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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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einen Daumen und da, wo sonst die Finger sind, einen wulstigen Ballen; es hatte Jahre gedauert, bis ihm ein Lehrer beigebracht hatte, leserlich mit einem Wachsstift zu schreiben. Aus naheliegenden Gründen waren auch Blasinstrumente ausgeschlossen – Art hatte keine Lungen. Er versuchte sich mit Schlagzeug, konnte jedoch nicht kräftig genug schlagen.
    Seine Mutter kaufte ihm eine Digitalkamera. »Mach mit Farben Musik«, sagte sie. »Mach aus Licht Musik.«
    Mrs. Roth überfiel einen dauernd mit solchen Sätzen. Sie redete über das Einssein mit der Welt und den Menschen, über die natürliche Anständigkeit von Bäumen, darüber, dass es nicht genügend Menschen gebe, die dankbar für den Geruch von geschnittenem Gras waren. Und Art erzählte mir, dass sie ihn über mich ausfragte, wenn ich nicht da war. Sie machte sich um mich Sorgen. Dass ich kein Betätigungsfeld für mein kreatives Ego hätte. Dass ich etwas bräuchte, das mein inneres Ich fütterte. Sie schenkte mir ein Buch über Origami, und ich hatte nicht mal Geburtstag.
    »Ich wusste gar nicht, dass mein inneres Ich Hunger hat«, sagte ich zu Art.
     
    Das kommt daher, weil es schon verhungert ist,
     
    schrieb er.
    Arts Mutter war entsetzt, als sie hörte, dass ich nicht religiös war. Mein Vater ging nicht mit mir in die Kirche und schickte mich auch nicht zur Sonntagsschule. Er sagte, Religion sei Beschiss. Mrs. Roth war zu höflich, um in meiner Gegenwart meinen Vater zu kritisieren, aber sie sagte Art, dass, wenn mein Vater mein körperliches Wohl so vernachlässigen würde wie mein geistiges, säße er längst im Gefängnis und ich im Heim. Sie sagte Art auch, dass sie mich, würde man mich ins Heim stecken wollen, adoptieren würde und ich im Gästezimmer wohnen könnte. Ich liebte sie. Jedes Mal, wenn sie mich fragte, ob ich ein Glas Limonade möchte, machte mein Herz einen Sprung. Ich hätte alles getan, worum sie mich gebeten hätte.
    »Deine Mom ist ein Idiot«, sagte ich zu Art. »Ich hoffe, das ist dir klar. Es gibt kein Einssein. Jeder steht für sich allein. Jeder, der glaubt, dass wir alle Brüder im Geiste sind, der landet in der Pause unter Cassius Delamitris Fettarsch und kann an seiner Turnhose schnüffeln.«
    Mrs. Roth wollte mich in die Synagoge mitnehmen – nicht um mich zu bekehren, sondern als eine Art erzieherische Maßnahme, um mich mit einer anderen Kultur bekannt zu machen, so was. Doch Arts Vater setzte der Sache einen Riegel vor. Kommt gar nicht infrage, sagte er, nicht unsere Sache, ob sie jetzt völlig verrückt geworden sei? Sie hatte an der hinteren Stoßstange ihres Wagens einen Aufkleber mit dem Davidstern und dem Wort STOLZ und einem leuchtenden Ausrufezeichen daneben.
    »Du, Art«, sagte ich ein andermal. »Ich hab da mal eine jüdische Frage. Du und deine Familie, ihr seid doch so Juden von der harten Sorte, oder?«
     
    Na ja, ich weiß nicht, hart würde ich nicht gerade sagen. Eigentlich sind wir sogar ziemlich lax. Wir gehen zur Synagoge, wir beachten die Feiertage – so was eben.
     
    »Aber ich dachte, ihr Juden müsst euch den Pimmel beschnippeln lassen«, sagte ich und griff mir zwischen die Beine. »Wegen dem Glauben. Erklär mir mal …«
    Aber Art schrieb schon.
     
    Ich nicht. Ich bin darum herumgekommen. Meine Eltern waren mit einem fortschrittlichen Rabbi befreundet. Gleich nach meiner Geburt haben sie mit ihm darüber geredet. Um rauszufinden, was die offizielle Haltung ist.
     
    »Und, was hat er gesagt?«
     
    Dass die offizielle Haltung ist, bei jedem eine Ausnahme zu machen, der im Zuge der Beschneidung explodieren würde. Meine Eltern dachten, er macht Witze, aber später stellte meine Mom ihre eigenen Nachforschungen an. Nach dem, was sie rausgefunden hat, bin ich aus dem Schneider – talmudmäßig. Mom sagt, dass die Vorhaut eben aus Haut sein muss. Und wenn sie das nicht ist, dann muss sie auch nicht beschnitten werden.
     
    »Komisch. Und ich hab immer gedacht, deine Mutter weiß gar nicht, was das ist, ein Schwanz. Und jetzt stellt sich raus, dass sie sogar Expertin auf dem Gebiet ist. Hätte ich nie gedacht. Hey, wenn sie wieder mal ein paar Nachforschungen anstellen will – ich hab da ein ziemlich außergewöhnliches Exemplar anzubieten.«
    Art schrieb, dass sie sich dafür ja ein Mikroskop anschaffen müsste, und ich erwiderte, dass sie erst mal ein paar Meter zurücktreten müsste, bevor ich meine Hose aufmachte, und so weiter – den Rest unserer Unterhaltung könnt ihr euch ja

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