Black Dagger 13 - Racheengel
nebenan hatte Bobby G herumschreien gehört. Dann das Knallen der Tür.
Und laut Anrufliste, die man bereits von seinem Mobilfunkanbieter eingeholt hatte, hatte er um einundzwanzig Uhr sechsunddreißig Chrissys Nummer gewählt.
Man hatte umgehend eine Überwachung durch Beamte in Zivil angeordnet, und die Detectives schauten regelmäßig herein, jedoch ohne Ergebnisse. Und José glaubte nicht, dass es an dieser Front noch irgendwelche Neuigkeiten geben würde. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass diese Wohnung eine Geisterstadt bliebe.
Also hatte er jetzt zwei Dinge auf seinem Radar: den Freund finden. Und die Sicherheitschefin vom ZeroSum überwachen.
Und sein Instinkt sagte ihm, dass es das Beste für alle Beteiligten wäre, wenn er Bobby G vor Alex Hess fand.
8
Während Havers bei Rehvenge war, bestückte Ehlena einen der Vorratsschränke. Der zufällig ganz nah an Behandlungszimmer drei stand. Sie stapelte elastische Verbände. Baute Türme aus eingeschweißten Mullbinden. Kreierte ein Modigliani-gleiches Gebilde aus Kleenex-Schachteln, Pflastern und Thermometerkappen.
Langsam gingen ihr die Dinge zum Ordnen aus, als die Tür zum Behandlungszimmer mit einem Klicken aufging. Sie steckte den Kopf in den Gang hinaus.
Havers war wirklich ein Arzt wie aus dem Bilderbuch, mit seiner Hornbrille und den exakt gescheitelten braunen Haaren, der Fliege und dem weißen Kittel. Er gab sich auch wie ein Vorzeigedoktor und hatte Mitarbeiter, Klinik und allen voran die Patienten immer ruhig und besonnen im Griff.
Aber als er jetzt im Gang stand, schien er nicht ganz bei sich zu sein. Er runzelte die Stirn, als wäre er verwirrt, und rieb sich den Kopf, als schmerzten seine Schläfen.
»Ist bei Ihnen alles in Ordnung, Doktor?«, erkundigte sich Ehlena.
Er wandte sich zu ihr um, die Augen ungewöhnlich leer hinter den Brillengläsern. »Äh... ja, danke.« Er schüttelte den Kopf und gab ihr ein Rezept, das oben auf Rehvenges Krankenakte lag. »Ich... äh... Wären Sie so freundlich, dem Patienten Dopamin zu bringen, zusammen mit zwei Dosen Skorpion-Antiserum? Ich würde es selbst tun, aber ich glaube, ich muss mir etwas zu essen besorgen. Ich fühle mich ein bisschen unterzuckert.«
»Ja, Doktor. Sofort.«
Havers nickte und steckte die Krankenakte zurück in den Halter neben der Tür. »Vielen Dank.«
Wie in Trance schwebte er von dannen.
Der arme Mann musste völlig erschöpft sein. Er hatte den größten Teil der letzten zwei Nächte und Tage im OP verbracht und sich um eine gebärende Frau, einen Mann, der in einen Autounfall verwickelt gewesen war, und ein kleines Kind mit schlimmen Verbrennungen gekümmert, das nach einem Topf kochenden Wassers auf dem Herd gegriffen hatte. Und dabei hatte er in den zwei Jahren, seit er in der Klinik arbeitete, keinen Tag frei genommen. Er war immer auf Abruf, immer im Dienst.
Ein bisschen wie Ehlena mit ihrem Vater.
Deshalb wusste sie, wie müde er sein musste.
In der Apotheke gab sie das Rezept dem Apotheker, der nie ein Wort verlor und auch heute nicht mit dieser Tradition brach. Der Mann ging nach hinten und kam mit sechs Schachteln Dopamin-Ampullen und etwas Antiserum zurück.
Er gab ihr die Medikamente, stellte ein Schild mit der Aufschrift BIN IN 15 MINUTEN WIEDER DA auf und passierte die Klappe im Ladentisch.
»Warten Sie«, sagte Ehlena, die ihre Fracht kaum halten konnte. »Das kann doch nicht stimmen.«
Der Mann hatte schon Zigarette und Feuerzeug in der Hand. »Doch.«
»Nein, das ist... wo ist das Rezept?«
Mit nichts zog eine Frau größeren Zorn auf sich, als wenn sie einen Mann von seiner Rauchpause abhielt. Aber das kümmerte sie einen Dreck.
»Bringen Sie mir das Rezept.«
Murrend schob sich der Apotheker wieder durch den Ladentisch und raschelte übertrieben laut mit den Rezepten, als hoffte er, durch die Reibung ein Feuer zu entzünden.
»›Sechs Packungen Dopamin‹« Er hielt ihr das Rezept vor die Nase. »Sehen Sie?«
Sie beugte sich vor. Es stimmte, sechs Schachteln, nicht sechs Ampullen.
»Das verschreibt der Doktor diesem Kerl immer. Das und das Antiserum.«
»Immer?«
Der Ausdruck des Mannes sagte Komm mal runter, Alte und er sprach langsam, als verstünde sie kein Englisch. »Ja. Der Doktor holt die Bestellung normalerweise selber ab. Sind Sie zufrieden, oder wollen Sie sich bei Havers beschweren?«
»Nein... und danke.«
»War mir ein Vergnügen. « Er klatschte das Rezept zurück auf den Stapel und stapfte durch den
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