Black Dagger 17 - Vampirschwur
Die Untersuchungslampe, die über ihr hing? Etwas, das für ihn unsichtbar war?
Schließlich bat sie ihn: »Willst du mich nicht fragen, wie lange ich bei unserer Mutter in Gewahrsam war?«
»Bist du dir sicher, dass du die Kraft dafür hast?« Als ihre Augen wütend aufblitzten, hätte er fast gelächelt. »Also gut, wie lang?«
»Was für ein Jahr schreiben wir hier auf der Erde?« Als er es ihr sagte, weiteten sich ihre Augen. »Fürwahr. Nun, es waren Jahrhunderte. Mahmen hat mich … Hunderte von Lebensjahren gefangen gehalten.«
Vishous spürte, wie die Spitzen seiner Fänge vor Wut prickelten. Diese Mutter … er hätte wissen müssen, dass der kürzlich mit ihr geschlossene Friede nicht von Dauer sein würde. »Jetzt bist du frei.«
»Bin ich das?« Sie blickte hinunter auf ihre Beine. »Ich könnte es nicht ertragen, im nächsten Gefängnis zu enden.«
»Das wirst du nicht.«
Doch nun wurde ihr eisiger Blick durchdringend. »Ich kann so nicht leben. Verstehst du, was ich sage?«
Vishous gefror das Blut in den Adern. »Hör zu, ich werde diesen Arzt hierherschaffen und …«
»Vishous«, unterbrach sie ihn heiser. »Im Ernst, ich würde es tun, wenn ich könnte, aber ich kann es nicht, und ich habe sonst niemanden, an den ich mich wenden könnte. Verstehst du mich?«
Als er ihr in die Augen blickte, wollte er am liebsten schreien. Sein Magen verkrampfte sich, und Schweiß trat
auf seine Stirn. Er war ein geborener und gelernter Killer, aber diese Fertigkeit wollte er doch nicht gegen sein eigenes Blut richten. Nun, ausgenommen das ihrer Mutter natürlich. Und vielleicht hätte er es noch bei seinem Vater getan, nur dass der Kerl von selbst gestorben war.
Okay, kleine Korrektur: Seiner Schwester hätte er niemals etwas angetan.
»Vishous, verstehst du …«
»Ja.« Er blickte auf seine verfluchte Hand und beugte die Finger. »Ich hab’s kapiert.«
Tief in seinem Inneren setzte sich ein Rädchen in Bewegung. Vishous kannte dieses Vibrieren, es hatte ihn den größten Teil seines Lebens begleitet – dennoch traf es ihn nun völlig unvorbereitet. Seit Jane und Butch in sein Leben getreten waren, hatte er dieses Gefühl nicht mehr gehabt, und es jetzt wieder zu spüren, war für ihn … die nächste verfluchte Katastrophe.
In der Vergangenheit hatte es ihn ernsthaft aus der Bahn geworfen und zu Hardcoresex und gefährlichen Randerfahrungen getrieben.
Und zwar in Schallgeschwindigkeit.
Paynes Stimme wirkte schwach. »Und, wie lautet deine Antwort?«
Verdammt, er hatte sie gerade erst kennengelernt.
»Ja.« Er betrachtete seine tödliche Hand. »Ich werde mich um dich kümmern. Sollte es tatsächlich so weit kommen.«
Payne blickte aus dem Käfig ihres bleiernen Körpers, doch das düstere Profil ihres Zwillingsbruders war alles, was sie sehen konnte. Sie hasste sich dafür, ihn in diese scheußliche Lage zu bringen. Seit ihrer Ankunft auf dieser Seite hatte sie versucht, einen anderen Plan herauszuarbeiten, eine andere Möglichkeit zu finden, eine andere … irgendwas.
Aber was sie wollte, konnte sie sich wohl kaum von einem Fremden erbitten.
Andererseits war auch er für sie fast noch ein Fremder.
»Danke«, sagte sie. »Mein Bruder.«
Vishous nickte nur einmal und blickte dann wieder starr vor sich hin. Wenn man ihn leibhaftig vor sich hatte, war er so viel mehr als die Summe seiner Gesichtszüge und die enorme Größe seiner Gestalt. Bevor sie von ihrer Mahmen gefangen genommen worden war, hatte sie ihn lange in den sehenden Wassern der geweihten Auserwählten beobachtet. Sie hatte bei seinem ersten Erscheinen im seichten Wasser erkannt, was er war – sie hatte ihn gesehen und sich selbst erblickt.
Was hatte er für ein Leben führen müssen. Angefangen mit dem Kriegslager und der Brutalität ihres Vaters … und jetzt das.
Unter der Fassade seiner scheinbaren Gelassenheit kochte er. Sie spürte es bis in die Knochen, die Verbindung zwischen ihnen verschaffte ihr Einblicke in sein Inneres, die über das hinausgingen, was ihre Augen sahen: Rein äußerlich schien er gefasst. Wie bei einer Ziegelmauer waren die einzelnen Elemente ordentlich und fest vermörtelt. Darunter jedoch brodelte es … und der sichtbare Beweis war seine rechte Hand. Aus dem Handschuh leuchtete ein heller Schein hervor … und er strahlte immer greller. Ganz besonders, nachdem sie ihm gerade diese Frage gestellt hatte.
Ihr wurde bewusst, dass das hier womöglich die einzige Zeit war, die ihnen gemeinsam
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