Black Coffee
zuerst ein bißchen erschreckt. Es müssen ja gar nicht die Hyoscintabletten gewesen sein. Vielleicht war es eines der anderen Röhrchen, das sie in der Hand hatte.«
Jetzt wandte Japp sich an Lucia. »Nun, Madam?« fragte er. »Was sagen Sie dazu?«
Lucia wirkte vollkommen gefaßt, als sie antwortete: »Ich wollte etwas zum Einschlafen haben.«
»Sie sagten«, fragte Japp nun wieder Raynor, »sie hat fast das ganze Röhrchen in ihre Hand geleert?«
»Für mich sah es so aus«, antwortete Raynor.
Japp wandte sich von neuem an Lucia. »Zum Einschlafen hätten Sie doch so viele Tabletten gar nicht gebraucht. Eine oder zwei wären genug gewesen. Was haben Sie mit den übrigen gemacht?«
Lucia überlegte kurz und sagte dann: »Ich weiß es nicht mehr.« Sie wollte gerade weiterreden, als Carelli aufsprang und herausplatzte: »Bitte sehr, Inspektor. Da haben Sie Ihre Mörderin!«
Sofort erhob sich auch Barbara vom Sofa, um zu Carelli auf Abstand zu gehen. Hastings eilte an ihre Seite. Der Italiener fuhr fort: »Sie sollen die Wahrheit hören, Inspektor. Ich bin eigens hierhergekommen, um diese Frau zu treffen. Sie hatte nach mir geschickt. Sie hat gesagt, sie könne Sir Clauds Formel beschaffen und wolle sie mir verkaufen. Ich gebe ja zu, daß ich so etwas schon gemacht habe ...«
»Damit geben Sie nichts Neues zu«, antwortete Japp, wobei er sich zwischen Carelli und Lucia stellte.
»Soviel wußten wir schon.« Er wandte sich an Lucia.
»Was haben Sie zu dem allen zu sagen, Madam?«
Lucia stand auf. Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen, und Richard eilte sofort zu ihr. »Ich lasse nicht zu –« rief er, aber Japp unterbrach ihn: »Wenn ich bitten darf, Sir!«
Carelli redete weiter. »Sehen Sie sich diese Frau doch nur an. Keiner von Ihnen weiß, wer sie ist. Aber ich weiß es! Sie ist die Tochter von Selma Goetz. Die Tochter einer der verrufensten Frauen, die es auf der Welt je gegeben hat.«
»Das stimmt nicht, Richard«, rief Lucia. »Es ist nicht wahr! Hör nicht auf ihn.«
»Ich breche dir sämtliche Knochen im Leib!« knurrte Richard Amory den Italiener an.
Japp ging einen Schritt auf Richard zu. »Ruhig Blut, Sir, ruhig Blut«, mahnte er. »Wir werden dem auf den Grund gehen müssen.« Er wandte sich an Lucia. »Also, Mrs. Amory?«
Es wurde still. »Ich – ich –« versuchte Lucia zu sprechen, dann sah sie zu ihrem Mann und schließlich zu Poirot, nach dem sie hilfesuchend die Hand ausstreckte.
»Nur Mut, Madame«, redete Poirot ihr zu. »Haben Sie Vertrauen zu mir. Sagen Sie es. Sagen Sie die Wahrheit. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo Lügen nichts mehr einbringen. Die Wahrheit muß ans Licht.«
Lucia sah ihn flehend an, aber Poirot wiederholte nur: »Mut, Madame. Si, si . Seien Sie tapfer, reden Sie.«
Damit bezog er wieder seinen Posten an der Terrassentür.
Lucia schwieg lange. Dann begann sie leise, mit halberstickter Stimme: »Es stimmt, daß ich Selma Goetz' Tochter bin. Es stimmt nicht, daß ich diesen Mann habe hierherkommen lassen oder ihm Sir Clauds Formel angeboten habe. Er ist gekommen, um mich zu erpressen!«
»Erpressen!« stieß Richard grimmig hervor.
Lucia sah ihn an. »Er hat gedroht«, erklärte sie ihm eindringlich, »dir von meiner Mutter zu erzählen, wenn ich ihm nicht die Formel beschaffe, aber ich habe es nicht getan. Wahrscheinlich hat er sie selbst gestohlen. Die Gelegenheit dazu hatte er. Er war allein da drinnen – im Arbeitszimmer. Und ich verstehe jetzt auch, warum er wollte, daß ich das Hyoscin nehme, warum er mich regelrecht dazu hypnotisiert hat. Nur damit alle glauben sollten, ich hätte die Formel gestohlen.« Sie sank an Richards Schulter und begann zu schluchzen.
»Lucia, Liebling!« rief Richard und schloß sie in die Arme. Dann aber überließ er sie Miss Amory, die ebenfalls aufgesprungen war und die verzweifelte junge Frau tröstend umarmte, und wandte sich an Japp.
»Inspektor«, sagte er, »ich möchte Sie unter vier Augen sprechen.«
Japp sah Richard Amory kurz an, dann nickte er Johnson zu. »Nun gut«, sagte er, während der Konstabler die Tür öffnete, um Miss Amory und Lucia hinauszulassen. Barbara und Hastings ergriffen die Gelegenheit, wieder in den Garten zu gehen, und Edward Raynor flüsterte Richard im Hinausgehen zu: »Tut mir leid, Amory. Tut mir sehr leid.«
Als Carelli seinen Koffer nahm und Raynor aus dem Zimmer folgte, wies Japp den Konstabler an: »Behalten Sie Mrs. Amory im Auge – und Dr. Carelli.« Carelli
Weitere Kostenlose Bücher