Black Jack: Bei Anruf Mord!
ihre Differenzen schon vor langer Zeit beigelegt. „Danke, Sergeant. Wenn Sie mal irgendwann Unterstützung aus diesem Teil der Welt brauchen sollten, rufen Sie nur an.“
„Das tue ich. Viel Glück, Detective.“ Er lachte. „Und sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie unseren Mann gefunden haben.“
Nachdem er aufgelegt hatte, ging Nick zum Fernseher und schob die Kassette in den Videorecorder. Als die Anfangstakte von „Ain’t No Mountain High Enough“ durchs Zimmer klangen, kam Enrique in einem mit schwarzen Perlen bestickten Kleid auf die Bühne, das jede Rundung, echt oder unecht, betonte. Üppige schwarze Locken umrahmten sein perfekt geschminktes Gesicht, und an seinen Ohrläppchen hingen Ohrringe so groß wie Kronleuchter.
Nick beugte sich aufmerksam vor. Sogar bei den Nahaufnahmen war die Ähnlichkeit zwischen Enrique und Diana Ross verblüffend, und wenn er nicht gewusst hätte, einem Travestiekünstler zuzusehen, hätte er den Unterschied nicht erkennen können. Sogar die Stimme klang erstaunlich ähnlich, wenn sie auch etwas tiefer war als die der Sängerin der ehemaligen „Supremes“.
In den folgenden eineinhalb Stunden erlebte er eine Reihe von Verwandlungen – Ann Margret, Barbra Streisand, Billie Holiday, Cher und Tina Turner. Jedes Mal reagierte das Publikum mit donnerndem Applaus auf die neue Berühmtheit, und am Ende der Vorstellung wurde Enrique noch drei Mal auf die Bühne gerufen.
Als das Band zu Ende war, blieb Nick lange in Gedanken versunken sitzen. Er nahm Enriques jüngstes Foto, das auf dem Beistelltisch lag, in die Hand. „Wo steckst du, Enrique?“ murmelte er.
Es musste Miami sein. Nur weil die Polizei von Las Vegas ihn nicht gefunden hatte, bedeutete das nicht, dass er nicht dort war. Nach all den Jahren war Enrique vielleicht nicht mehr so sehr auf der Hut. Alles, was Nick jetzt brauchte, war ein gut durchdachter Plan.
Noch einmal ließ er die Kassette durchlaufen. Als Enriques Verkörperung von Billie Holiday halb vorüber war, kam Nick ein Gedanke. Er war nicht ungefährlich, und deshalb wollte er ihn zuerst auch wieder verwerfen. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto mehr glaubte er, dass es einen Versuch wert war.
Zu aufgebracht, um sich auch nur um ein Lächeln zu bemühen, marschierte Kelly am Butler der Sanders vorbei. „Guten Abend, Adrian. Ist Mrs. Sanders zu Hause?“
„Noch nicht.“ Falls der wohlerzogene Diener über Kellys spätes Erscheinen und ihre schroffe Art verdutzt war, ließ er es sich nicht anmerken. „Sie ist in die Stadt gefahren – zu einem Treffen ihres Frauenvereins.“
Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, das ausfallen zu lassen, dachte Kelly, oder wegen des Wetters früher zurückzufahren. „Und Mr. Sanders?“
„Er speist mit seinem Vater.“ Adrian warf einen Blick auf die breite, geschwungene Treppe. „Mrs. Bowman ist hier, aber sie hat sich vor etwa einer Stunde zurückgezogen. Ich könnte …“
Kelly winkte ab. Wenn es nötig wäre, würde sie schon einen Weg finden, um Victoria und Phoebe aus dem Haus herauszuholen. „Nein, nein, stören Sie sie nicht. Ich wollte eigentlich mit Mrs. Sanders sprechen. Ich warte im Salon auf sie, falls Sie nichts dagegen haben. Ich lasse meinen Mantel an. Mir ist ein wenig kalt heute Abend.“
„Wie Sie wünschen, Miss Robolo.“ Er folgte ihr in das Zimmer. „Möchten Sie etwas Tee? Oder Kaffee? Ich habe noch etwas von der Hawaiianischen Mischung, die Sie so gerne trinken.“
Sie glaubte nicht, dass sie irgendetwas herunterbekommen würde. Es war ein Wunder, dass sie ihr Abendessen bei sich behalten hatte. „Ich möchte nichts, Adrian, aber trotzdem vielen Dank.“
Er verbeugte sich und zog sich geräuschlos zurück. Als sie allein war, wurde Kelly plötzlich von Panik ergriffen. Und wenn sie jetzt einen Fehler gemacht hatte und Cecily doch nicht die Fahrerin des Lexus gewesen war? Wenn die hoch angesehenen Mitglieder des Frauenvereins einstimmig schworen, dass Cecily bei ihrem Treffen zugegen gewesen war? Dann würde sie, Kelly, wie eine komplette Närrin da stehen. Daran konnte unter Umständen sogar die Freundschaft mit Victoria zerbrechen.
Wenn sie sich nur Gewissheit verschaffen könnte, ehe sie Cecily beschuldigte. Sie schaute sich unschlüssig um. Ihr Blick blieb an einer Tür hängen, die nur angelehnt war. Cecilys Arbeitszimmer. Victoria nannte es „das Allerheiligste meiner Tante“, ein besonderer Ort, den man nur betrat, wenn man dazu aufgefordert wurde. Noch nie
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