern hat um fünfzig Prozent zugenommen. Es betrifft ja sogar Babys. Die Gewaltbereitschaft ist gestiegen. Nicht nur Erwachsene, sondern auch strafunmündige Jugendliche gehören zu den Tätern.
Gibt es auch beim Kampf gegen Kinderpornografie etwas, was sich mit dem Begriff »Prävention« umschreiben ließe? Was auf anderen Gebieten der Kriminalität zum Beispiel die sichtbare Präsenz der Polizei ist, wodurch sie potenzielle Täter abschreckt? Präsenz im Internet ist nicht darstellbar. Darum wird Präsenz beim BKA umschrieben mit »anlassunabhängige Recherche«. Manchmal bleibt das BKA von Anfang bis zum Ende Herr des Verfahrens. Passiert nicht oft und nie im Alleingang, sondern in Absprache mit den Dienststellen der Bundesländer.
Noch einfacher ist die rechtliche Lage, wenn ein zuständiger Staatsanwalt nach einer erfolgreichen Razzia die Hauptverdächtigen als kriminelle Bande anklagen will – nicht als Einzeltäter – und deshalb das BKA beauftragt, die Ermittlungen zu leiten. Denn das Bundeskriminalamt ist zuständig, sobald es um kriminelle
Vereinigungen geht. So geschehen in Frankfurt, als neun Mitglieder und Betreiber eines internationalen Kinderpornografie-Rings vor Gericht standen, deren kriminelle Vereinigung in Sachen Kinderpornografie weltweit fünfhundert Mitglieder hatte. Sie selbst hatten in mindestens fünfunddreißig Fällen Kinder sexuell missbraucht und ihre diesbezüglichen Fotos zum Tausch angeboten.
Versierte Helfer, die immer wieder Tools entwickeln, sitzen in den Fachgruppen KI 2 und KI 21, den Technischen Entwicklungs-und Servicezentren Innovative Technologien, wofür es selbstverständlich auch eine Abkürzung gibt: TESIT. Unter ihnen sind Nerds und Internetfreaks, man könnte sie auch schlicht
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