Black Dagger 07 - Menschenkind
Jagdhütte.
Unvermittelte erschauerte er. Doch, etwas war sehr wohl hier in diesem Wald – etwas Gewaltiges, eine verdichtete Substanz der Bosheit, ein Übel, das ihn unruhig machte.
Omega.
Als er den Kopf zu der furchtbaren Verdichtung herumwirbelte, hämmerte ihm ein eiskalter Windstoß ins Gesicht, so als wolle ihn Mutter Natur in die entgegengesetzte Richtung drängen.
Scheiße. Er musste seinen Mitbewohner hier rausholen.
V rannte in die Richtung, in der er Butch spüren konnte, seine Stiefel hinterließen tiefe Furchen in dem verkrusteten Schnee. Vor ihm leuchtete der Mond hell am Rande eines wolkenlosen Himmels, doch die Gegenwart des Bösen war so deutlich fühlbar, dass V den Weg auch mit verbundenen Augen gefunden hätte. Und Butch war nahe bei dieser Schwärze.
Fünfzig Meter weiter entdeckte V die Kojoten. Sie umrundeten etwas auf dem Boden, knurrten aber nicht, als hätten sie Hunger, sondern, als würde ihr Rudel bedroht.
Und was auch immer ihr Interesse geweckt hatte, war von solchem Ausmaß, dass sie Vs Anwesenheit überhaupt nicht bemerkten. Um sie zu zerstreuen, zielte er mit der Waffe in die Luft und schoss ein paar Mal. Die Kojoten liefen in alle Richtungen davon und …
Schlitternd blieb V stehen. Beim Anblick dessen, was dort auf dem Boden lag, konnte er nicht schlucken. Sein Mund war völlig ausgetrocknet.
Butch lag auf der Seite im Schnee, nackt, zusammengeschlagen, das Gesicht geschwollen und blau. Er war über und über mit Blut bedeckt. Sein Oberschenkel war verbunden, doch die Wunde hatte durch den Verbandmull geblutet. Nichts von all dem war jedoch das Entsetzliche, das V gespürt hatte. Das Böse war überall um den Polizisten herum … überall um ihn … verdammt, er war der schwarze, ekelhafte mentale Abdruck.
O du gütige Jungfrau im Schleier.
Rasch suchte Vishous die nähere Umgebung ab, dann
ließ er sich auf die Knie fallen und legte sanft seine behandschuhte Hand auf die Schulter seines Freundes. Ein schmerzhafter Stich schoss ihm den Arm hinauf, und Vs Instinkte ermahnten ihn abzuhauen, solange er noch konnte. Denn das, auf was er seine Hand gelegt hatte, galt es um jeden Preis zu meiden. Das Böse.
»Butch, ich bin es. Butch?«
Stöhnend regte sich der Ex-Cop, ein Hoffnungsschimmer zeigte sich auf seinem zerschlagenen Gesicht, als hätte er den Kopf nach einem langen Winter endlich zur Sonne erhoben. Doch dann wich der Ausdruck.
Lieber Himmel, die Augen des Mannes waren zugefroren, weil er geweint hatte und die Tränen in der Kälte nicht weit gekommen waren.
»Keine Sorge, Bulle. Ich werde …« Was tun? Der Mensch würde bald sterben, aber was zum Teufel hatte man mit ihm gemacht? Er war durchtränkt von Dunkelheit.
Butchs Mund öffnete sich. Die heiseren Geräusche, die herauskamen, hätten Worte sein können, aber man hörte sie nicht.
»Nicht sprechen, Bulle. Ich kümmere mich jetzt um dich …«
Butch schüttelte den Kopf und bewegte sich. Erbärmlich schwach streckte er die Arme aus und krallte sich in den Boden, versuchte, seinen geschundenen Körper durch den Schnee zu schleppen. Weg von V.
»Butch, ich bin es …«
»Nein …« Jetzt wurde der Ex-Cop panisch, bohrte die Finger in die Erde, krabbelte weiter. »Verseucht … weiß nicht, wie … verseucht … du kannst … mich nicht mitnehmen. Weiß nicht, warum …«
Vs Stimme traf ihn wie eine Ohrfeige, scharf und laut. »Butch! Hör auf!«
Der Mensch blieb regungslos liegen. Ob er dem Befehl
gehorchte oder einfach keine Kraft mehr hatte, konnte V nicht feststellen.
»Zum Henker, was haben sie bloß mit dir gemacht, mein Junge?« V zerrte eine Rettungsdecke aus der Jacke und legte sie um seinen Mitbewohner.
»Verseucht.« Schwerfällig drehte sich Butch auf den Rücken und schob die Silberfolie herunter, eine verletzte Hand fiel auf den Bauch. »Ver … seucht.«
»Ach du Scheiße …«
In der Magengegend war ein etwa faustgroßer schwarzer Kreis zu sehen, fast wie ein blauer Fleck mit ganz deutlicher Kante. Genau in der Mitte war offenbar … eine Operationsnarbe.
»Mist.« Sie hatten etwas in ihn hineingesteckt.
»Töte mich.« Butchs Stimme war ein schauderhaftes Röcheln. »Töte mich sofort. Verseucht. Etwas … in mir drin. Wächst …«
V hockte sich auf die Fersen und raufte sich die Haare. Mit Gewalt drängte er seine Gefühle in den Hintergrund und schaltete seinen Verstand ein. Er betete, dass seine Überdosis grauer Zellen ihm helfen würde, einen Ausweg zu finden.
Die
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