Black Dagger 20 - Schattentraum
hochintelligent. Niemand konnte vorhersagen, ob diese aufkeimende Intrige heute Nacht gesprengt würde – insbesondere, wenn Xcor in Erscheinung trat.
Elans Haus war ein schmucker Backsteinbau in viktorianischem Stil mit hauchzarten Holzverzierungen an jedem Giebel und Erker. Es stand in einem verschlafenen Nest mit gerade mal dreißigtausend menschlichen Einwohnern, fernab von einem Sträßchen auf einem Grundstück, an dem sich seitlich ein Fluss entlangschlängelte.
Assail stieg aus, doch die Schildpattknöpfe an seinem Kamelhaarmantel ließ er offen, ebenso zog er keine Handschuhe an und knöpfte die zweireihige Anzugjacke nicht zu.
Seine Pistolen ruhten an seinem Herzen, auf sie musste er schnell zugreifen können.
Er ging auf die Haustür zu. Seine edlen schwarzen Stiefel machten auf der frei geschaufelten Zufahrt ein lautes Geräusch, und sein Atem formte kleine weiße Wölkchen vor seinem Mund. Über ihm stand der Mond, hell wie eine Halogenlampe und rund wie ein Teller. Bei diesem wolkenlosen, klaren Himmel konnte er seine ganze Strahlkraft entfalten.
Die Vorhänge am Haus waren zugezogen, deshalb konnte Assail nicht sehen, wie viele der anderen schon da waren, aber es hätte ihn nicht überrascht, wenn sie bereits vollzählig versammelt waren, nachdem sie sich hierher dematerialisiert hatten.
Dummköpfe.
Er drückte die Klingel mit seiner nackten Hand, und sogleich wurde die Tür geöffnet, von einem Doggen, der sich tief verneigte.
»M aster Assail. Willkommen – darf ich Euch den Mantel abnehmen?«
»N ein, darfst du nicht.«
Der Butler stutzte – zumindest, bis Assail ihn mit einer gewölbten Braue bedachte. »O h, aber selbstverständlich, Master – bitte folgt mir.«
Stimmen, allesamt männlich, drangen an seine Ohren, und der Zimtduft von Glühwein wehte ihm entgegen. Assail folgte dem Doggen in ein großes Empfangszimmer, das mit schwerem Mahagonimobiliar vollgestellt war, passend zur Epoche des Hauses. Und um und auf den Möbeln drapiert waren an die zehn Vampire, die ihrem Gastgeber ihre Aufwartung machten, gepflegte Erscheinungen in Anzügen mit Krawatten oder Halstüchern.
Die Unterhaltungen gerieten etwas ins Stocken, als Assail erschien, was darauf hindeutete, dass ihm zumindest ein paar der Versammelten misstrauten.
Das war womöglich der einzig schlaue Zug an ihnen.
Sein Gastgeber löste sich aus der Gruppe und kam mit einem selbstgefälligen Lächeln auf ihn zu. »W ie schön, dass Ihr gekommen seid, Assail.«
»I ch danke für die Einladung.«
Elan runzelte die Stirn. »W o ist mein Doggen? Er hätte Euch den Mantel ab…«
»I ch ziehe es vor, ihn anzubehalten. Und ich setze mich da rüber.« Er deutete mit einem Nicken in Richtung der Ecke, von der aus man den besten Überblick hatte. »I ch vermute, wir werden bald beginnen.«
»V ollkommen richtig. Mit Eurer Ankunft fehlt nur noch einer.«
Assail musterte den unauffälligen Schweißfilm, der sich zwischen Nase und Oberlippe seines Gegenübers gebildet hatte. Xcor hatte die richtige Schachfigur gewählt, dachte er, als er in seinem Sessel Platz nahm.
Ein spürbarer Luftzug kündete die Ankunft des letzten Gastes an.
Als Xcor in den Raum kam, wurden die Gespräche nicht nur kurz unterbrochen. Die Aristokraten verstummten vollständig, und das gesamte Gefüge verschob sich unauffällig, als jeder einen Schritt zurücktrat.
Doch was für eine Überraschung! Xcor hatte nicht nur einen Begleiter mitgebracht.
Hinter ihm drängte sich die gesamte Bande in den Raum und formte einen Halbkreis in seinem Rücken.
Aus der Nähe betrachtet sah Xcor ganz genauso aus wie eh und je: grobschlächtig und hässlich, ein Vampir, dessen Blick und Haltung suggerierten, dass sein gewalttätiger Ruf auf Tatsachen beruhte und nicht auf Spekulationen. Und wirklich, so, wie er zwischen diesen Schwächlingen stand, umgeben von Luxus und Zivilisiertheit, schien er bereit und absolut imstande, alles abzuschlachten, was hier atmete – und dasselbe galt für die Kerle hinter ihm. Alle steckten in Kampfmontur und schienen bereit, auf das kleinste Nicken ihres Anführers hin loszustürmen.
Selbst Assail musste sich eingestehen, dass er beeindruckt war.
Dieser Elan war ein Esel – er und seine Glymera- Kumpane hatten unwissentlich die Büchse der Pandora geöffnet.
Mit einem beflissenen Hüsteln trat Elan vor, um sich als Versammlungsleiter an die Anwesenden zu wenden, obwohl er nicht nur in Anbetracht der Muskelkraft der Bande wie ein
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