Black Dagger 12 - Vampirträume
im Umgang miteinander, kein persönliches Wort fiel zwischen ihnen.
Ich komme dann nach, sagte John und wandte sich ab. Mann, dass die zwei nicht miteinander klarkamen, stellte
irgendwie die gesamte Weltordnung auf den Kopf. Es war einfach nicht richtig.
John lief durchs Esszimmer, und als er oben am Treppenabsatz angekommen war, rannte er praktisch schon. Er roch roten Rauch und hörte Opernmusik aus Phurys Zimmer – wohl kaum die richtige Begleitmusik für krassen Sex. Vielleicht war nach einem Streit einfach jeder in sein Zimmer gegangen?
John schlich sich vor Cormias Tür und horchte. Nichts. Obwohl die Luft, die hinaus in den Flur drang, von einem üppigen Blütenduft begleitet wurde.
Es konnte ja nicht schaden, kurz nach Cormia zu sehen, also hob John die Hand und klopfte leise an die Tür. Als keine Antwort kam, pfiff er.
»John?«, fragte ihre Stimme.
Er machte die Tür auf, weil er annahm, er –
John erstarrte zu Stein.
Cormia lag quer über ihrem Bett zwischen zerknüllten Laken und Decken. Sie lag nackt da, mit dem Rücken zur Tür, und da war Blut … auf der Innenseite ihrer Schenkel.
Sie hob den Kopf und blickte über die Schulter, dann bedeckte sie sich hastig. »Gütigste Jungfrau!«
Während sie die Decke bis ans Kinn zog, stand John immer noch wie zur Salzsäule erstarrt da. Sein Gehirn versuchte krampfhaft, den Anblick zu verarbeiten.
Er hatte ihr wehgetan. Phury hatte ihr wehgetan.
Cormia schüttelte den Kopf. »Ach … verdammt.«
John blinzelte, blinzelte wieder … nur um sich selbst als Halbwüchsigen in einem schmutzigen Treppenhaus zu sehen, nachdem das, was man ihm angetan hatte, vorbei gewesen war.
Auf seinen Oberschenkeln war auch Zeug gewesen.
Etwas in seiner Miene musste sie irrsinnig erschreckt haben,
denn sie streckte die Arme nach ihm aus. »John … o, John, nein … alles in Ordnung … wirklich, glaub mir, es ist –«
John drehte sich um und ging ruhig durch die Tür hinaus.
»John!«
Damals, als er noch klein und hilflos war, hatte er keine Vergeltung an seinem Angreifer üben können. Jetzt aber, da er die drei Meter zu Phurys Tür stapfte, war er in der Lage, etwas an seiner Vergangenheit und Cormias Gegenwart zu ändern. Jetzt war er groß und stark genug. Jetzt konnte er für jemanden eintreten, der der Gnade eines viel Stärkeren ausgeliefert gewesen war.
»John! Nein!« Cormia rannte aus ihrem Zimmer.
John klopfte nicht. O nein, kein Klopfen. In diesem Augenblick waren seine Fäuste nicht für Holz bestimmt. Sie waren für Fleisch bestimmt.
Er warf Phurys Tür auf und fand den Bruder mit einem Joint zwischen den Lippen auf der Bettkante sitzend vor. Ihre Blicke trafen sich, in Phurys Miene spiegelten sich Schuldbewusstsein, Schmerz und Reue.
Was die Angelegenheit besiegelte.
Mit einem lautlosen Brüllen stürzte John quer durch den Raum, und Phury unternahm absolut gar nichts, um den Angriff zu verhindern. Der Bruder ergab sich fast bereitwillig der Attacke, ließ sich auf die Matratze fallen, während John ihn auf den Mund und die Augen und den Kiefer schlug, wieder und wieder.
Jemand schrie. Eine Frau.
Leute kamen angerannt.
Gebrüll ertönte. Viel Gebrüll.
»Was zum Henker ist hier los?«, donnerte Wrath.
John hörte nichts von alledem. Er konzentrierte sich ausschließlich darauf, Phury windelweich zu prügeln. Der Bruder
war nicht länger sein Lehrer oder sein Freund, er war ein Rohling und ein Vergewaltiger.
Blut rann auf das Laken.
Was ja wohl nur fair war.
Schließlich gelang es jemandem – Rhage, es war Rhage –John wegzuzerren, und Cormia rannte zu Phury. Doch der hielt sie auf Abstand und drehte sich weg.
»Zur Hölle«, schimpfte Wrath. »Können wir uns alle mal kurz entspannen?«
Die Oper im Hintergrund passte so überhaupt nicht zu dem Szenario: Ihre majestätische Schönheit stand in krassem Widerspruch zu Phurys zerschlagenem Gesicht, Johns bebender Wut und Cormias Tränen.
Wrath knöpfte sich John vor. »Was zum Henker ist mit dir los?«
»Ich hatte es verdient.« Phury wischte sich die blutige Lippe ab. »Ich hatte das und noch Schlimmeres verdient.«
Wraths Kopf schnellte zum Bett herum. »Was?«
»Nein, hat er nicht«, mischte sich Cormia ein, den Kragen ihrer Robe fest um ihren Hals haltend. »Es war einvernehmlich. «
»Nein, war es nicht.« Phury schüttelte den Kopf. »War es nicht.«
Der König kniff die Augen zusammen. Mit tiefer, gepresster Stimme sagte er zu der Auserwählten: »Was war
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