Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Polizei abgezogen war, einen Auftragskiller ins Haus zu bitten, ihm den Rücken zuzukehren und mich, obwohl ein .45er, eine doppelläufige Zwölfer-Schrotflinte und ein unten an den Schrank genagelter .38er Revolver samt Holster griffbereit waren, niederschlagen und an ein Abflußrohr anketten zu lassen. An das, was danach kam, wollte ich gar nicht denken: die feuchte Hand, die mir über die zuckenden Bauchmuskeln strich, die Augen ohne jegliches Gewissen oder Moral, das starre, beinahe träumerische Strahlen seines Gesichtes, als sein Messer über meinem Herzen schwebte.
In New Orleans hatte ich das Werk solcher Männer schon mal gesehen. Sie erteilten einen Anschauungsunterricht, den keine Unterwelt jemals wieder vergaß: ein wichtiger Belastungszeuge garrottiert, eine Nutte mit Benzin getränkt und in eine Feuersäule verwandelt, ein Mobster, der einen Freund zum Hahnrei gemacht hatte, entmannt. Die Männer, die solche Arbeit verrichteten, ließen einen erschaudern. Ich hatte alle möglichen Erklärungen für ihr Verhalten und ihre perverse Veranlagung gehört. Meine persönliche Überzeugung ist, daß sie einfach eine Verkörperung des Bösen darstellen. Die Huren, die Taschendiebe, die Scheckfälscher, die Hehler und die Typen, die auf der Rennbahn heißes Geld weiterleiten, die ganze Armee des kriminellen Fußvolkes, das die Städte unsicher macht, besteht überwiegend aus Leuten, die zwar ein weichgekochtes Gehirn, aber häufig auch Familie haben, einer regulären Beschäftigung nachgehen und irgendwann in der Normalität des Alltags verschwinden, ohne besondere Spuren zu hinterlassen. Charlie Dodds und seinesgleichen sind von anderem Kaliber. Ich glaube nicht, daß es viele von ihnen gibt, aber wahrscheinlich genug, um daran zu erinnern, daß nicht jedes menschliche Wesen bestimmt und erklärt werden kann und daß der Gefängniswärter, der sie im Hochsicherheitstrakt unter Dauerverschluß hält und ihnen auch bei den kürzesten Wegen innerhalb der Strafanstalt Eisenketten an Füße und Hände legt, mehr über sie weiß und sie besser einschätzen kann als der Rest von uns.
Ich hatte mich dazu durchgerungen, wegen Charlie Dodds' Besuch nicht die Polizei anzurufen. Wie Clete gesagt hatte: Wieviel hätten sie mir geglaubt, vor allem nach meinem Anschlag auf den Telefonmann? Außerdem war ich es leid, den Cops irgendwas beweisen zu müssen. Manchmal ist es falsch, dem Schicksal Einhalt gebieten zu wollen. Vielleicht hatten sich Clete und Dodds einfach gesucht und gefunden.
Das Eis in meinem Handtuch schmolz. Mit einem tauben Gefühl in der Stirn, die durch die Kälte und die Schwellung straffer schien als sonst, erhob ich mich von der Couch und räumte die Küche auf. Ich wischte Dodds' Blut mit nassen Papiertüchern von Wand, Ofen und Linoleumboden, ging mit Spülmittel und unverdünntem Alkohol daran, steckte dann die Papiertücher, das Überlebensmesser, seine Stoffkappe und die aufgesägten Handschellen in seinen Leinensack mit den Handzetteln, schnürte ihn zu und warf den ganzen Mist die Kellertreppe hinunter.
Danach duschte ich und zog mich zum Mittagsschlaf zurück.
Ein sanfter Wind raschelte in den Büschen vorm Fenster und strich kühl über das Laken. In meinem Traum sah ich Annie in der nebligen Morgendämmerung unten im Atchafalaya-Sumpf auf der Reling des Hausboots sitzen, das meinem Vater gehörte. Das Boot war verwittert und farblos, von Tau überzogen, und Nebelschwaden stiegen von den mit Weiden und Zypressen bestandenen Inseln auf und hingen tief über dem unbewegten Wasser. Ihre Haut war gebräunt, ihr goldenes Haar und ihr roter Mund leuchteten durch die Nebelwand, aber sie sprach kein Wort. Sie lächelte nur und sah meinen Vater an, der in der Back auf mich wartete, und da wurde mir klar, daß ich erst fünfzehn Jahre alt war und ihm helfen mußte, die voller Langusten hängende Krebsleine einzuholen, die wir in der Nacht davor in der Bucht ausgelegt hatten. Als die Sonne den Nebel vom Wasser zurück in die Bäume brannte, hatten wir reichlich Krabbenköder, dann holten wir die Reuse ein, die wir am vorigen Morgen mit Ziegelsteinen beschwert und mit Plastikkanistern markiert in der tiefen Strömung ausgeworfen hatten.
Wir arbeiteten bis zum Mittag durch, hievten riesige Katzenwelse und Gaspagoos, die in Texas auch Buffalofisch, bei den Schwarzen Goofisch heißen, ins Boot, und ließen unsere schweißbedeckten Rücken von der weißen Sonne wärmen. Mein Vater hatte lockige, zerzauste
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