Black Jack: Bei Anruf Mord!
glauben ihr?“ fragte sie, als sie wieder sprechen konnte.
„Sie hatte keinen Grund zu lügen.“
„Bestimmt. Allein der Gedanke, dass Jonathan eine andere Frau auch nur ansah, ganz zu schweigen davon, mit ihr zu schlafen, ist absolut lächerlich.“ Sie schaute ihn angriffslustig an, als ob sie erwartete, dass ihre nächste Bitte abgelehnt werden würde. „Ich möchte mit ihr sprechen.“
Zu ihrer Überraschung deutete Quinn mit einem Kopfnicken auf die Karteikarte. „Ich habe damit gerechnet, dass Sie das sagen. Na los, reden Sie mit ihr, vorausgesetzt, sie ist damit einverstanden.“
„Sie haben nichts dagegen?“
„Nicht, wenn ich Sie damit loswerde.“ Er drohte ihr mit dem Finger. „Aber machen Sie keine Dummheiten, verstanden? Damit meine ich keine Drohungen, keine Erpressungsversuche und nichts von all den Machenschaften, für die manche von euch Reportern berühmt sind.“
„Das ist nicht meine Arbeitsweise.“
„Gut, denn wenn Sie sie auch nur erschrecken sollten, komme ich Ihnen mit dem Gesetzbuch. Und ich kann Ihnen versichern: Unsere Gefängnisse werden Ihnen überhaupt nicht gefallen.“
An Theatralik, Abwechslungsreichtum und Absonderlichkeiten konnte es kein Ort auf der Welt mit dem Spektakel aufnehmen, das sich ununterbrochen an Miamis South Beach abspielte. Auf der berühmten Promenade mit ihren Art-déco-Hotels und eleganten Geschäften paradierten Inline-Skaters in knappen Shorts, Transvestiten mit glitzernden Boas, sonnengebräunte junge Männer, die ihre beeindruckenden Muskeln spielen ließen, und Rentner, die das ganze Schauspiel mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Vergnügen beobachteten.
Magdalena Montoyas Apartment am Strand lag in der fünften Etage eines rosafarbenen Hauses, das eine unverbaubare Aussicht auf den Ozean bot. Ein Hausmädchen in Uniform ließ Kelly eintreten und bat sie höflich, im Foyer zu warten.
Von ihrem Platz aus konnte sie ein großes, luftiges Wohnzimmer mit weißem Teppichboden, weißen Sofas und einem weißen Stutzflügel in der Mitte des Raumes sehen. Weiße Lilien in riesigen Terrakotta-Vasen flankierten die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster.
Das Mädchen kam sofort zurück. „Señorita Montoya erwartet Sie auf der Terrasse.“
Señorita Montoya lag auf einem blauen Liegestuhl. Ihr Gesicht wurde von einer großen Jackie-O-Sonnenbrille halb verdeckt. Sie musste Mitte dreißig sein und sah genauso spektakulär aus wie ihr ganz in Weiß gehaltenes Wohnzimmer. Enge weiße Capri-Hosen und ein knappes schwarzes Oberteil umhüllten ihren perfekt geformten Körper wie eine zweite Haut. Ihre Frisur – langes, in Wellen herabfallendes schwarzes Haar – erinnerte Kelly an die verführerischen Femmes fatales der vierziger Jahre, die die Männer immer in Schwierigkeiten brachten. Auf einem Beistelltisch stand ein hohes Glas, das zur Hälfte mit einer cremigen Flüssigkeit gefüllt war.
Die Frau senkte den Kopf ein wenig, zog die Sonnenbrille herunter und musterte Kelly über den Rand hinweg. „Guten Morgen, Miss Robolo.“ Obwohl sie so südamerikanisch aussah, wie es ihr Name vermuten ließ, sprach sie vollkommen akzentfrei. „Darf ich Ihnen einen puertoricanischen Milkshake anbieten? Er wird aus Papayas, Bananen und Ananas gemixt. Marisol bereitet ihn jeden Tag frisch zu.“
„Nein, vielen Dank.“
Magdalena deutete auf einen Liegestuhl, der vor ihr stand. „Aber Sie müssen nicht stehen. Setzen Sie sich doch.“
„Danke.“ Kelly nahm auf der Kante des Stuhls Platz und schaute auf den Strand, der fünf Stockwerke unter ihr lag. Dort fand gerade ein lebhaftes Volleyballspiel statt, Männer gegen Frauen. Alle waren jung, sonnengebräunt und unverschämt gut gebaut. Wer auch immer ihr erzählt hatte, dass Florida nur etwas für alte Leute sei, hatte sich gewaltig geirrt.
Da es Kelly schnell warm wurde, knöpfte sie die Jacke ihres weißen Leinenkostüms auf, zog sie jedoch nicht aus. „Mein Besuch scheint Sie nicht zu überraschen?“
„Detective Quinn hat mich gerade angerufen und mir gesagt, dass Sie vorbeikommen würden.“
Kelly fragte sich, was er ihr sonst noch erzählt haben mochte. Offenbar jedoch nichts Negatives, denn sonst wäre Magdalena wohl kaum so freundlich.
„Sie wollten mich über Jonathan ausfragen?“ Sie griff nach ihrem Glas und sog an dem Strohhalm.
Jonathans Namen aus dem Mund dieser fremden Frau zu hören war schockierender für Kelly, als sie erwartet hatte. „Ja. Ja, das stimmt.“ Sie räusperte
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