Black Cats 01. Was kostet der Tod
weiter, trat in den Schatten, den das Blätterdach eines gewaltigen Baumes warf, und blickte zur Seite. »Ja.«
»Tut mir leid.«
»Mir auch.«
»Weißt du, wahrscheinlich hilft dir das nicht weiter, aber ganz ehrlich: Ich hätte damals lieber eine Teilzeit-Mama gehabt als gar keine. Ich weiß, dass die Zeit, die du mit ihm verbringst, nicht ausreicht, aber sie ist wirklich wichtig.«
Er schwieg, und Stacey bereute ihre Worte sofort. Sie war keine von denen, die das Gespräch immer wieder auf sich selbst brachten. Solche Leute konnte sie nicht ausstehen. Trotzdem hatte sie gerade genau dasselbe getan: Sie hatte seine Trauer über seine frisch geschiedene Ehe und deren Auswirkung auf seinen Sohn benutzt, um ihr eigenes Kindheitsdrama anzusprechen.
»Das hätte ich nicht sagen sollen.«
»Schon gut«, antwortete er und sah sie ruhig und nachdenklich an. »Eigentlich hast du recht.«
Stacey stellte fest, dass sie einen Schritt weitergekommen waren. Sie waren keine Fremden mehr, die sich unerwarteterweise zueinander hingezogen fühlten. Vor nicht einmal 48 Stunden hatten sie die ersten Worte miteinander gewechselt, und jetzt waren sie bereits an einem Punkt angelangt, an dem sie Geheimnisse miteinander teilten und sich gegenseitig ihre Verletzungen offenbarten. Und sie hatten diesen Punkt bereits überschritten.
Inmitten der Stille dieses Morgens, in der es sogar die Vögel wegen der Hitze aufgegeben hatten zu zwitschern, begegneten sich ihre Blicke. Worte drängten sich Staceys Kehle hinauf – eine Einladung zum Abendessen, zu einem Drink, zu einem gemeinsamen Feierabendbier.
»Ich glaube, wir sollten mal weitermachen«, brummte Dean, bevor sie irgendetwas sagen konnte.
»Ja, klar.«
Er sah auf seine Uhr. »Vielleicht wäre es aber auch ein guter Zeitpunkt, sich erst noch mal mit den anderen abzusprechen. Möglicherweise haben sie etwas gefunden.«
In dem Fall hätte Stacey wahrscheinlich die Rufe ihrer Männer gehört, die den Quadranten vierhundert Meter weiter absuchten. Aber darauf wies sie ihn nicht hin.
»Ich könnte sowieso was zu trinken brauchen«, sagte sie.
Taggert griff nach seinem Funkgerät und hörte sich einen kurzen Bericht von Special Agent Stokes an. Das gab Stacey die Gelegenheit, sich ein bisschen zu sammeln. Und sich an all die Gründe zu erinnern, warum sie sich nicht noch weiter in ausgerechnet diesen FBI -Agenten vergucken sollte.
Er führte ein gefährliches Leben und hatte einen düsteren und grausamen Job. Er war frisch geschieden und hatte ein Kind. Er lebte in einer Welt, die sie mit Absicht hinter sich gelassen hatte, als sie von Roanoke hierher zurückgekehrt war.
Aber nichts davon konnte ihr Interesse an ihm schmälern, diese schiere, Funken sprühende Anziehungskraft, die sie verspürte, wann immer sie ihn ansah. Stattdessen ließ sie sich wieder und wieder durch den Kopf gehen, was sie bereits von ihm wusste und was sie an ihm mochte.
Er war stark und zielstrebig. Sogar ein bisschen eigensinnig. So wie sie.
Das, was er tat, machte er gut, und er ließ sich durch nichts daran hindern, seine Arbeit mit vollem Einsatz zu erledigen. So wie sie.
Er war klug. Handelte instinktiv. Und tief in seinem Innern, unter all der Schroffheit und dem Gehabe, hatte er sowohl Sinn für Humor als auch ein warmes Herz. Letzteres kam zu den abwegigsten Gelegenheiten zum Vorschein – zum Beispiel, als er ihr einen Kaugummi zuwarf oder als er sie davon abhalten wollte, sich das Video von Lisas Tod anzuschauen. Sogar vorhin, als er ihre Bemerkung über seinen Sohn dankbar aufgenommen hatte.
Oh ja, Dean Taggert hatte mehr Tiefgang, als sie gedacht hatte.
Und abgesehen von alledem war er unglaublich männlich, unglaublich stark … unglaublich muskulös. Unglaublich sexy.
Diese Feststellung brach ihren letzten Widerstand. Denn obwohl es sie störte, dass er diese Düsterkeit in ihre schöne, sichere, geborgene Welt gebracht hatte, konnte sie nicht leugnen, dass sie ihn begehrte. Das war alles, sie wollte ganz einfach mit ihm ins Bett.
Es war lange her, dass sie einen Mann so wahrgenommen hatte. Noch länger, dass sie sich selbst so sehr als Frau wahrgenommen hatte. Dass das ausgerechnet jetzt passierte, während sie mit diesem grausigen Fall beschäftigt waren, war noch verwirrender. Vor nicht einmal zwei Minuten, mitten in diesem Albtraum, hatte sie mit einem Mann ein so vertrautes Gespräch geführt, wie es schon seit Jahren nicht mehr vorgekommen war.
Kein Zweifel, die
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