Black Dagger 13 - Racheengel
Uhr fünfundvierzig zeigte die kleine Bin-gleich-zurück-Uhr an.
Sie sah auf ihre Armbanduhr. Drei Uhr dreißig.
Sie entriegelte die Klappe an der Ladentheke, ging schnurstracks zu den Penicillin-Gläsern und schüttete achtzig fünfhundert-Milligramm-Tabletten in die Tasche ihrer Uniform – genau das Gleiche, was vor drei Nächten einem Patienten mit ähnlichem Leiden verschrieben worden war.
Rehvenge würde in nächster Zeit nicht in die Klinik kommen. Also brachte sie ihm, was er brauchte.
Sie redete sich ein, einem Patienten zu helfen, was schließlich das Wichtigste war. Verflucht, sie rettete ihm
wahrscheinlich das Leben. Außerdem, erläuterte sie ihrem Gewissen, handelte es sich nicht um OxiContin oder Valium oder Morphium. Nach ihrem Informationsstand hatte sich noch niemand zerstoßenes Penicillin durch die Nase gezogen, um high zu werden.
Als sie ihr unangerührtes Pausenbrot aus dem Mitarbeiterraum holte, fühlte sie sich frei von Schuldgefühlen. Und als sie sich nach Hause materialisierte, ging sie in die Küche und kippte die Tabletten ohne Scham in ein wiederverschließbares Tütchen, das sie in ihrer Handtasche verstaute.
Sie wählte diesen Kurs bewusst. Stephan war bereits tot, als sie ihn erreicht hatte, und sie hatte nur noch dabei helfen können, seinen kalten, steifen Leib in kräutergetränkte Wickel zu hüllen. Rehvenge lebte. Er lebte und litt. Und egal, ob er es nun selbst verschuldet hatte oder nicht, ihm konnte sie noch helfen.
Das Ergebnis war richtig, auch wenn die Methoden zweifelhaft waren.
Und manchmal ging es eben nicht anders.
24
Um halb vier Uhr morgens kam Xhex ins ZeroSum zurück, gerade rechtzeitig, um den Club zu schließen. Außerdem musste sie da noch eine Kleinigkeit an sich selbst erledigen, und anders als das Leeren der Kassen und das Heimschicken der Belegschaft erlaubte ihre persönliche Angelegenheit keinen Aufschub.
Bevor sie Rehvs Sommerhaus verlassen hatte, hatte sie sich ins Bad verdrückt und ihre Büßergurte wieder angelegt, aber es wollte nicht funktionieren: Sie stand unter Strom. War rastlos vor Macht. Vollkommen drauf. Die Dinger waren ungefähr so wirksam wie zwei Schnürsenkel.
Sie schlüpfte durch den Seiteneingang in die VIP-Lounge und sah sich kurz in der Menge um, sich wohl bewusst, dass sie jemand ganz Bestimmten suchte.
Und er war da.
Verflixter John Matthew. Ein erfolgreich durchgeführter Auftrag weckte immer Hunger in ihr, und die Nähe zu jemandem wie ihm war jetzt das Letzte, was sie brauchte.
Als spürte er ihre Blicke, hob er den Kopf, und seine tiefblauen Augen blitzten. Er wusste genau, was sie wollte. Und dass er sich diskret anders hinsetzen musste, ließ darauf schließen, dass er zu Diensten stünde.
Xhex konnte nicht anders. Sie musste sich und ihn quälen, also pflanzte sie ihm eine bildhafte Szene direkt ins Frontalhirn: Sie beide in einem der privaten Waschräume, er auf dem Waschbecken, den Oberkörper zurückgelehnt, sie einen Fuß auf der Konsole, sein Schwanz tief in ihr vergraben, beide keuchend.
Während er sie durch den vollen Raum ansah, öffneten sich seine Lippen, und die Röte, die ihm in die Wangen schoss, hatte nichts mit Verlegenheit zu tun und alles mit dem Orgasmus, der zweifelsohne in seinem Ständer hämmerte.
Gott, sie wollte ihn.
Sein Kumpel, der Rothaarige, riss sie aus ihrer Erstarrung. Blaylock kam an den Tisch, drei Bier von seinen Fingern baumelnd. Er sah Johns hartes, erregtes Gesicht, blieb stehen und blickte überrascht zu ihr hinüber.
Verdammt.
Xhex winkte den Türstehern, die auf sie zukamen, und stolperte so überstürzt aus dem VIP-Bereich, dass sie fast eine Bedienung niedergerissen hätte.
Ihr Büro war der einzig sichere Ort für sie, und sie rannte förmlich dorthin. Das Töten setzte bei ihr einen Motor in Gang, der sich nur schwer wieder bremsen ließ, und die Erinnerung an den süßen Moment, als Montrag ihrem Blick begegnete und sie ihm das Augenlicht nahm, befeuerte ihre Symphathen seite . Um von diesem Trip wieder herunterzukommen und die Energie zu kanalisieren, gab es zwei Möglichkeiten.
Sex mit John Matthew wäre ganz bestimmt eine davon
gewesen. Die andere war weitaus weniger attraktiv, aber Xhex blieb keine Wahl, denn sie war kurz davor, ihre Lys herauszukramen und sie an allen Menschen, die ihr im Weg standen, anzuwenden. Was nicht gut fürs Geschäft wäre.
Ungefähr hundert Jahre später schloss sie ihre Tür hinter sich und sperrte den Lärm und das
Weitere Kostenlose Bücher