Black Dagger 01 - Nachtjagd
den Kopf bekam und getötet wurde, wer würde dann auf sie aufpassen? Und er konnte sich nicht ins Gefängnis werfen lassen. Diese Zellen hatten Stahlgitterstäbe, was bedeutete, dass er sich im Morgengrauen nicht in Sicherheit begeben konnte. In Anbetracht dieser beiden Alternativen müsste er alle Polizisten, die jetzt gleich kämen, um ihn festzunehmen, abschlachten.
Und was würde sie dann von ihm denken?
»Bleib sofort stehen!«, schrie sie.
Er ging weiter, hinter ihm hallten ihre Schritte, als sie ihm nachrannte.
»Du sollst gefälligst stehen bleiben!« Sie griff nach seinem Arm und zog daran.
Er starrte sie wütend an. Er hatte nicht gewollt, dass das alles passierte. Dank seiner grandiosen Vorstellung mit ihrem Kumpel hatte sie jetzt Angst vor ihm. Die denkbar schlechteste Voraussetzung, um auf sie aufzupassen. Er bezweifelte, dass er genug Zeit hatte, sie noch einmal zu überzeugen, freiwillig mit ihm mitzukommen. Das hieß, er müsste sie im Notfall sogar gegen ihren Willen wegbringen, wenn die Transition über sie kam. Und das wäre für keinen von ihnen besonders amüsant.
Ihr Duft stieg ihm in die Nase, und er wusste, sie stand gefährlich kurz vor ihrer Wandlung.
Vielleicht musste er sie jetzt sofort mitnehmen.
Wrath blickte sich um. Er konnte sie sich schlecht hier einfach über die Schulter werfen, fünfzehn Meter vom Eingang
der Polizeiwache entfernt. Nicht vor den Augen dieses verdammten Bullen.
Nein, er müsste kurz vor Morgengrauen kommen und sie entführen. Und dann würde er sie notfalls in seinem Zimmer bei Darius anketten, denn wenn er das nicht tat, würde sie sterben.
»Warum zum Teufel hast du mich angelogen!«, schrie sie ihn an. »Du kanntest meinen Vater überhaupt nicht.«
»O doch.«
»Du Lügner«, sagte sie verächtlich. »Du bist ein Mörder und ein Lügner.«
»Der erste Teil stimmt wenigstens.«
Ihre Augen weiteten sich, der Schrecken stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Diese Wurfsterne … in deiner Tasche. Du hast Mary umgebracht. Stimmt das?«
Er runzelte die Stirn. »Ich habe keine Frau umgebracht. «
»Dann habe ich also mit dem zweiten Teil auch Recht.«
Wrath warf einen Blick auf den Mann am Boden, der langsam wieder zu Kräften kam.
Verdammt, dachte er. Was, wenn Beth nicht mehr die Zeit bis zum Morgengrauen hätte? Was, wenn sie einfach verschwand, und er sie nicht finden konnte?
Er senkte die Stimme. »Du hast in letzter Zeit immer großen Hunger gehabt, stimmt’s?«
Sie zuckte zusammen. »Was?«
»Großen Hunger, aber du hast nicht zugenommen. Und müde warst du. Sehr müde. Außerdem haben deine Augen gebrannt, besonders tagsüber, habe ich recht?« Er beugte sich vor. »Du siehst dir rohes Fleisch an und überlegst, wie es wohl schmecken würde. Das Fleisch, das deine Zähne umgibt, die oberen Schneidezähne, ist entzündet. Deine Gelenke schmerzen, und deine Haut spannt. Und zwar immer stärker.«
Sie blinzelte, und ihr Kiefer klappte nach unten.
Hinter ihr kam der Polizist auf die Füße, etwas wacklig noch, und fiel sofort wieder unsanft hinten über. Wrath sprach schneller.
»Du hast das Gefühl, nirgendwo dazuzugehören, so ist es doch? Als wären alle anders, langsamer als du. Du glaubst, du bist nicht normal, allein, verlassen. Ruhelos. Du spürst, dass etwas passieren wird, etwas Ungeheures, aber du weißt nicht, was es ist, oder wie du es aufhalten kannst. Du liegst wach, hast Angst vor deinen Träumen, fühlst dich in vertrauter Umgebung verloren.« Er hielt kurz inne. »Du hattest bisher wenig oder gar keinen Sexualtrieb, aber Männer finden dich unglaublich attraktiv. Diese Orgasmen, die ich dir letzte Nacht geschenkt habe, waren die ersten deines Lebens.«
Er nannte ihr alles, an das er sich noch aus seiner Zeit in der Welt der Menschen, vor seiner eigenen Transition, erinnern konnte.
Sie starrte ihn an. Fassungslos.
»Wenn du wissen willst, was zur Hölle mit dir geschieht, musst du jetzt sofort mit mir kommen. Du wirst bald krank werden, Beth. Und ich bin der Einzige, der dir dann helfen kann.«
Sie trat einen Schritt zurück. Sah den Cop an, der mit den Gedanken zu spielen schien, sich einfach wieder hinzulegen.
Wrath hielt ihr die Hände hin. »Ich werde dir nicht wehtun. Ich verspreche es. Wenn ich dich töten wollte, hätte ich es schon letzte Nacht auf zehn unterschiedliche Arten tun können, richtig?«
Ihr Kopf drehte sich wieder ihm zu. Er schloss die Augen, als er spürte, wie sie sich an die vergangene Nacht
Weitere Kostenlose Bücher