Black Dagger 08 - Vampirherz
hinter den Glastüren der Stahlschränke standen Fläschchen und Medikamente aufgereiht.
In einer Ecke befanden sich ein Whirlpool und ein Massagetisch, daneben ein Defibrillator, aber nichts davon nahm Butch richtig wahr. Er war hauptsächlich an der Mitte des Raums interessiert, wo sich der Zauber abspielen würde: Wie auf einer Theaterbühne wartete dort eine fahrbare Liege, ein mobiler Untersuchungstisch, über dem ein Hightech-Kronleuchter hing. Und darunter befand sich – ein Abfluss im Fußboden.
Er versuchte, sich seinen eigenen Körper auf dem Tisch unter dem Leuchter vorzustellen. Und hatte das Gefühl, zu ertrinken.
Als Wrath die Tür schloss, sagte Marissa mit ausdrucksloser Stimme: »Wir hätten das bei Havers in der Klinik machen sollen.«
V schüttelte den Kopf. »Nimm das nicht persönlich, aber ich würde Butch nicht mal mit einem aufgeschürften Knie zu Havers bringen. Und je weniger Leute Bescheid wissen, desto besser.« Er ging zu der Liege und vergewisserte sich, dass die Bremse verankert war. »Außerdem bin ich ein super Mediziner. Butch, runter mit den Klamotten, lass uns anfangen.«
Butch zog sich bis auf die Unterhose aus und bekam sofort Gänsehaut am ganzen Körper. »Kann man an der Temperatur in diesem Kühlschrank noch was ändern?«
»Ja.« V ging zur Wand. »Für den Anfang wollen wir es warm haben. Aber danach werde ich die Klimaanlage volle Pulle aufdrehen, und du wirst mich dafür lieben.«
Brav ging Butch zu der Liege und legte sich hin. Von oben strömte zischend mollig warme Luft herab, und er streckte die Arme nach Marissa aus. Sie machte kurz die Augen zu, dann ging sie zu ihm, und er flüchtete sich in ihre Körperwärme, hielt sie fest umklammert. Ihre Tränen flossen langsam und still, und als er mit ihr zu sprechen versuchte, schüttelte sie den Kopf.
»Würdet ihr euch am heutigen Tag zu vereinigen wünschen? «
Alle Köpfe im Raum schnellten herum. Eine winzige Gestalt in einem schwarzen Umhang war aus dem Nichts in einer Ecke aufgetaucht. Die Jungfrau der Schrift.
Butchs Herz ging wie ein Presslufthammer. Er hatte sie erst einmal gesehen, bei Wrath und Beths Trauungszeremonie, und sie war jetzt, wie sie immer gewesen war: Eine Präsenz, die es gleichzeitig zu respektieren und zu fürchten galt, Fleisch gewordene Macht, eine Naturgewalt.
Dann erst registrierte er, was sie gefragt hatte. »Ich würde, ja … Marissa?«
Marissas Hände sanken herab, als wollte sie den Saum eines Kleides raffen, das sie nicht trug. Daraufhin ließ sie die Arme verlegen wieder sinken, machte aber trotzdem einen tiefen, anmutigen Knicks. Während sie in dieser Stellung verharrte, sagte sie: »Wenn es gestattet wäre, dann würde es uns über alle Maßen hinaus ehren, von Eurer Heiligkeit vereint zu werden.«
Die Jungfrau der Schrift trat vor, ihr tiefes Glucksen erfüllte den Raum. Als sie ihre leuchtende Hand auf Marissas geneigten Kopf legte, sagte sie: »Was für Umgangsformen, mein Kind. Deine Linie hatte immer vollendete Umgangsformen. Doch jetzt richte dich auf und erhebe deinen Blick zu mir.« Marissa beendete ihren Knicks und hob den Kopf. In diesem Moment hätte Butch schwören können, dass die Jungfrau der Schrift einen kleinen Seufzer ausstieß. »Wunderschön. Einfach wunderschön. Du bist von solch ausgesuchter Gestalt.«
Dann wandte sich die Jungfrau der Schrift an Butch. Obwohl ein blickdichter schwarzer Schleier vor ihrem Gesicht hing, verursachte ihr Blick ein warnendes Kribbeln auf seiner Haut, als stünde er genau in der Einflugschneise eines drohenden Blitzschlags.
»Wie ist deines Vaters Name, Mensch?«
»Eddie. Edward. O’Neal. Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann würde ich ihn heute lieber aus dem Spiel lassen, okay?«
Alle Anwesenden erstarrten, und V murmelte: »Schön vorsichtig mit den Anfragen hier, Bulle. Sehr vorsichtig.«
»Und woran liegt das, Mensch?«, erkundigte sich die Jungfrau der Schrift. Das Wort Mensch klang seiner Betonung nach eher wie Ungeziefer.
Butch zuckte die Achseln. »Er bedeutet mir nichts.«
»Sind Menschen immer so geringschätzig gegenüber ihren Ahnen?«
»Mein Vater und ich haben nichts miteinander zu tun, das ist alles.«
»Demzufolge bedeuten dir Blutsbande also wenig, richtig? «
Nein, dachte Butch und schielte zu Wrath. Blutsbande bedeuten mir alles.
Er blickte wieder die Jungfrau der Schrift an. »Haben Sie eine Vorstellung, wie erleichtert …«
Als Marissa leise ächzte, ging V dazwischen, schlug
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