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Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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einem an Betonpfeilern befestigten Drahtverhau, lag nur ein paar Schritte entfernt vom Flußbett. Das Becken des Marias River war eine eigentümliche Landschaft, die Steilufer und die Terrassen des Flusses sahen aus wie mit einem riesigen Spachtel modelliert, die Lehm- und Schlammschichten bildeten sanft ansteigende Plateaus. Sogar die Farben waren seltsam. Das ausgehöhlte Steilufer auf der gegenüberliegenden Seite des Bettes war grau und gelblich, an manchen Stellen mit einem dunklen Orangeton durchsetzt, der wie Rost aussah. Das Wasser des Hauptarms, auf dem blätterlose Pappeläste trieben, stand hoch und war von bräunlicher Farbe. Der Himmel hing bis zum Horizont voll grauer Wolken, und im schwächer werdenden Regen sah die Landschaft aus wie von Giftmüll verseucht. Ich befand mich an genau jenem Ort, der, wie Darlene mir erzählt hatte, Schauplatz des Baker-Massakers von 1870 war. Abgesehen von einem rotblühenden Hartriegel neben dem Friedhofszaun sah alles aus, als sei der Frühling noch nie zu diesem Stück Land vorgedrungen, als sei dieser Ort eine Mondlandschaft, ein geographisches Mahnmal an das Allerschlimmste im Menschen.
    Ich sah zu, wie die Sargträger ihre Last in ein frisch ausgehobenes Loch hinabsenkten. Der orangegraue Erdhaufen neben dem Grab war durch den Regen matschig geworden. Auf den umliegenden Gräbern standen Geleegläser und billige Vasen, in denen verwelkte Wildblumen steckten. Ein kleines Sternenbanner voller Schlammflecken lag schräg über dem Grab eines Soldaten. Das Foto eines kleinen Mädchens, nicht älter als fünf oder sechs Jahre alt, war mit durchsichtiger Plastikfolie umwickelt und mit Ballendraht an einer hölzernen Grabmarkierung befestigt. Entlang der Böschung auf einer Seite des Friedhofs verlief ein langes schwarzes Plastikrohr von einem aufgebockten Wohnwagen zum Fluß. Das Rohr hatte einen Riß, aus dem sich Fäkalien in den tiefer gelegenen Teil des Friedhofs ergossen.
    Ich ging zum Wagen, wo Alafair bei offener Tür auf dem Beifahrersitz schlief; ich ließ den Blick über das Schwemmland streifen. Weit in der Ferne konnte ich über einer grüngrauen Bergkette, die nur spärlich mit Kiefern bewachsen war, heftigen Regen niedergehen sehen. Wenig später hörte ich, wie mehrere Limousinen und Pick-ups auf dem Feldweg davonfuhren, so daß Geröllbrocken innen an die Kotflügel schlugen; danach herrschte wieder Stille, wenn man von den Geräuschen der beiden Totengräber absah, die Darlenes Grab zuschaufelten. Plötzlich geschah etwas Seltsames: Starker Wind kam auf, blies über die Felder, drückte das Gras platt und kräuselte die Wasserpfützen auf dem Feldweg. Er wurde immer stärker, so heftig, daß ich den Mund öffnete, um den Druck auf meine Ohren zu mindern, und den Himmel nach Sturmwolken oder dem Trichter einer Windhose absuchte. Eine Wolke, die die Sonne verdeckt hatte, zog weiter, und plötzlich fiel ein Lichtvorhang auf Steilufer und Flußterrassen. Als dies geschah, riß der Wind die purpurroten Blütenblätter des Hartriegels neben dem Friedhofszaun ab und wehte sie hinaus aufs Wasser wie einen zerstückelten Vogel.
    Genauso plötzlich war alles wieder vorbei. Der Himmel war wieder grau, der Wind ebbte ab, und die Pflanzen auf den Feldern richteten sich auf.
    »Sieht aus wie das Ende der Welt, oder?« sagte Dixie Lee. Er trug einen grauen Anzug im Westernstil zu einem kastanienbraunen Hemd mit Perlmutt-Druckknöpfen.
    »Oder wie sie an dem Tag aussehen wird, wenn Jesus ihr ein Ende bereitet.«
    Am Steuer von Dixies rosa Cadillac sah ich Clete, der auf ihn wartete.
    »Wer hat den Sarg bezahlt?« fragte ich.
    »Clete.«
    »Wer war’s, Dixie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sally Dio?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Erzähl mir nicht so was.«
    »Scheiße. Ich weiß es nicht.«
    Er nahm Alafair wahr, die im Schlaf den Hintern in die Luft streckte. »Tut mir leid... aber ich weiß es nicht. Langsam weiß ich überhaupt nichts mehr.«
    Ich schaute weiter hinaus auf die flache Flußlandschaft, auf die dunkle Strömung und auf das orange Steilufer dahinter.
    »Bringt doch nichts, hier in der Gegend rumzustehen und die Landschaft zu bewundern«, sagte er. »Fahr hinter uns her, dann halten wir in Lincoln und essen zusammen ’ne Kleinigkeit.«
    »Ich komme später nach.«
    Ich hörte, wie er sich eine Zigarette anzündete, das Feuerzeug mit einem Klick zuschnappen ließ und einsteckte. Ich roch den Qualm, der von hinten zu mir wehte.
    »Komm mal kurz

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