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Black Dagger 10 - Todesfluch

Black Dagger 10 - Todesfluch

Titel: Black Dagger 10 - Todesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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Vorhänge, so üppig wie das Ballkleid einer Frau.
    Es wäre schön gewesen, ein Heim zu haben.

    Doch er war noch nie wirklich irgendwo zu Hause gewesen. Seit Zsadist als Säugling entführt worden war, hatte ihre Mahmen sich unter der Erde eingeschlossen, und ihr Vater war auf die Jagd nach der Kinderfrau gegangen, die Z mitgenommen hatte. Phury war zwischen den vor sich hin vegetierenden Schatten des Haushalts aufgewachsen. Alle, selbst die Doggen, hatten nur die Notwendigkeiten des Lebens verrichtet. Es hatte kein Lachen gegeben. Kein Glück. Keine Zeremonien.
    Keine Umarmungen.
    Phury hatte gelernt, sich ruhig zu verhalten und nicht aufzufallen. Es war immerhin das Freundlichste gewesen, was er zu tun vermochte. Denn er war das exakte Abbild dessen gewesen, was sie verloren hatten, die allzu deutliche Erinnerung an die große Trauer, die alle empfanden. Also gewöhnte er sich an, Mützen oder Hüte zu tragen, um sein Gesicht zu verbergen, und schlurfte mit eingezogenem Kopf herum, um kleiner, weniger auffällig zu sein.
    Sobald er seine Transition überstanden hatte, zog er los, um seinen Zwillingsbruder zu suchen. Niemand hatte ihn verabschiedet, niemand ihm nachgewunken. Zs Verschwinden hatte die Kapazitäten des gesamten Haushalts, jemanden zu vermissen, aufgebraucht, daher war für Phury nichts mehr übrig gewesen.
    Was im Prinzip sogar gut gewesen war. Es vereinfachte alles.
    Ungefähr zehn Jahre später erfuhr er von einem entfernten Cousin, dass seine Mutter im Schlaf gestorben war. Sofort war er nach Hause zurückgekehrt, doch sie hatten das Begräbnis ohne ihn abgehalten. Sein Vater war dann etwa acht Jahre darauf gestorben. Dieses Mal war Phury rechtzeitig zur Beerdigung da gewesen und hatte eine letzte Nacht in seinem Elternhaus verbracht. Danach war das Anwesen
verkauft worden, die Doggen hatten sich zerstreut, und es war, als hätte es seine Eltern nie gegeben.
    Seine Wurzellosigkeit heute war demnach nichts Neues. Seit seinen frühesten Erinnerungen als Kind hatte er sie empfunden. Er war immer ein Wanderer gewesen, und die Andere Seite würde ihm einen Bezugspunkt bieten. Ein Heim könnte er sich dort nicht schaffen, denn das ginge nicht ohne seinen Zwilling. Oder seine Brüder. Oder –
    Er stockte. Weigerte sich, an Bella zu denken.
    Als er aufstand und sein Gewicht auf der Prothese spürte, dachte er, was es doch eine Ironie des Schicksals war, dass einem Nomaden wie ihm ein halbes Bein fehlte.
    Wieder drückte er einen Joint aus, steckte sich ein paar mehr in die Tasche und war schon fast durch die Tür, als er noch einmal stehen blieb und sich umdrehte. In vier Schritten war er bei dem begehbaren Schrank, drei Drehungen an einem Schloss öffneten einen Metalltresor, zwei Hände griffen hinein. Ein schwarzer Dolch kam zum Vorschein.
    Er wog die Waffe in der Handfläche, genoss die perfekte Ausgewogenheit und die Präzision des Griffs, die genau auf seine, und nur seine Brustmuskeln abgestimmt war. Vishous hatte ihn für ihn geschmiedet … wie lange war das jetzt her? Fünfundsiebzig Jahre … genau, diesen Sommer wären es fünfundsiebzig Jahre her, dass er der Bruderschaft beigetreten war.
    Im Lichtschein untersuchte er die Klinge. Fünfundsiebzig Jahre getötete Lesser und kein Kratzer zu sehen. Er holte seinen anderen Dolch aus dem Tresor. Das gleiche Spiel. V war ein Meister seines Handwerks, ganz ohne Zweifel.
    Mit den Waffen in der Hand stellte Phury sich jetzt noch einmal Vishous vor, wie er früher am Abend im Türrahmen von Phurys Zimmer gestanden und erklärt hatte, dass die Jungfrau der Schrift ihnen die Ersetzung des Primals gestattet
hatte. Der sonst so eiskalte Bruder hatte Leben in den Augen gehabt. Leben und Hoffnung, neben einer schimmernden Absicht.
    Phury steckte sich einen der Dolche in den Seidengürtel um seine Taille, den anderen legte er zurück in den Safe. Dann lief er mit stählerner Wirbelsäule zur Tür.
    Liebe war jedes Opfer wert, dachte er, als er sein Zimmer verließ. Selbst wenn es nicht die eigene war.
     
    In genau diesem Augenblick materialisierte sich V auf dem Bürgersteig gegenüber von Janes Wohnung. Es brannte kein Licht, und er war versucht, einfach in ihr Apartment reinzumarschieren, doch er hielt sich im Schatten.
    Mannomann, in seinem Kopf herrschte totales Chaos. Er hatte ein wahnsinnig schlechtes Gewissen wegen Phury. Todesangst, was Jane sagen würde. Sorgen, wie er eine Zukunft mit einem Menschen in den Griff bekommen sollte. Er machte sich

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