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Black Jail

Black Jail

Titel: Black Jail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Guthrie
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ein. Die Musik war dissonant und nervenzerfetzend, zerrte von innen an ihm, riss ihn auseinander, spaltete ihm das Gehirn.
    Eine wiederkehrende hohe Note auf dem Klavier schmolz zu einem dünnen Speer, und die Spitze schob sich in seinen Finger und ließ ihn aufschreien.
    Die Straße bewegte sich von einer Seite auf die andere.
    Er schaltete das Radio wieder aus. Stille war besser. Mit der Stille konnte er leben. Aber es gab keine Stille mehr. Das Motorengeräusch zerteilte sich in scharfe Splitter, die sich in seine Ohren rammten.
    Er grub das Band aus seiner Hosentasche. Schob es in den Kassettenrekorder. Dieser Scheißpopsong »Ebeneezer Goode«. Er drückte das Band wieder heraus, versuchte es mit der anderen Seite. Noch mehr Scheiß.
    War wohl zu viel gewesen zu hoffen, das Band sei dasjenige, welches Horse aufgenommen hatte. Spielte aber keine Rolle. Jetzt änderte das auch nichts mehr.
    Er kurbelte das Fenster runter, warf das Band hinaus. Mit der Hand wischte er sich die Nase. Wischte sich den Mund. Wischte sich die Augen.
    Er hatte es nicht weit.
    Es war gleich da drüben. Über den Weg da. Er war gleich zu Hause.
    Lichter im Garten. Autos, andere Fahrzeuge. Hektik. Menschen. Viel zu viele.
    Er hielt sechs Meter davor, sprang aus dem Wagen. Fing an zu rennen.
    Ein Mann in Uniform rief etwas. Glass beachtete ihn nicht, rannte weiter, rannte glatt an ihm vorbei.
    »He«, sagte der Typ und jagte ihm nach.
    Glass rannte gegen jemanden. Rannte gegen noch jemanden. Warf ihn um.
    »Haltet ihn!«
    Eine Hand auf seiner Schulter. Der guten. Fester Griff. Etwas zerriss. Nicht fest genug.
    Scheiß drauf.
    Dann packte noch eine Hand nach ihm.
    Er zog die Pistole aus dem Hosenbund.
    Rufe und Schreie.
    »Das ist er«, sagte jemand.
    Er beachtete sie nicht. Beachtete sie alle nicht. Ging mit gezogener Pistole ins Haus, bahnte sich den Weg durch einen Kordon raunender Bullen nach oben.
    Der Treppenabsatz und das Bad waren vollgestopft mit Menschen in weißen Anzügen.
    »Raus hier!«, rief er.
    Sie wechselten Blicke.
    »Raus hier, verdammte Scheiße.« Er hob die Pistole.
    Sie hasteten hinaus, drängten sich mit erhobenen Händen an ihm vorbei.
    Er schaute sich um. Die Tür zum Bad stand offen. Er ging darauf zu.
    Der Duschvorhang war ganz zurückgezogen.
    Lorna lag in ihrem Nachthemd im Bad. Caitlin lag auf ihr, das Gesicht an den Hals ihrer Mutter gedrückt, beide in eine lila Decke gehüllt.
    »Gott sei Dank, ihr seid gesund«, sagte er. Er sank auf die Knie. »Gott sei Dank.«
    Lorna starrte ihn an.
    »Was?«
    Sie sagte nichts.
    »Red mit mir«, sagte er. »Bitte red mit mir.« Er schaute Caitlin an. »Caitlin, mein kleines Baby. Sag was.«
    »Lass die Waffe fallen«, sagte Lorna. Ihre Stimme klang tief.
    Glass war egal, wie sie klang. »Natürlich«, sagte er und legte die Pistole auf den Boden.
    »Schieb sie hier rüber.« Ihre Stimme kam von hinter ihm.
    Er stieß sie mit der Fußkante weg, und sie rutschte über den Badezimmerfußboden in Richtung von Lornas Stimme. »Keine Angst, Caitlin«, sagte er. »Alles wird gut. Ich kann dir ’ne Geschichte erzählen, wenn du willst.«
    »Halt die Schnauze, verflucht noch mal.« Ein Mann mit Lornas neuer Stimme kam ins Bad. Er trug eine Uniform und hielt eine Pistole in der Hand. Hinter ihm duckte sich noch ein Mann. »Kopf runter.«
    Glass tat wie geheißen. Kaum berührte seine Wange die kühlen Kacheln, spürte er, dass sich etwas in seinen Rücken bohrte.
    »Was ich nicht kapiere«, sagte Lorna, »wieso bist du zurückgekommen, verdammte Scheiße?«
    »Ich konnte dich doch nicht verlassen«, sagte er.
    »Blödmann«, sagte sie, und dann explodierte etwas in seinem Schädel.

TEIL 3
KOGNITIVE DISSONANZ

DIENSTAG, 16. FEBRUAR 1993
    »Würden Sie mir das noch einmal erzählen, bitte?«
    »Noch mal?« Glass schaute Riddell an. Schottland war klein. Riddell war überall. Er war im Hilton gewesen. Jetzt war er hier. Genau genommen war er immer hier gewesen. Das hier war seine Ausgangsbasis, und das Hilton hatte er nur montags besucht. Er hatte ein eigenes Büro mit einem Teppich und einem Fenster (vergittert, zugegeben) und Bücherregalen an den Wänden.
    Offenbar war es der perfekte Ort, um Glass aufzufordern, die Geschichte immer und immer wieder durchzukauen. Tag für Tag für Tag.
    Glass hatte es satt.
    »Nur das Ende. Von da an, wo Sie nach Hause gekommen sind.«
    In Glass’ Kopf stieg der Druck, wie immer, als würde er gewürgt. Er spürte wieder das Seil um seinen

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