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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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sein. Ich hatte bereits eine ganze Menge nicht-phantastischer Erzählungen geschrieben – Storys über unglückliche Familien, die sich mit alltäglichen Problemen herumschlagen und schließlich mit schwer erkämpften Epiphanien belohnt werden. Wie sehr ich auch an diesen Texten feilte, richtig zufrieden war ich nie. Sie waren nicht lebensecht, lösten weder Überraschung noch Begeisterung aus, wie es die Kurzgeschichten von Ethan Canin, Richard Bausch oder Tobias Wolff tun. Mir wurde klar, dass ich einfach nicht genug darüber wusste, wie man eine Kurzgeschichte schrieb. Also wandte ich mich Bernard Malamud, einem Meister der Gattung, zu. Ich verbrachte einen ganzen Sommer damit, sämtliche Erzählungen von ihm zu lesen, und war insbesondere von »Der Judenvogel«, einer phantastischen Geschichte, die sich wie eine Kreuzung zwischen Isaac Bashevis Singer und Tom & Jerry liest, beeindruckt. Dann las ich einen Essay von Malamud mit dem Titel »Warum Fantasy?« und fragte mich »Ja, warum nicht?«. Ein paar Tage später dachte ich über den Begriff »Pop Art« nach und bemerkte, dass es sich, je nachdem aus welcher Perspektive man das Ganze betrachtet, um ein Wortspiel handelt. Darauf schrieb ich die Geschichte, die erste, bei der ich das Gefühl hatte, dass sie wirklich originell ist. Ich habe sie umgehend an eine Anthologie mit jüdischen Erzählungen verkauft, die dem magischem Realismus zuzurechnen sind, und in Besprechungen wurde »Pop Art« oft als eine der herausragenden Storys dieses Bandes gelobt. Kein Wunder also, dass ich daraufhin wieder haufenweise langweilige naturalistische Geschichten verfasste und nahezu zwei Jahre lang keine mehr verkaufen konnte – was einmal mehr zeigt, dass manche Leute eben nur auf die harte Tour weiterkommen.
Der Gesang der Heuschrecken
    Malamud hat es vorgemacht, und ich bin ihm den ganzen weiten Weg zurück zu Kafka gefolgt. Gregor Samsa, von seinem entsetzlichen Zustand ebenso überwältigt wie von Einsamkeit und Entfremdung, gibt schließlich auf und verendet wie eine Küchenschabe, die unter einem Glas gefangen ist. Dabei lassen sich viele Insekten gar nicht so leicht unterkriegen. In Florida bin ich einmal barfuß in einen Ameisenhügel getreten – rote Ameisen wohlgemerkt. Autsch! Wenn Sie in der Wildnis herumlatschen möchten, empfehle ich Ihnen Sandalen.
Abrahams Söhne
    Manchmal bin ich es leid, über meine eigenen Figuren nachzugrübeln. Dann stelle ich mir vor, wie toll es wäre, mit den Figuren anderer Autoren auf eine Spritztour zu gehen. Aber wenn ich, was selten geschieht, einmal wirklich die Gelegenheit dazu habe, schrecke ich meistens davor zurück und jammere, dass ich doch lieber über meine eigenen Protagonisten schreibe. Als Marvel mich bat, über Spider-Man zu schreiben, habe ich ein Comicscript über drei Dummköpfe abgeliefert, die Spidey in ihrer Reality-Show nachmachen. Und als ich die Gelegenheit hatte, über Van Helsing zu schreiben, habe ich mir stattdessen eine Story über seine amerikanisierten Söhne ausgedacht, obwohl der alte Herr trotzdem einen recht beeindruckenden Auftritt hat. Wieso hat es den Doktor bloß nach Amerika verschlagen? Ganz einfach: Ich war noch nie in Siebenbürgen, und über das Wien der Jahrhundertwende weiß ich nur, dass die Mädchen weite Unterröcke trugen und Freud Zigarren rauchte. Und hätte ich versucht, den Schauplatz nach London zu verlegen, wäre mir das Ganze zu einer entsetzlichen Sherlock-Holmes-Persiflage geraten: Meine Figuren wären im Nebel herumgerannt, hätten dauernd »durchaus, durchaus« und »Gott schütze die Königin« gerufen, sich gegenseitig die Pfeifen gestopft – und dergleichen Unfug mehr.
Besser als zu Hause
    ist die einzige Erzählung in diesem Band, die ich vor »Pop Art« geschrieben habe, und damals wusste ich noch nicht, dass sie die erste in meiner kleinen Baseball-Trilogie sein würde. Ich neige dazu, mich an Vaterfiguren zu klammern, die ich aus der Ferne verehren kann. Als ich diese Story schrieb, war das Jimy Williams, dem es fast gelungen wäre, die Red Sox – eine damals wirklich jämmerliche Baseballmannschaft – mit List und Tücke (und einer Hand vorn in der Hose) bis in die Play-offs zu führen. Der Trainer in der Geschichte ist nicht Jimy, und auch nicht Lou Pinella, der für seine Zornausbrüche berühmt war, sondern ein Phantasiegeschöpf. Allerdings habe ich von diesen beiden viel darüber gelernt, wie sich der Trainer einer Major-League-Mannschaft auf dem Spielfeld

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