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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Als wir den Highway erreichten, dämmerte es bereits, und bis auf ein kaltes, blasses Leuchten im Westen war der Himmel fast ganz dunkel. Da erklärte sie mir, dass sie nach mir suchen würden.
    »Die Spielkartenleute«, sagte sie. »Königinnen und Könige. Sie sind so flach, das sie sich unter Türen hindurchschieben können. Sie kommen aus der anderen Richtung, vom See her. Und halten nach uns Ausschau. Sie möchten, dass wir woanders hinfahren. Wenn uns jemand entgegenkommt, musst du dich verstecken. Wir können dich vor ihnen nicht beschützen – nicht hier auf der Straße. Schnell, duck dich. Da kommt schon einer.«
    Ich streckte mich auf dem Rücksitz aus und sah zu, wie die Scheinwerfer eines Wagens, der uns entgegenkam, über die Decke glitten. Mir war nicht ganz klar, ob ich mitspielte oder es mir einfach nur bequem machte. Ich hatte schlechte Laune. Eigentlich hatte ich vorgehabt, bei meinem Freund Luke Redhill zu übernachten, um mit ihm bis spätabends Tischtennis zu spielen und fernzusehen – mit ihm und seiner älteren Schwester Jane (mit den tollen langen Beinen) und ihrer Freundin Melinda (die eine klasse Löwenmähne hatte). Aber als ich von der Schule nach Hause gekommen war, standen Koffer in der Einfahrt, und mein Vater packte gerade das Auto. Da erfuhr ich zum ersten Mal davon, dass wir die Nacht in der Hütte meines Großvaters am Big Cat Lake verbringen würden. Ich konnte auf meine Eltern nicht richtig wütend sein, dass sie mir das nicht vorher gesagt hatten, wahrscheinlich hatten sie selbst es auch nicht früher gewusst. Vermutlich hatten sie es erst beim Mittagessen beschlossen. Meine Eltern machten keine Pläne. Sie waren impulsiv, und obwohl sie mit mir einen dreizehnjährigen Sohn hatten, sahen sie darin keinen Grund, sich von ihren spontanen Einfällen abbringen zu lassen.
    »Warum könnt ihr mich denn nicht beschützen?«, fragte ich.
    »Weil es Dinge gibt, gegen die die Liebe einer Mutter und der Mut eines Vaters nicht ankommen«, sagte meine Mutter. »Außerdem, wer könnte es schon gegen sie aufnehmen? Du weißt doch über Spielkartenleute Bescheid. Sie sind überall und haben kleine goldene Beile und kleine silberne Schwerter. Ist dir denn noch nie aufgefallen, wie gut bewaffnet die Karten sind, die man beim Poker auf der Hand hat?«
    »Es ist kein Zufall, dass es bei den meisten Kartenspielen wie beim Kriegführen um Strategie geht«, sagte mein Vater. Er lenkte nur mit einer Hand. »Sie drehen sich immer um dieselbe Geschichte. Könige kämpfen bildlich gesprochen um Frauen und Reichtümer, weil es beides nun einmal nicht unbegrenzt gibt.«
    Meine Mutter sah mich über die Lehne ihres Sitzes hinweg mit ernstem Blick an. Ihre Augen leuchteten im Dunkeln.
    »Wir sitzen in der Tinte«, sagte sie. »Und zwar ziemlich tief.«
    »Alles klar«, sagte ich »Das hat sich schon vor einer ganzen Weile abgezeichnet. Zuerst haben wir dir nichts davon erzählt, weil wir dir keine Angst einjagen wollten. Aber jetzt musst du es wissen. Du hast ein Recht darauf. Wir – wie soll ich das sagen –, wir haben nämlich kein Geld mehr. Wegen den Spielkartenleuten. Sie haben gegen uns gearbeitet, durch sie sind unsere Aktien wertlos geworden und all unsere Ersparnisse in den Tiefen der Bürokratie verschwunden. Über die Arbeit deines Vaters haben sie die schlimmsten Sachen herumerzählt. Die widerlichen Einzelheiten will ich dir nicht zumuten. Wir haben Drohanrufe erhalten. Am helllichten Tag klingelt das Telefon, und jemand erklärt mir, was sie mir alles antun werden. Dir. Uns allen.«
    »Gestern Abend haben sie mir etwas in die Muschelsoße getan, und ich hab Dünnschiss bekommen«, sagte mein Vater. »Ich dachte, ich würde sterben. Und unsere Wäsche ist mit seltsamen weißen Flecken von der chemischen Reinigung zurückgekommen. Das waren auch sie.«
    Meine Mutter lachte. Jemand hat mir erzählt, dass Hunde unterschiedlich bellen können, je nachdem, was sie damit sagen wollen: Achtung – ein Eindringling, ich will spielen, ich muss pinkeln. Meine Mutter konnte auf verschiedene Arten lachen, und ich wusste immer genau, was es zu bedeuten hatte. Mit diesem verkrampften, rauen Gelächter reagierte sie auf Witze und Vorwürfe oder wenn sie bei einem Streich ertappt worden war.
    Ich lachte mit ihr und setzte mich auf. Das flaue Gefühl im Magen ließ nach. Ihre weit aufgerissenen Augen und ihre Ernsthaftigkeit hatten mich für einen Moment vergessen lassen, dass sie sich das alles nur

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