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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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nach. Die Kinder blieben zwei Schritte vor ihm stehen, atmeten schwer und warteten ab, was er tun würde. Er hob die Milz auf.
    Er rief: »Und los!«, und warf die Milz Klein-Bobby zu, der sie gekonnt fing und mit gesenktem Kopf auf Welby’s Super Drug zustürmte, dicht gefolgt von seinen Spielkameraden.
    Als Bobby sich umdrehte, um einen verstohlenen Blick auf Harriet zu werfen, sah er, dass sie die Handflächen fest auf die Knie gepresst hatte und ihn beobachtete. Er wartete darauf, dass sie sich abwandte, was sie aber nicht tat, und schließlich nahm er das als Einladung, sich ihr wieder zu nähern.
    Also ging er zum Brunnen hinüber und setzte sich neben sie. Er überlegte noch, wie er seine Entschuldigung formulieren sollte, aber sie kam ihm zuvor.
    »Ich hab dir oft geschrieben. Aber du hast mir irgendwann nicht mehr geantwortet«, sagte sie. Ihre bloßen Füße rangen wieder miteinander.
    »Ich finde es schrecklich, wie sich dein rechter Fuß benimmt«, sagte er. »Warum kann er deinen linken Fuß nicht in Ruhe lassen?« Aber sie hörte ihm gar nicht zu.
    »Es war nicht wichtig.« Ihre Stimme klang heiser und gepresst. Die Maske bestand aus Ölschminke, und trotz der Tränen war sie noch nicht verlaufen. »Ich war nicht wütend. Ich wusste nur, dass eine Beziehung nicht infrage kommen würde, wenn du nur über Weihnachten zu Hause bist.« Sie schluckte schwer. »Ich hab wirklich geglaubt, dass du irgendwo bei einer Comedyshow unterkommst. Bei dem Gedanken, dass ich dich irgendwann im Fernsehen sehen würde, wo die Leute über deine Witze lachen, musste ich immer breit grinsen. Die Vorstellung ließ mich manchmal einen ganzen Nachmittag auf Wolken gehen. Ich weiß wirklich nicht, was um alles in der Welt dich nach Monroeville zurückgetrieben hat.«
    Dabei hatte er doch längst erklärt, warum er wieder bei seinen Eltern wohnte, in seinem Zimmer über der Garage. Dean hatte ihn beim Essen gefragt, und er hatte ehrlich geantwortet.
    Letztes Frühjahr war er an einem Donnerstagabend in einem Club namens Nobody Move aufgetreten, als einer der ersten Nummern. Er hatte seine üblichen zwanzig Minuten abgespult, und die Leute hatten sogar gelacht. Zwar waren sie nicht völlig aus dem Häuschen gewesen, aber immerhin hatten sie geklatscht, als er von der Bühne gegangen war. Danach hatte er sich einen Platz an der Bar gesucht, um noch ein paar der anderen Auftritte anzuhören, und gerade als er gehen wollte, war Robin Williams auf die Bühne gesprungen. Er war wegen Saturday Night Live in der Stadt, zog durch die Clubs und probierte Sketche aus. Also blieb Bobby auf seinem Barhocker sitzen und hörte zu, während ihm das Herz bis zum Hals hinaufschlug.
    Er konnte Harriet nicht erklären, warum das, was er da gesehen hatte, ihn so stark beeindruckte. An einem Tisch sah er einen Mann, der sich so sehr mit einer Hand an der Tischplatte und mit der anderen in dem Oberschenkel seiner Begleiterin festkrallte, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er hatte sich vorgebeugt, und ihm liefen die Tränen aus den Augen. Er bekam keine Luft mehr. Er lachte nicht, er stieß verzweifelte, krächzende Laute aus. Das war Komik bis an die Schmerzgrenze! Der erstickende Mann schüttelte den Kopf hin und her, fuchtelte wild in der Luft herum Brauerei zum Stadtpark – Halt! Bitte hör auf, ich kann nicht mehr, tu mir das nicht an. Robin Williams bemerkte ihn, unterbrach einen Diskurs zum Thema Onanie und brüllte: »Du da! Ja, dich meine ich, du Wichser! Du bekommst eine kostenlose Eintrittskarte zu allen meinen Auftritten bis ans Ende meines Lebens!« Was dann folgte, war kein Gelächter, kein Applaus. Es war ein tiefes, tosendes Grollen der Begeisterung, ein Geräusch so gewaltig, dass man es mehr spürte, als hörte, und es brachte Bobbys Brustkorb zum Schwingen.
    Bobby selbst hatte nicht ein einziges Mal gelacht, und als er ging, revoltierte sein Magen. Er stapfte schwerfüßig über den Bürgersteig – seine Beine fühlten sich an, als gehörten sie gar nicht zu ihm. Es dauerte eine ganze Weile, bis er den Weg nach Hause fand. Als er schließlich seine Wohnung betrat, setzte er sich auf die Bettkante, zog die Hosenträger aus und knöpfte sein Hemd auf. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, dass es hoffnungslos war. Und nichts von alldem konnte er Harriet erzählen. Was er damals begriffen hatte, ließ sich nicht in Worte fassen.
    Er sah etwas in ihrer Hand aufblitzen. Sie klapperte mit ein paar Vierteldollarmünzen.
    »Willst du

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