Black Jail
wusste, was er vorhatte, und fragte sich, warum. Er hoffte, der Wichser würde es nicht schaffen, selbst wenn das hieß, dass er selbst dabei draufging.
Scheiß drauf.
Glass war bereit dazu.
Seine Ohren dröhnten.
Und dann spürte er, dass der Knoten um seinen Hals ein Stück nachgab. Ein winziger Luftstrom fuhr durch seine Kehle.
Noch ein Atemzug. Dann noch einer.
Dann hörte er, wie Watt sich hinter ihm regte, und es dauerte nicht lange, bis das Seil sich lockerte, bis da überhaupt kein Druck mehr war.
Glass schluckte gierig Luft.
Watt ging um ihn herum nach vorn, ein Messer in der Hand. Er hob die Schlinge über Glass’ Kopf und warf das Seil beiseite.
Glass holte noch einmal tief Luft. »Du hättest mich laufen lassen sollen.«
»Ich tu’s grade.« Watt hackte auf die Seile los, mit denen Glass’ linker Arm an den Stuhl gefesselt war.
»Was machst ’n da?«
»Wonach sieht’s denn aus?«
Ihn davor zu bewahren, sich selbst zu erdrosseln, damit Watt noch etwas Spaß haben konnte, war eines. Aber das hier? Glass blickte da nicht durch. Fand keine Antwort. Das letzte Stück Seil riss, und Glass’ Arm war frei. Er ballte die Faust und löste sie wieder, um Blut in seine Hand zu pumpen.
»Hier«, sagte Watt und hielt Glass die Pistole hin.
Wie schon mal. Zu Hause. Im Schlafzimmer. Das war also sein Spiel. Noch mehr psychologische Folter. Als hätte es nicht schon gereicht, ihm zu erzählen, dass Lorna und Caitlin tot waren.
»Denkst du, ich fall da noch mal drauf rein?«
»Auf was fällst du rein?«, fragte Watt.
»Wenn du mich auslachen willst, wenn du dich über mich lustig machen willst, nur zu. Aber ich spiel nicht mit.«
»Du denkst, sie ist leer?« Watt zog die Pistole, trat zur Seite, zielte in Mafias Richtung und feuerte eine Kugel auf ihn ab.
Wusste er, dass Mafia schon tot war? Oder war er wirklich so roh?
»Kein Trick«, sagte Watt und hielt Glass die Pistole erneut hin. »Na los«, sagte er. »Du musst sie nehmen. Du musst mir vertrauen. Glaub mir, was ich dir sage.«
Langsam streckte Glass die Hand aus, gefasst darauf, dass Watt die Pistole wegzog. Aber er tat es nicht. Er ließ los, und Glass nahm die Pistole an sich.
»Ich hab sie nicht umgebracht«, sagte Watt. »Erschieß mich, wenn ich lüge.«
Gut möglich, dass es die letzte Kugel gewesen war, dieWatt gerade abgefeuert hatte. Aber es konnte auch sein, dass er total verrückt war.
Glass richtete die Pistole auf Watt. »Bist du sicher, dass du mich nicht noch ein bisschen quälen willst?«
»Das brauch ich nicht«, sagte Watt.
Glass befreite seinen anderen Arm, dann machte er sich ungeschickt daran, seine Beine loszubinden. Er stand auf und stampfte, um sie ein bisschen zu beleben.
Er schluckte ein halbes Dutzend Schmerztabletten.
Watt lag reglos zusammengesackt auf dem Fußboden. Glass hatte ihm einen kräftigen Schlag mit dem Knauf der Pistole versetzt, aber er konnte jeden Moment wieder aufwachen.
Glass steckte die Kanone hinten in seinen Hosenbund, beugte sich über Watt, suchte in dessen Hosentaschen, fand seine Autoschlüssel und eine Audiokassette.
Glass hatte nur zwei Dinge im Kopf. Nichts wie raus hier. Nichts wie nach Hause.
Watts Auto zu finden war überhaupt kein Problem. Glass zitterte zu stark, um zu fahren, aber er hatte keine Wahl. Er stieg ein, rutschte erschauernd auf den Sitz.
Der Motor sprang an. Das Radio schaltete sich ein. Jazz am späten Abend. Ein einsames Klavier spielte eine Reihe schräger Akkorde über einem trägen Bass und einem flirrenden, flattrigen Schlagzeug.
Er fuhr los. Langsam. Dachte an Mafia. Hatte das Gefühl, ihn im Stich zu lassen. Wusste, dass der Gedanke unlogisch war. Mafia war tot. Erdrosselt und erschossen. Glass ließ nur noch eine Leiche im Stich.
Das Klavier hackte eine Sequenz irrer Akkorde runter, während der Bass eine schnelle Melodie zupfte, die für sich stand und gegen das Klavier ankämpfte. Darunter wischte und tappte, tappte und wischte das Schlagzeug. Dannlegten alle drei Instrumente los und spielten eine rasche Sequenz synkopierter Noten, mit einem Donnerschlag in den tieferen Lagen, unterstützt von einem Beckenwirbel und einem schnellen Beat auf der Basstrommel.
Glass hörte alles, und es wurde ihm zu viel. Er schaltete das Radio aus.
Die Scheinwerfer bohrten Löcher in die Dunkelheit. Hohe Gebäude erhoben sich vor ihm, kamen näher. Er drehte ab und bog in die Hauptstraße ein.
Die Stille war schlimmer als das Radio.
Er schaltete es wieder
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