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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Flur und ging mit nackten, schmutzigen Füßen über das Linoleum. Jedes Mal, wenn er auftrat, spürte er einen stechenden Schmerz in seinem Knöchel. Als er sich in der Küche hinsetzte, brutzelten bereits Eier in der Pfanne.
    »Ich weiß, warum Sie hier anklopfen«, sagte die Frau. »Aus demselben Grund wie all die anderen Männer auch.« Killian dachte, sie würde auf den Baum mit dem X zu sprechen kommen, doch das tat sie nicht. »Weil der Zug etwas langsamer fährt, wenn er die Weiche hier erreicht. Dann springt ihr runter, um nicht Arnold Choke in Northampton über den Weg zu laufen. Habe ich nicht recht? Sind Sie an der Weiche runtergesprungen?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Wegen Arnold Choke?«
    »Ja, Ma’am. Ich habe gehört, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen ist.«
    »Ach, der ist doch nur wegen seinem Namen in Verruf geraten. Arnold Choke ist für niemanden mehr eine Gefahr. Er ist alt und fett und fällt in Ohnmacht, wenn er euch hinterherrennen muss. Er rennt überhaupt nur gerne, wenn er hört, dass irgendwo ein Burger für zehn Cent zu bekommen ist.« Sie sah ihn scharf an. »Der Zug fährt mit dreißig Meilen durch die Weiche, er drosselt sein Tempo so gut wie gar nicht. Dort runterzuspringen ist weitaus gefährlicher, als bis zum Rangierbahnhof Northampton weiterzufahren.«
    »Ja, Ma’am.« Er rieb sich das linke Bein.
    »Ein schwangeres Mädchen ist letztes Jahr da runtergesprungen, direkt in einen Baum. Hat sich den Hals gebrochen.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Sie war mit ihrem Mann unterwegs. Erzählen Sie das weiter. Lassen Sie die Leute wissen, dass es besser ist, auf dem Zug zu bleiben, bis er anhält. Hier sind Ihre Eier. Möchten Sie Marmelade auf dem Toast?«
    »Wenn es Ihnen nicht zu viel Mühe macht, Ma’am. Vielen Dank, Ma’am! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie gut das riecht.«
    Den Pfannenwender in der Hand lehnte sie sich gegen die Küchentheke und sah ihm schweigend zu, wie er sich über das Essen hermachte.
    »Nun denn«, sagte sie schließlich, als er fertig war. »Ich mach Ihnen noch ein paar mehr.«
    »Nicht nötig, Ma’am. Das war genug.«
    »Sie wollen wirklich nichts mehr?«
    Er zögerte, wusste nicht, was er antworten sollte. Es war eine schwierige Frage.
    »Er will noch mehr«, entschied sie und schlug zwei weitere Eier in die Pfanne.
    »Seh ich so hungrig aus?«
    »Hungrig ist nicht das richtige Wort. Sie sehen aus wie ein Hund, der Abfalleimer durchwühlt, um etwas Essbares zu finden.« Sie stellte den Teller auf den Tisch.
    »Wenn ich dafür irgendeine Arbeit verrichten soll, Ma’am, mach ich das gern.«
    »Vielen Dank, aber hier gibt es nichts zu tun.«
    »Wär schön, wenn Ihnen etwas einfallen würde. Ich weiß wirklich zu schätzen, dass Sie mich in Ihre Küche gelassen haben. Wissen Sie, ich bin kein Nichtsnutz, ich arbeite gern.«
    »Wo kommen Sie her?«
    »Aus Missouri.«
    »Dachte ich mir doch, dass Sie aus dem Süden sind. Sie haben einen so lustigen Akzent. Und wo wollen Sie hin?«
    »Weiß ich nicht.«
    Sie stellte keine weiteren Fragen, sondern lehnte sich, den Bratenwender in der Hand, wieder an die Theke und sah ihm beim Essen zu. Nach einer Weile ging sie hinaus und ließ ihn in der Küche allein.
    Er blieb am Tisch sitzen, wusste nicht so recht, was er tun sollte. Während er noch darüber nachdachte, kam sie wieder zurück, in der einen Hand ein Paar schwarze Stiefel, in der anderen ein Paar schwarze Socken.
    »Ziehen Sie die mal an, ob sie Ihnen passen.«
    »Nein, Ma’am, das kann ich nicht annehmen.«
    »Und ob Sie das können. Probieren Sie schon. Ihre Füße sehen aus, als hätten Sie die richtige Größe.«
    Er zog die Socken an und schlüpfte in die Stiefel. Obwohl er beim linken Fuß äußerst vorsichtig war, spürte er einen starken Schmerz im Knöchel. Er verzog das Gesicht.
    »Ist irgendwas mit Ihrem Fuß nicht in Ordnung?«
    »Hab ihn umgeknickt.«
    »Als Sie bei der Weiche vom Zug gesprungen sind?«
    »Ja, Ma’am.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Da werden noch mehr sterben. Und das, weil sie Angst vor einem fetten alten Mann haben, der gerade noch sechs Zähne im Mund hat.«
    Die Stiefel waren ihm etwa eine Nummer zu groß. An der Innenseite hatten sie einen Reißverschluss. Das schwarze Leder war sauber und nur an den Spitzen ein wenig abgewetzt. Sie sahen aus, als wären sie kaum getragen.
    »Wie passen sie Ihnen?«
    »Gut. Aber ich kann das nicht annehmen. Die sind noch fast neu.«
    »Nun, ich kann nichts mit ihnen anfangen, und mein Mann

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