Black Dagger 19 - Liebesmond
das Kinn lag auf der Brust, die Arme hingen seitlich herab, die Knie waren nach außen gekippt. Er hatte sich im Steampunk-Style als viktorianischer Dandy gekleidet, in einem schwarzen, eng anliegenden Anzug, darunter ein weißes Hemd mit hohem, spitzenbesetztem Kragen – aber natürlich passte es vorne und hinten nicht. Erstens waren es die falschen Stoffe. Zweitens war alles industriell gefertigt. Und dann die Knöpfe … Aber das passierte eben, wenn sich Menschen an historischer Garderobe versuchten. Sie bekamen es einfach nie gebacken.
Xhex schloss leise die Tür und ging schweigend auf ihn zu, ballte eine Faust … und knallte sie auf den Tisch, um ihn zu wecken.
Und sieh einer an, er hatte auch noch den passenden kleinen Gehstock, um sein Outfit abzurunden. Und einen Umhang.
Als der Typ ruckartig nach hinten kippte und auf zwei Stuhlbeinen schwankte, fing sie den elfenbeinernen Gehstock in der Luft auf und überließ den Menschen der Schwerkraft …
Ach, wie putzig. In seinem offenen Mund saßen zwei aufgeklebte Fangzähne aus Porzellan. Das verstärkte wahrscheinlich noch das Dracula-Feeling.
Sie setzte sich, als er flach auf dem Rücken landete, und studierte den silbernen Totenkopfknauf an seinem Gehstock, während er sich aufrappelte, sein dümmliches Kostüm und den Stuhl zurechtrückte und sich wieder hinhockte. Als er sein pechschwarzes Haar zurückstrich, sah man den mausbraunen Ansatz.
» Ja, wir lassen dich laufen«, sagte sie, bevor er fragte. » Solange du mir erzählst, was ich wissen will, werde ich unsere Freunde beim CPD nicht in die Sache reinziehen.«
» Okay. Danke.«
Zumindest versuchte er sich nicht an einem englischen Akzent. » Wo hast du das Koks her?« Sie hob abwehrend die Hand, ehe er den Mund aufmachen konnte. » Und bevor du mir jetzt erzählst, dass es deinem Freund gehört und du es nur für ihn aufbewahrst, oder dass du die Jacke ausgeliehen hast und es in den Taschen steckte – den Scheiß glaubt die Polizei genauso wenig wie ich. Aber ich garantiere dir, sie werden die Lüge zu hören bekommen.«
Ein Schweigen entstand, während sie ihn ansah. Er hatte sogar rote Kontaktlinsen eingesetzt, um seinen Augen ein Glühen zu verleihen.
Sie fragte sich, ob er jemals versucht hatte, sich durch eine Wand zu dematerialisieren.
Sie war bereit, ihm bei einem ersten Versuch zu helfen.
» Es kommt von einem Typen an der Trade Street Ecke Achte. Ich habe es vor ungefähr drei Stunden gekauft. Ich weiß nicht, wie er heißt, aber er verkauft fast jede Nacht zwischen elf und zwölf.«
» Verkauft er nur den Scheiß mit diesem Symbol?«
» Nein.« Langsam entspannte sich ihr Kunde, und sein Jersey-Akzent wurde immer breiter. » Er vercheckt so ziemlich alles. Im Frühling habe ich manchmal kein Koks bekommen. Aber irgendwie, keine Ahnung, hatte er es seit letztem Monat eigentlich immer. Ich steh nun mal auf das Zeug.«
Ob das Dracula-Getue wohl seine Rebellion gegen das Saubermann-Image in Jersey war, fragte sich Xhex.
» Unter welchem Namen vertickt er es?«
» Dagger. Das passt zu mir.« Er deutete auf seine Aufmachung, und das Licht fing sich im roten Stein am Ring seines kleinen Fingers. » Ich bin ein Vampir.«
» Nein! Was du nicht sagst. Ich dachte, die gibt es gar nicht.«
» Oh doch, wir sind sehr real.« Er musterte sie von oben bis unten und setzte seinen Verführerblick auf. » Ich könnte dir ein paar Leute vorstellen. Dich in den Zirkel einführen.«
» Spricht man von einem Zirkel nicht eher bei Hexen?«
» Ich habe drei Frauen.«
» Klingt nach einem vollen Haus.«
» Ich suche eine vierte.«
» Nettes Angebot, aber ich bin verheiratet.« Der Satz versetzte ihr einen Stich. » Glücklich, wenn es dich interessiert.«
Sie war sich nicht ganz sicher, für wen dieser Zusatz gedacht war. Himmel, John …
Es klopfte leise an der Tür. » Ja?«, rief sie über die Schulter.
» Du hast Besuch.«
Sobald sie diese Antwort hörte, erwachte ihr Körper zum Leben, und auf einmal war sie bereit, diese Vogelscheuche vor ihr mit dem Kopf voraus nach draußen zu befördern.
John war heute früh dran, was ihr durchaus gelegen kam.
» Wir sind fertig«, erklärte sie und stand auf.
Der Mensch erhob sich ebenfalls, und seine Nasenflügel weiteten sich. » Gott, dein Parfum ist … Wahnsinn.«
» Bring diesen Scheiß nicht mehr hierher, denn das nächste Mal unterhalten wir uns nicht mehr. Verstanden?«
Sie öffnete die Tür, und der Bindungsduft ihres Gefährten
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