Black Cats 01. Was kostet der Tod
aus Macht der Gewohnheit langsam seine schmerzenden Gelenke streckte und massierte. Schließlich blickte er auf einen Punkt in den Wäldern, die dem Haus gegenüberlagen, und murmelte: »Glaubst du, dass sie recht haben? Dass jemand aus unserer Gegend Lisa und diese anderen Frauen ermordet hat?«
Ja, das glaubte sie. Innerlich hatte sie akzeptiert, dass diese Annahme höchstwahrscheinlich zutraf. Aber verflucht, es tat weh, es laut auszusprechen – besonders gegenüber jemandem, der diese Stadt so sehr liebte. Sie konnte ihn jedoch nicht anlügen; das hatte sie noch nie gekonnt. Also nickte sie. »Ja, das tu ich.«
Er schloss die Augen, und ein kleines, leises Schaudern durchfuhr ihn. Die Tasse in seiner Hand erzitterte. Stacey griff nach ihr, da sie befürchtete, dass seine armen, gequälten Finger sie nicht mehr würden halten können und ihm der heiße Kaffee über den Schoß kippen würde.
Aber er wedelte ihre Hand beiseite und stellte die Tasse selbst auf einem kleinen Tischchen ab. »Mir geht es gut. Aber … ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so etwas über Hope Valley hören würde.«
»Ich auch nicht.«
»Ich habe einmal in einem Mordfall ermittelt, weißt du. Das ist über zwanzig Jahre her. Und da waren ausgerechnet zwei Burschen drin verwickelt, die sich an einem Samstagabend draußen in Dicks Taverne gezofft hatten.« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Manchmal denke ich, der Blitz hätte längst in diese Hütte fahren und sie niederbrennen sollen, so viel Ärger, wie es dort ständig gibt.«
Stacey hatte davon nichts gewusst, aber die Ansicht ihres Vaters über diese Krawallbude überraschte sie kaum. Dicks Taverne hatte ihr schon viele Wochenenden verdorben, seit sie das Amt des Sheriffs angetreten hatte, und davor war es ihm ebenso ergangen.
»Hast du jemand Bestimmtes im Sinn? Einen dieser Taugenichtse, mit denen sie zusammen war? Ich habe gehört, dass sie mit einem Ex-Knacki ausging, so einem Rocker.«
»Der war gerade für ein paar Monate in Georgia im Gefängnis, als sie verschwand«, antwortete Stacey, die diese Spur schon damals überprüft hatte, gleich nachdem Winnie Lisa als vermisst gemeldet hatte.
»Wenn es noch andere Fälle gibt, von denen du mir nichts erzählt hast, nehme ich an, dass es jemand sein muss, der die Stadt verlassen kann, ohne Aufsehen zu erregen.«
»Wahrscheinlich, obwohl ich glaube, dass die anderen Tatorte alle innerhalb weniger Stunden Fahrt von hier zu erreichen waren.« Der Sensenmann hatte seine abscheulichen Taten in den meisten Fällen während einer einzigen Nacht vollbracht.
»Trotzdem, so viele nächtliche Touren – für einen Familienvater ist es nicht so einfach, nachts nicht zu Hause zu sein, es sei denn, er hätte einen Grund dafür. Nachtarbeit oder einen Job, bei dem man viel herumreist.«
»Stimmt.«
»Ich glaube, es gibt viele Ehen in diesem Ort, die von diesem Mädchen mitunter auf die Probe gestellt wurden. Vielleicht handelt es sich also um einen verheirateten Mann. Aber ich bin sicher, dass ihr nach einem Junggesellen sucht. Einem, der bei Frauen nicht besonders viel Glück hatte.«
Stacey hob eine Augenbraue. »Vielleicht solltest du als Profiler beim FBI anfangen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Alltagspsychologie. Wenn er Frauen gegenüber so grausam ist, wie du sagst, dann hasst er sie ganz offensichtlich.« Er legte die Stirn in finstere Falten und murmelte: »Dieser Warren Lee, dem hat auch mal irgendwas kräftig das Hirn verbrannt.«
»Aber der hasst jeden, nicht nur Frauen. Wenn er ausrastet … «
»Dann richtig«, beendete er ihren Satz.
»Allerdings hat er sich gestern ziemlich eigenartig benommen.« Sie sprach mehr mit sich selbst als mit ihrem Vater.
»Eigenartiger als sonst?«
»Da hast du auch wieder recht.«
Für eine Weile sagte ihr Vater nichts mehr und starrte nur auf den Rasen. Dann murmelte er leise: »Lisas Stiefvater ist ein gemeiner Kotzbrocken.«
Stacey war ganz seiner Meinung, auch wenn sie ihren Vater selten Kraftausdrücke hatte benutzen hören und in seiner Gegenwart immer auf ihr eigenes Vokabular geachtet hatte. »Hast du mal gedacht, er könnte … «
»Ob er sie missbraucht hat? Natürlich habe ich mich das gefragt. Aus irgendeinem Grund hat sich das Mädchen verändert, und zwar unmittelbar, nachdem er bei ihrer Mutter eingezogen ist.«
»Manchmal hat Winnie Blutergüsse an den Armen«, gestand Stacey. »Immer wenn ich sie darauf anspreche, sagt sie, sie hätte sie sich bei der
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