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Black Dagger 10 - Todesfluch

Black Dagger 10 - Todesfluch

Titel: Black Dagger 10 - Todesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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dass alles weiß war, erinnerte es ihn an den typischen Campus einer amerikanischen Eliteuniversität, mit neoklassizistischen Gebäuden, weit ausgedehnt über sanfte Hügel, milchigem Gras und schneeweißen Eichen und Ulmen.
    Ein Läufer aus weißer Seide war ausgelegt worden, und Vishous und Phury liefen weiter, während die Jungfrau der Schrift etwa dreißig Zentimeter darüber schwebte wie ein Gespenst. Die Luft hatte die perfekte Temperatur und war so vollkommen still, dass man keinerlei Regung auf der nackten Haut spürte. Obwohl die Schwerkraft ihn noch auf dem Boden hielt, fühlte V sich zusehends leichter und irgendwie federnd … als könnte er mit etwas Anlauf über den Rasen hüpfen wie die Männer auf den Bildern vom Mond.
    Oder aber diese Mondassoziation kam daher, dass bei ihm gerade eine kleine Gehirnwäsche im Gange war.
    Als sie einen Hügel erklommen, entdeckten sie unter sich ein Amphitheater. Und die Auserwählten.
    Ach du lieber Himmel … Die etwa vierzig Frauen waren alle in identische weiße Roben gekleidet, das Haar war aufgesteckt, die Hände steckten in Handschuhen. Alle Haarfarben waren vertreten, von Blond über Brünett bis hin zu Rot, doch wegen ihrer großen, schlanken Statur und den einheitlichen Gewändern sahen sie alle aus wie ein und dieselbe Person. In zwei Gruppen aufgeteilt säumten sie beide Seiten des Amphitheaters und präsentierten sich in einem Dreiviertelwinkel, den rechten Fuß leicht ausgestellt. Sie
erinnerten V an die Karyatiden griechischer Architektur, diese weiblichen Statuen, die Giebel oder Gebälk auf ihren hoheitsvollen Häuptern trugen.
    Bei ihrem Anblick fragte er sich unwillkürlich, ob sie Herzen hatten, die schlugen, und Lungen, die atmeten. Denn sie waren so unbeweglich wie die Luft.
    Genau das war doch das Problem mit der Anderen Seite, dachte er. Nichts bewegte sich hier jemals. Es gab Leben … ohne Leben.
    »Tretet vor«, befahl die Jungfrau der Schrift. »Die Besichtigung wartet.«
    O Gott … Wieder blieb ihm die Luft weg.
    Da landete Phurys Hand auf seiner Schulter. »Brauchst du eine Minute Pause?«
    Von wegen Minute; er bräuchte Jahrhunderte – wobei, selbst wenn er so viel Zeit hätte, am Ergebnis würde sich nichts ändern. Er dachte an den Vampir, den er auf der Straße gefunden hatte, in jener Nacht, als er angeschossen worden war; denjenigen, zu dessen Vergeltung er diesen Lesser getötet hatte. Schicksal.
    Sie brauchten mehr Krieger in der Bruderschaft, dachte er, als er wieder weiterlief. Und es war nun nicht so, als könne der Storch die Arbeit erledigen.
    Unten im Theater stand nur ein einziger Stuhl, ein goldener, einem Thron ähnlich, der ganz nah am Rand der Bühne platziert worden war. Von seinem erhöhten Blickwinkel aus stellte V fest, dass der Hintergrund, den er als glatte weiße Wand wahrgenommen hatte, in Wirklichkeit ein riesiger weißer Samtvorhang war, der so unbewegt hing, als wäre er aufgemalt.
    »Setz dich hin«, sagte die Jungfrau der Schrift, eindeutig wahnsinnig angenervt von ihm.
    Lustig, ihm ging es mit ihr ganz genauso.

    Trotzdem gehorchte V, und Phury schlug hinter dem Thron Wurzeln wie ein Baum.
    Die Jungfrau der Schrift schwebte nach rechts und nahm eine Position seitlich der Bühne ein, eine Shakespeare’sche Regisseurin, die treibende Kraft dieses ganzen Dramas.
    Mann, was gäbe er nicht in diesem Moment für eine Natter.
    »Fahrt fort«, rief sie knapp.
    Der Vorhang teilte sich in der Mitte und zog sich dann zu beiden Seiten zurück. Sichtbar wurde eine Frau, die von Kopf bis Fuß in reich geschmückte Gewänder gehüllt war. Flankiert von zwei ihrer Schwestern hielt sich seine Zukünftige in einem merkwürdigen Winkel. Oder vielleicht stand sie auch gar nicht von allein. Gütiger, es wirkte, als wäre sie auf einer Art Tafel befestigt, die nur zur Besichtigung aufrecht gestellt worden war. Wie ein aufgespießter Schmetterling.
    Sie wurde nach vorn gerollt und man konnte erkennen, dass sie tatsächlich festgebunden war. Um ihre Oberarme lagen Bänder, die mit zu ihrer Robe passenden Juwelen getarnt waren, und die sie aufrecht hielten.
    Musste wohl zur Zeremonie gehören. Denn was da unter diesem Gewand steckte, war nicht nur für die Präsentation und die darauf folgende Vereinigungszeremonie vorbereitet worden, sondern zweifellos auch entzückt, die Nummer eins aller Frauen zu werden: Die erste Auserwählte des Primals genoss besondere Rechte, und er konnte sich ungefähr ausmalen, wie fantastisch das

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