Black Dagger 07 - Menschenkind
ausmalen, wie es Butch ging.
Als das Telefon in seiner Hand klingelte, wurde ihm bewusst, dass er einige Zeit auf dem Rücken im Schnee gelegen hatte. »Hallo?«, meldete er sich benommen.
»Wo bist du? Was ist da los?« Rhages Bassdonnern war eine Riesenerleichterung.
»Ich habe ihn. Ich habe« — V beäugte das blutige Häuflein Elend neben sich, das sein Mitbewohner war – »ich brauche unbedingt einen Wagen hier. Ach Scheiße, Rhage«, V legte sich die Hand auf die Augen und begann zu zittern. »Rhage, was sie mit ihm gemacht haben …«
Sofort wurde der Ton seines Bruders sanfter, als wüsste er, dass V am Ende war. »Okay, ganz ruhig. Sag mir, wo du bist.«
»Wald … ich weiß es nicht …« Gott, sein Gehirn hatte sich völlig ausgeklinkt. »Kannst du mich mit dem GPS aufspüren? «
Eine Stimme aus dem Hintergrund, vermutlich Phury, rief: »Ich hab ihn!«
»Alles klar. V, wir haben dich, und wir kommen.«
»Nein, der Ort hier ist verseucht.« Als Rhage anfing, Fragen zu stellen, schnitt V ihm das Wort ab. »Auto. Wir brauchen ein Auto. Ich werde ihn hier raustragen müssen. Niemand sonst darf hierherkommen.«
Lange sagte niemand etwas. »In Ordnung. Geh schnurstracks
nach Norden, mein Bruder. Nach ungefähr einem Kilometer triffst du auf die Route 22. Da warten wir auf dich.«
»Ruf …« Er musste sich räuspern und die Augen wischen. »Ruf Havers an. Sag ihm, wir bringen ihm einen Schockpatienten. Und sag ihm, wir brauchen ein Quarantänezimmer. «
»Du lieber Himmel … was zum Teufel haben sie mit ihm gemacht?«
»Beeil dich, Rhage – warte! Bring eine Lesser -Kanope mit.«
»Warum?«
»Ich hab jetzt keine Zeit für Erklärungen. Bring unbedingt eine mit.«
V schob das Handy in die Tasche, zog den Handschuh wieder an und drehte sich zu Butch um. Er wickelte ihn sorgfältig in die Rettungsdecke, nahm ihn in die Arme und hob ihn hoch. Butch zischte vor Schmerz.
»Das wird jetzt ungemütlich, Alter. Aber wir müssen los.«
Doch dann fiel V etwas ein, und er betrachtete skeptisch den Boden. Butch blutete nicht mehr, aber was war mit den Fußspuren im Schnee? Wenn zufällig ein Lesser zurückkam, könnte er sie verfolgen.
Da wehten völlig unvermittelt Sturmwolken herbei, und es begann heftig zu schneien.
Verdammt, die Jungfrau der Schrift war gut.
Auf dem Weg durch den aufgekommenen Schneesturm stellte sich V einen Schutzschild aus Licht um sich und den Mann in seinen Armen vor.
»Du bist gekommen!«
Marissa lächelte, als sie die Tür zu dem fröhlichen fensterlosen Krankenzimmer hinter sich schloss. In dem Krankenhausbett lag ein kleines und zartes siebenjähriges Mädchen.
Neben ihr, nur ein kleines bisschen größer, aber noch viel zerbrechlicher wirkend, saß die Mutter des Kindes.
»Ich habe doch gestern Nacht versprochen, dass ich dich wieder besuchen würde, oder?«
Als die Kleine grinste, sah man ein schwarzes Loch, wo ihr ein Vorderzahn fehlte. »Trotzdem, du bist gekommen. Und du siehst so hübsch aus.«
»Du aber auch.« Marissa setzte sich auf die Bettkante und nahm die Hand des Mädchens. »Wie geht es dir?«
»Mahmen und ich haben uns Dora im Fernsehen angeschaut. «
Die Mutter lächelte schwach, doch ihr unscheinbares Gesicht und ihre Augen wurden davon nicht berührt. Seit die Kleine vor drei Tagen eingeliefert worden war, schien die Mutter wie ferngesteuert. Abgesehen davon, dass sie jedes Mal zusammenschreckte, wenn jemand ins Zimmer kam.
»Mahmen sagt, wir können nicht mehr so lange hierbleiben. Stimmt das?«
Die Mutter öffnete den Mund, aber Marissa kam ihr mit einer Antwort zuvor: »Darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Zuerst müssen wir uns um dein Bein kümmern. «
Dies waren keine wohlhabenden Vampire, vermutlich konnten sie sich diese Behandlung nicht leisten. Aber Havers wies niemals jemanden ab. Und er würde sie sicherlich nicht vorzeitig entlassen.
»Mahmen sagt, mein Bein ist schlimm. Stimmt das?«
»Nicht mehr lange.« Marissa betrachtete die Bettdecke. Havers würde den offenen Bruch schnellstens operieren. Hoffentlich würde der Schnitt gut verheilen.
»Mahmen sagt, ich muss für eine Stunde in das grüne Zimmer. Kann es auch kürzer dauern?«
»Mein Bruder wird dich dort nur so lange behalten, wie es nötig ist.«
Das Schienbein würde durch eine Titanstange ersetzt werden müssen, was zwar besser war, als das Bein zu verlieren, aber immer noch schwer genug. Die Kleine würde noch mehrmals operiert werden müssen, solange
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