Black Dagger 11 - Blutlinien
liegend, das Gesicht zur Wand gedreht.
Ohne sich weiter aufzuhalten ging Phury in sein Zimmer, holte seinen Nachschub heraus, drehte sich einen Joint und zündete ihn an.
Nach allem, was heute Nacht passiert war, und zu allem Überfluss noch mit dem unerträglichen Zauberer im Nacken, hieß es für ihn entweder rauchen oder schreien. Also rauchte er.
Auf der anderen Seite der Stadt fühlte Xhex sich miserabel, während sie Rehvenge durch die Hintertür aus dem ZeroSum zu seinem kugelsicheren Bentley eskortierte. Rehv sah nicht besser aus, als sie sich fühlte; ihr Boss war nur ein verbissener, dunkler Schatten in einem bodenlangen Zobelmantel, als er langsam über die Straße lief.
Sie öffnete die Fahrertür für ihn und wartete, bis er sich mit Hilfe seines Stocks in dem Schalensitz niedergelassen hatte. Selbst in dieser lauen Nacht bei zwanzig Grad Celsius drehte er die Heizung bis zum Anschlag auf und zog sich den Kragen dicht um den Hals – ein Zeichen dafür, dass die Wirkung seiner letzten Dopamindosis noch nicht abgeklungen war. Das würde sie allerdings bald. Er spritzte sich nie, bevor er dorthin ging. Sonst wäre es zu gefährlich.
Es war gefährlich, Punkt.
Seit fünfundzwanzig Jahren wollte sie ihn begleiten, um ihm bei den Begegnungen mit seiner Erpresserin Rückendeckung zu geben, aber da sie jedes Mal, wenn sie fragte, eine Abfuhr bekam, hielt sie inzwischen die Klappe. Der Preis für ihr Schweigen war allerdings verflucht miese Laune.
»Fährst du danach in deinen Schlupfwinkel?«, fragte sie.
»Ja.«
Sie schlug die Tür zu und blickte ihm nach. Er sagte ihr nicht, wo die Treffen stattfanden, aber sie kannte die grobe Richtung. Laut dem GPS in seinem Wagen fuhr er Richtung Norden.
Gott, wie sie es hasste, was er zu tun hatte.
Dank ihres Fehlers vor zweieinhalb Jahrzehnten musste Rehv sich jeden ersten Dienstag im Monat prostituieren, um sie beide zu beschützen.
Die Symphathen-Prinzessin, der er zu Diensten war, war gefährlich. Und sie gierte nach ihm.
Anfangs hatte Xhex damit gerechnet, dass die Schlampe sie und Rehv anonym denunzieren und dadurch für ihre Deportation in die Symphathen-Kolonie sorgen würde. Doch sie war schlauer als das. Wenn sie dorthin verfrachtet würden, würden sie mit Glück vielleicht sechs Monate überleben, obwohl sie so stark waren. Mischlinge kamen gegen Vollblüter nicht an, und außerdem war die Prinzessin mit ihrem eigenen Onkel verheiratet.
Der ein machtbesessener, habgieriger Despot war, wie er seinesgleichen suchte.
Xhex fluchte. Sie hatte keine Ahnung, warum Rehv sie nicht hasste, und es war ihr unbegreiflich, wie er den Sex ertragen konnte. Allerdings hatte sie das Gefühl, dass diese Nächte der Grund dafür waren, warum er sich so gut
um seine Mädels kümmerte. Im Gegensatz zu Otto Normalzuhälter wusste er ganz genau, wie die Prostituierten sich fühlten, wusste ganz genau, wie es war, jemanden zu vögeln, den man nicht ausstehen konnte, weil man etwas von ihm brauchte – sei es nun seine Kohle oder sein Schweigen.
Xhex hatte immer noch keinen Ausweg gefunden, und was die Situation noch unerträglicher machte, war, dass Rehv aufgehört hatte, sich um seine Freiheit zu bemühen. Was einst eine Krisensituation gewesen war, hatte sich zum neuen Alltag entwickelt. Zwei Jahrzehnte später bumste er immer noch, um sie beide zu beschützen, und es war immer noch Xhex’ Schuld. Jeden ersten Dienstag im Monat fuhr er los und tat das Unvorstellbare mit jemandem, den er hasste … und so war das Leben.
»Scheiße«, sagte sie zum Asphalt. »Wann wird sich das je ändern?«
Die einzige Antwort, die sie erhielt, war ein Windstoß, der Zeitungsseiten und Plastiktüten auf sie zuwehte.
Als sie zurück in den Club kam, passten sich ihre Augen wieder den flackernden Lasern an, dämpften ihre Ohren die treibende Musik, stellte ihre Haut einen leichten Temperaturrückgang fest.
Der VIP-Bereich schien relativ ruhig, nur die üblichen Stammgäste. Trotzdem stellte sie Augenkontakt zu beiden Türstehern her. Sie nickten, alles im Lot. Dann inspizierte Xhex die Mädels, die sich um die Sitzbänke kümmerten. Beobachtete die Kellnerinnen beim Abräumen leerer und Servieren voller Gläser. Überprüfte die Alkohol-Bestückung der VIP-Theke.
Als sie an dem Samtseil ankam, das die beiden Bereiche trennte, warf sie einen Blick über die Menge hinweg in den Hauptraum des Clubs. Die Masse auf der Tanzfläche
bewegte sich wie ein unruhiges Meer, wogte auf und
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