Black Dagger 11 - Blutlinien
Flügeltüre und schloss sie. Dann trat er vor den Schreibtisch. Seine Hand zitterte,
als er die Mappe unter seiner Achsel hervorzog und seine Trumpfkarte zückte.
»Was ist das?«
Johns Magen benutzte seinen Beckenboden als Hüpfburg, während er dem König zögerlich seine Krankenakte über die Schreibplatte schob.
Das bin ich. Was du wissen musst, steht auf der ersten Seite.
Wrath runzelte die Stirn und nahm die Lupe, ohne die er nicht lesen konnte, zur Hand. Dann schlug er die Mappe auf und beugte sich über den Bericht, der Johns Therapiesitzung in Havers’ Klinik beschrieb. Es war deutlich zu erkennen, wann er den spannenden Teil erreichte, denn die schweren Schultern des Vampirs verspannten sich unter dem schwarzen T-Shirt.
O Gott …, dachte John. Gleich muss ich kotzen.
Nach einer Weile klappte der König den Ordner wieder zu und legte die Lupe hin. Schweigend schob er die beiden Gegenstände auf der Schreibtischplatte herum, bis sie nebeneinander und im rechten Winkel lagen. Der Elfenbeingriff der Lupe bildete eine exakte Verlängerung der unteren Kante der Mappe. Als Wrath endlich den Blick hob, wich John ihm nicht aus, obwohl er das Gefühl hatte, vor Schmutz nur so zu triefen. Deshalb hat Qhuinn das getan. Lash hatte meine Krankenakte gelesen, als er bei Havers gearbeitet hat, und er wollte es überall herumposaunen. Überall. Deshalb war es keineswegs ein ganz normaler Streit zwischen zwei Hitzköpfen.
Wrath schob die Sonnenbrille hoch und rieb sich die Augen. »Himmel, ich kann gut nachvollziehen, dass du nicht besonders heiß darauf warst, damit rauszurücken.« Er schüttelte den Kopf. »John … es tut mir so leid, was dir pass – «
John stampfte mit dem Fuß auf, damit Wrath den Kopf hob. Ich erzähle dir das ausschließlich wegen Qhuinn. Ich will nicht darüber reden.
Und dann flogen seine Hände fieberhaft durch die Luft, um die ganze Sache bloß schnell hinter sich zu bringen: Als Qhuinn das Messer zog, hatte Lash mich an die Duschwand gedrückt und wollte mir die Hose runterziehen. Mein Freund hat das nicht nur getan, um Lash am Reden zu hindern – verstehst du mich? Ich … ich war wie erstarrt … ich konnte mich nicht …
»Schon gut, mein Sohn, schon gut … du musst nicht mehr sagen.«
John schlang die Arme um sich und presste sich die zitternden Hände in die Seiten. Er kniff die Augen fest zu, um Wraths Gesicht nicht sehen zu müssen.
»John?«, sagte der König nach einer kurzen Pause. »Junge, sieh mich an.«
Es kostete John fast übermächtige Anstrengung, die Augen aufzumachen. Wrath war so männlich, so stark – der Führer ihres gesamten Volkes. So jemandem gegenüber zuzugeben, dass diese schmachvolle, brutale Sache passiert war, war beinahe so schlimm, wie sie zu erleben.
Wrath klopfte auf die Mappe. »Das hier ändert alles.« Er nahm den Telefonhörer in die Hand. »Fritz? Hallo, alter Freund. Hör mal, ich möchte, dass du Qhuinn bei Blaylock abholst und ihn zu mir bringst. Sag ihm, er hat vor dem König zu erscheinen.«
Als er aufgelegt hatte, fingen Johns Augen an zu brennen, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. In Panik schnappte er sich die Mappe, wirbelte herum und rannte praktisch zur Tür.
»John? Junge? Bitte geh noch nicht.«
John blieb nicht stehen. Er konnte einfach nicht. Den Kopf heftig schüttelnd rannte er aus dem Arbeitszimmer und in sein Zimmer. Sobald er die Tür hinter sich zugeschlagen und abgeschlossen hatte, stürzte er ins Badezimmer, kniete sich vor die Toilettenschüssel und übergab sich.
Qhuinn fühlte sich wie ein Schuft, als er über Blays schlafende Gestalt gebeugt dastand. Der Kerl schlief immer noch wie früher als Kind: den Kopf in ein Laken gewickelt, die Decke bis unter die Nase gezogen. Inzwischen allerdings war sein riesiger Körper ein Berg, der sich von der ebenen Fläche des Bettes erhob, nicht mehr der kleine Maulwurfshügel des Prätrans – aber die Haltung war noch die gleiche.
Sie hatten so viel zusammen erlebt … alle wichtigen ersten Male, vom Trinken übers Autofahren und Rauchen bis hin zu Transition und Sex. Es gab nichts, was sie nicht voneinander wussten, keinen geheimen Gedanken, den sie nicht auf die ein oder andere Art und Weise geteilt hatten.
Wobei das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Qhuinn wusste ein paar Dinge, die Blay nicht zugeben wollte.
Sich nicht zu verabschieden, kam ihm beinahe wie ein Verbrechen vor, aber es musste so sein. Wohin er ging, konnte Blay nicht folgen.
Es gab
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