Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
in die Hand. »Sagen Sie einfach nur die Zahlen durchs Telefon. Front Street siebenhundert-sieben-undachtzig. Dann sagen Sie noch ›dringender Notfall‹. Okay, Partner?«
»Was ist denn los?« Er sah mich verwirrt und ängstlich an.
»Ich erklär’s Ihnen später.«
»Einfach nur die Null wählen?« Ein Schweißtropfen lief ihm unter seiner Stoffkappe hervor. »Sie haben’s kapiert.«
Er wollte die Veranda verlassen, und links und rechts von ihm baumelten die schweren Säcke.
»Lassen Sie die Säcke hier. Okay?« sagte ich.
»Sicher. Bin gleich mit die Cops zurück.«
Mit den Blechnummern in der Hand eilte er die Straße hinunter. Ich beobachtete, wie er das kleine Lebensmittelgeschäft aus gelbgefärbten Ziegelsteinen an der Ecke betrat, dann lief ich, so schnell ich konnte, durch die schattigen Sträucher neben dem Haus zum Hinterhof. Halb von einer Hecke verdeckt, konnte ich den Verteilerkasten unter dem Schlafzimmerfenster erkennen. Ich war überzeugt, daß die Kabel durchgeschnitten waren, aber bevor ich nachsehen konnte, sah ich den Mechaniker über den in der Sonne liegenden Rasen auf meine Hintertür zugehen.
Den .45er in der rechten Hand, bewegte ich mich schnell vor zum Ende der Hauswand. Ich spürte, wie sich die Feuchtigkeit auf meinem Handteller mit dem dünnen Ölfilm auf dem Metall vermischte. Zwischen den Häusern wehte ein kühler Wind, der nach klammer Erde und alten Ziegeln roch. Der Mechaniker schob seinen gelben Schutzhelm aus der Stirn, legte eine Hand auf die lederne Tasche an seinem Werkzeuggürtel und klopfte an die Fliegengittertür. Jetzt kommt die Überraschung, du Sau, dachte ich, spannte den Hahn des .45ers, trat aus der Deckung und legte mit beiden Händen auf ihn an.
»In Ordnung! Hände hinter den Kopf und runter auf die Knie!« schrie ich.
»Was?« Er war so geschockt, daß sein Gesicht weiß anlief. Ungläubig starrte er in die Mündung des automatischen Revolvers.
»Mach schon, und zwar schnell.«
Ich sah, wie er mit der rechten Hand an seiner Werkzeugtasche herumfingerte.
»Dich trennen nur noch ein paar Zentimeter vom Jenseits, Kumpel.«
»Is schon gut, Mann! Was zum Teufel soll das? Is schon gut! Is schon gut! Ich will kein Streit.« Er kniete sich auf die Holzstufen und verschränkte die Hände im Nacken. Der Helm rutschte ihm dabei über die Augen. Im Licht der Sonne sahen seine Arme dick und rot aus, und dort, wo die Ärmel seines Jeanshemds abgeschnitten waren, sah man ein weißes Stück des strammen Brustkastens. Sein Atem ging laut.
»Sie verwechseln mich mit jemand«, sagte er.
»Wo ist dein Truck?«
»Ein Stück die Straße runter. In der Seitengasse.«
»Du bist wohl zu mißtrauisch, auf der Straße zu parken? Mach mit der linken Hand deinen Werkzeuggürtel los und laß ihn runterfallen. Dann nimmst du die Hand wieder hinter den Kopf.«
»Warum rufen Sie nicht bei meiner Firma an? Sie haben den falschen Mann erwischt.«
»Den Gürtel runter.«
Seine Hand öffnete die Schnalle, und die schwarze Werkzeugtasche fiel scheppernd auf die Verandatreppe. Ich schob die Tasche mit dem Fuß auf die betonierte Fläche unterhalb der Treppe und sortierte die Werkzeuge auseinander – eine Kneifzange, verschiedene Schraubenzieher, eine Drahtschere und ein Eiszerstückler, dessen Spitze in einem kleinen Korken steckte. Ich hielt ihm den Eispriem schräg vors Gesicht.
»Würdest du mir erklären, wofür du den hier brauchst?«
»Manchmal sind Wespennester in den Telefonkästen. Die kratze ich damit aus den Ecken.«
»Hol deine Brieftasche raus und wirf sie hinter dir auf die Erde.«
Er griff in die Gesäßtasche, holte mit einem schnellen Ruck seine Brieftasche hervor und ließ sie hinter sich fallen. Den 45er zwischen seine Schulterblätter gerichtet, kauerte ich mich nieder, hob die Brieftasche auf, trat ein paar Schritte zurück auf den Rasen und schüttelte den Inhalt heraus. Ich blätterte durch Dollarscheine, Personalpapiere, Fotografien und Notizzettel, die vor meinen Füßen lagen, und merkte, wie mir immer mulmiger wurde. Er hatte einen mit einem Foto versehenen Führerschein bei sich, der in Montana ausgestellt war, eine Sozialversicherungskarte, den Mitgliedsausweis irgendeines Ortsvereins und zwei Eintrittskarten für einen Ball, den die regionale Telefongesellschaft für ihre Angestellten gab.
Ich stieß einen Seufzer aus.
»Wo steht dein Truck noch mal?«
»Unten in der Seitengasse.«
»Sehen wir mal nach«, sagte ich und erhob mich.
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